Der Tätigkeitsbericht 2022 zum Herunterladen als PDF
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]]>Ist es möglich, eine verantwortungsvolle Landwirtschaft zu entwickeln, die sowohl den Respekt vor der Erde und den Menschen als auch die Handlungsfreiheit der Bauern miteinander in Einklang bringt?
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Ein erster Leitfaden durch die Tagung war die Rückschau auf die Entwicklung der Landwirtschaft überhaupt. Eigentlich sollte man von „Agri-kultur“ sprechen: Wie Vandana Shiva und Martin von Mackensen gezeigt haben, war die Landwirtschaft am Anfang eine Kultur (man könnte sogar sagen ein Kultus) – das heisst, dass sie aus einer neuen Beziehung des Menschen zum Heiligen und zur Mutter Erde entstanden ist. In Göbekli Tepe in der Türkei findet man Spuren dieser neuen Haltung, wo der Mensch sich aktiv in die Vertikale stellt.
Weiter zeigte Vandana Shiva, wie die ursprüngliche Kultur heute nahezu überall auf der Welt von ihrem heiligen und kulturellen Aspekt getrennt worden ist, um die Landwirtschaft auf eine reine Industrie zur Produktion von Commodities zu reduzieren. Dies ermöglicht es einigen wenigen riesigen Firmen, Land, Saatgut, Dünger und jetzt sogar das Know-how der Landwirte zu vereinnahmen, um es in digitalen Apps als neu zu verkaufen. Die Sehnsucht, diese heilige bzw. kulturelle Qualität wiederzufinden, ist bei vielen Bauern gross. Wie Helmy Abouleish aus Sekem (Ägypten) und Maaianne Knuth aus Zimbabwe zeigten, kann sich für viele Landwirtinnen und Landwirte in der Welt der biodynamische Ansatz mit der kulturellen Tradition vermählen, um eine würdige Agrikultur der Zukunft zu entwickeln.
Die einführenden Vormittagsdarstellungen der beiden Landwirte Albrecht Römer und Werner Michlits zeigten in drei Schritten weitere Aspekte dieser Suche nach dem Geistigen im Innern des Menschen, diesem einprägsamen Satz von Rudolf Steiner folgend: «Das Sonnenhafte, das der Mensch durch lange Zeiten nur aus dem Kosmos in sich aufnahm, wird im Innern der Seele leuchtend werden.»* Anders gesagt: Die Weisheit, die am Anfang der Agrikultur als von den Göttern gegeben erlebt wurde – zum Beispiel wird in vielen Kulturen der Welt erzählt, wie die Götter den Menschen die Kulturpflanzen gaben –, kann jetzt in jedem von uns erwachen, wenn man sich aktiv dafür einsetzt. Die Dreiheit der folgenden Beiträge von Sherry Wildfeuer, Tom Saat und Jean-Michel Florin zeigte auf jeweils sehr persönliche Weise, wie man eine solche neue und freie Beziehung zum Kosmos und zur Sternenwelt, zur Erde und besonders zu dem fruchtbaren Boden und zu der uns atmosphärisch umgebenden Landschaft aufbauen kann, um eine wesensgemässe Agrikultur zu entwickeln.
Ein zweiter Leitfaden war der Rückblick auf die vielfältigen Facetten der Geschichte der Biodynamik seit ihrer Gründung im Jahr 1924 in Koberwitz. Verschiedene Berichte zeigten die Innovationskraft der biodynamischen Gemeinschaft: die Gründung des ersten Bioforschungsinstituts am Goetheanum durch Ehrenfried Pfeiffer 1924, die erste von Bauern gemeinsam getragene Biomarke Demeter in den 1930er-Jahren, der Gründungsimpuls für die Umweltbewegung durch das Buch «Silent Spring» von Rachel Carson, die von zwei biodynamisch engagierten Freundinnen dazu angeregt wurde, usw.
Auch Skizzen zur Geschichte der Entwicklung der Biodynamik in verschiedenen Ländern wie der Türkei und Grossbritannien – wo eine methodisch hervorragende Studie zum Verständnis des Wesens der britischen biodynamischen Landwirtschaft durchgeführt wurde –, Polen, Litauen und Spanien zeigten, wie sich die Biodynamik jeweils mit der eigenen Kultur des Landes entwickelte: manchmal mit Hemmungen – so bedeutete zum Beispiel die sowjetisch geprägte Zeit (von 1945 bis 1990) einen totalen Stopp in Polen und Litauen – und manchmal mit schnellen Entwicklungen wie gerade jetzt in Spanien, wo das Interesse für die Biodynamik exponentiell wächst.
Ein weiterer Höhepunkt war das Panel «Frauen als Pionierinnen in der Biodynamik», bei dem die in der Vergangenheit oft kaum beleuchtete Bedeutung der Arbeit der Frauen bewusst gemacht wurde und das auch feinere Aspekte berührte wie die Dimension der Individualität. Der Vortrag von Ueli Hurter zu Schicksalsfragen in der biodynamischen Bewegung war eine gelungene Vertiefung dieser im Panel berührten Frage der Individualität, die so wichtig für die Biodynamik ist. Ueli Hurter stellte dann folgende Frage zu den drei Dimensionen der biodynamischen Bewegung (individuell, Bewegung und Menschheit in Bezug zur Erde): Wie ist das, was wir sehen und erleben, Ausdruck von grösseren Zusammenhängen, die über das einzelne Leben hinausgehen, über den einzelnen Menschen und über eine spezifische Zeitsituation? Eine wichtige Erweiterung des Blickes auf die Geschichte der Biodynamik!
Der Samstag schloss mit einem Vortrag von Peter Selg über einen bedeutenden Aspekt der Biografie Rudolf Steiners, der helfen kann, eine oft gestellte Frage zu beantworten: Hat Rudolf Steiner alle seine Kenntnisse der Pflanzen und die Geheimnisse der Natur selber entdeckt? Es ist sehr interessant zu erfahren, wie die Begegnung mit dem einfachen Kräutersammler Felix Kogutzki für ihn besonders wichtig war auf seinem Entwicklungsweg.
Es ist fast unmöglich, der unglaublichen Vielfalt der Angebote bei der Landwirtschaftlichen Tagung gerecht zu werden: Es gab Kunst unter vielen Aspekten, etwa mit hervorragenden eurythmischen Schauspielen, aber auch sehr gelungene musikalische Improvisationen sowie eine Vielzahl an Kursen, darunter dialogische Workshops, Treffen und Darstellungen zu Themen in Open Spaces sowie Ausstellungen. Ausserdem sollte man nicht die spontanen Begegnungen vergessen, die oft ein wichtiges Lebenselement sind, um Neues zu entwickeln.
Rückblickend kann man sagen: Dieses biodynamische Fest zeigte ganz konkret, wie Kunst, Wissenschaft und Praxiserlebnisse sich mischen und gegenseitig unterstützen können, sodass sich eine wirkliche Agrikultur oder Kultur des Lebendigen weiter entwickeln kann. Dadurch hilft die Biodynamik, die Würde der Arbeit an der Erde mit dem Himmel wieder bewusst zu machen.
Die nächste Landwirtschaftliche Tagung findet 7. – 10. Februar 2024 zum Thema «100 Jahre Landwirtschaftlicher Kurs»
* Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26
]]>Beim Geschmack können wir fünf verschiedene Richtungen wahrnehmen: süß, sauer, salzig, bitter und umami – das ist ein japanisches Lehnwort für die Geschmacksrichtung herzhaft/würzig. Der Geruch ist viel differenzierter, wir sind in der Lage, zirka 350 verschiedene Gerüche zu unterscheiden. Ob wir diese Vielfalt auch bewusst wahrnehmen, hängt davon ab, wie wir unseren Geruchssinn ausgebildet haben. Wer ständig bewusst riecht, riecht mehr und kann auch feine Nuancen wahrnehmen. Das ist vergleichbar mit den Muskeln, sie werden nicht groß und stark durch das Sitzen auf dem Sofa, sondern durch Aktivierung, durch Training – möglichst gegen einen wachsenden Widerstand.
Veröffentlicht in Info3 Februar 2023
]]>Im Laufe des Jahres 2022 kristallisierte sich aus dieser ursprünglichen Idee eine Zusammenarbeit zwischen BFDI, Forschungsring und der Sektion für Landwirtschaft heraus. Im Herbst 2022 fanden zwei Online-Meetings statt, zu denen Forschende aus aller Welt eingeladen wurden, die sich thematisch mit der biodynamischen Landwirtschaft beschäftigen. Während diesen Veranstaltungen wurde besprochen, welche Bedürfnisse die Forschenden an eine solche Plattform herantragen, wie sich diese Bedürfnisse je nach geographischen Begebenheiten oder fachlichen Funktionen unterscheiden, und wie ein gegenseitiger Austausch und eine effektive Hilfestellung realisiert werden könnten. Abschliessend wurden alle Teilnehmenden eingeladen, sich während der Landwirtschaftlichen Tagung 2023 vor Ort in Dornach zu treffen, um gemeinsam die Gründung der «Biodynamic Research Platform» zu beschliessen.
Die Gründungsveranstaltung vom 03.02.2023 war mit über 30 Teilnehmern aus aller Welt sowie einigen Medienvertretern gut besucht. Die Organisatoren gaben einen Überblick über die Entstehungsgeschichte und Funktion der Forschungsplattform. Danach gab es Raum für einige Voten aus dem Publikum sowie Kurzinterviews.
Die «Biodynamic Research Platform» soll ein professionelles Netzwerk bereitstellen, um Expertisen unter Forschenden aufzubauen und zu teilen. Die primären Forschungsinhalte sind Landwirtschaft und Ernährung, nach Möglichkeit unter Einbezug der praktizierenden Landwirt:innen und unter Berücksichtigung geographischer und soziokultureller Begebenheiten. Ein reger Austausch soll ermöglicht werden zu den Fragen, wie genau die biodynamische Landwirtschaft wirkt, welche Forschungsarbeiten derzeit zu einzelnen Themen bestehen, und wie weitere Arbeiten organisiert und koordiniert werden können. Mithilfe einer weltweiten Vernetzung soll es gerade auch Studierenden und jungen Forschenden vereinfacht werden, in die Thematik einzusteigen, einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu gewinnen, und Anregungen zu erhalten hinsichtlich formaler Anforderungen, einer qualitativ hochwertigen Methodik und einer robusten statistischen Auswertung von Daten. Ein konkretes erstes Ziel der Forschungsplattform stellt die Durchführung eines Online-Kolloquiums dar, in dessen Rahmen es den Teilnehmern möglich sein wird, laufende als auch bereits publizierte Forschungsarbeiten vorzustellen, zu diskutieren, und sich thematisch mit anderen Forschenden auseinanderzusetzen.
Die Projektleitung der «Biodynamic Research Platform» wird von der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum wahrgenommen. Primärer Ansprechpartner ist Lukas Maschek, Kontaktadresse biodynamic.research @goetheanum.ch
]]>Insgesamt ist die Pflege des “Dazwischen”, der Stimmung und Haltung das, was den Lehenhof ausmacht. Das bedeutet für die Bewohnenden Wohlbefinden, Sicherheit, Heimat und Zukunft. So kann das „Ernährungssystem Lehenhof“ als Beispiel und Anregung für die Entwicklung anderer zukunftsweisender Ernährungssysteme dienen.
]]>Auf der kommenden Tagung wollen wir die tiefen Inhalte des Landwirtschaftlichen Kurses ins Zentrum stellen. Können die Inhalte, die uns dort begegnen, heute noch eine Inspirationsquelle sein? Wie können wir die grossen Bilder des Kurses so vertiefen, dass wir daraus unsere Arbeit mit der Erde fruchtbar gestalten können? Erlauben aktuelle Herausforderungen einen frischen Blick auf die Ausführungen von Rudolf Steiner? Finden wir in dem Kurs die Kräfte, die uns erlauben, die Aufgaben, die aus der Zukunft auf uns zukommen, mutig anzugehen?
Im Mai 2023 wollen wir mit einem Aufruf für Beiträge zur Zusammenarbeit einladen. Die Jubiläumstagung soll von möglichst vielen Menschen und Gruppen aus möglichst vielen Regionen, Ländern und Sprachen dieser Welt gemeinsam erarbeitet werden.
Gespeist aus der Quelle der Anthroposophie sollen uns die Kernpunkte des Kurses am Jubiläumsfest inspirieren –
auch in Hinblick auf die aktuellen Fragen der vielfältigen biodynamischen Bewegung.
Michaelbrief: Der Vor-Michaelische und der Michaels-Weg. Leitsätze Nr. 103 bsi 105
Aus: Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze (GA 26)
Die Autorin und die beiden Autoren zeigen anhand der biodynamischen Landwirtschaft auf, wie die Erde lebendig bewirtschaftet werden kann: «Mit Humus. Mit Bodenleben. Mit Wurzeln. Mit Regenwürmern. Mit Struktur. Als ein Dialog zwischen der Erde und dem Kosmos.» Auf diese Weise findet beispielsweise eine Bindung von Kohlenstoff im Boden statt. Lin Bautze, Ueli Hurter und Johannes Kronenberg ermutigen, eine persönliche Beziehung zur Erde aufzubauen, statt die eine Lösung abzuwarten. Denn diese Beziehung ist eine individuelle Entscheidung, die, so das Autorenteam, jederzeit ergriffen und gestaltet werden kann. Und eine individuelle Entscheidung, die Freude machen könne und dürfe.
Der Text entstand aus Gesprächen im Vorfeld der Tagung ‹Atmen mit der Klimakrise› 2021 von der Sektion für Landwirtschaft und der Jugendsektion am Goetheanum. Die Schrift wurde als Preprint bei der UN-Weltkonferenz COP27 in Sharm El-Sheikh vorgestellt und verteilt; eine Buchausgabe ist für Februar 2023 geplant.
Schrift (Deutsch, English, Español, Français) Lin Bautze, Ueli Hurter und Johannes Kronenberg: Atmen mit der Klimakrise, 64 Seiten, Verlag am Goetheanum, 5 Franken, erscheint im Februar 2023 Web goetheanum-verlag.ch/produkt/atmen-mit-der-klimakrise
]]>Sprachen: Französisch, Deutsch
Zum Hören, hier klicken:
https://soundcloud.com/user-895241549/florin-elements
Das war nicht immer so. Das zeigt der Blick auf antike Kulturen, die teils bis in die Gegenwart fortwirken. So sind gesunde Beziehungen zwischen Menschen sowie zwischen Mensch und Erde Vandana Shiva aus Indien ein Anliegen. Seit dem 20. Jahrhundert aktualisiert die biodynamische Landwirtschaft den ganzheitlichen Umgang des Menschen mit der Erde, wirkt klimaschützend durch CO2-Bindung im Boden und bringt Produzierende, Verarbeitende, Vertreibende und Konsumierende in einen bewussten sozialen Zusammenhang.
Die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum erschließt ein Jahr vor dem 100-Jahres-Jubiläum der biodynamischen Landwirtschaft deren Grundlagen, Herkunft und Entwicklung weltweit. Reflektiert wird dabei auch die Vereinnahmung in Deutschland durch den Nationalsozialismus. Die zahlreichen und starken Pionierinnen der biodynamischen Landwirtschaft werden ins Bewusstsein genommen; heute erhalten in vielen Ländern bevorzugt Frauen Mikrokredite für ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft. Die Sektion für Landwirtschaft hat 2021 die Zusammenarbeit mit klimaaktiven jungen Menschen gesucht; 2023 lädt sie sie ein, die Biodynamik als zukunftsfähigen Kulturimpuls mitzugestalten.
Tagung (Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch) Landwirtschaft als Kulturimpuls. Ein Rückblick als Vorblick auf 100 Jahre Biodynamik, 1. bis 4. Februar 2023, Goetheanum
]]>Wir wollen mit der Tagung 2023 also zurückblicken, um die Erneuerungskräfte zu stärken. Am direktesten ist, man fragt sich selbst: Wo komme ich her? Wie bin ich zur Landwirtschaft gekommen? Was war das zündende Erlebnis in meiner Biografie, das mich zur Biodynamik gebracht hat? Wie kam der Impuls in mein Land, wie hat er sich entwickelt? Wie weit geht die Geschichte des Vereines zurück, in dem ich aktiv bin? Wer gründete Demeter? Mit wem hat Rudolf Steiner die assoziative Wirtschaft entwickelt? Wie ist es mit der Forschung?
Wie ist die geistige Quellkraft des Biodynamischen in den unzähligen Menschen, die all das geschaffen haben, lebendig geblieben? Welche Zugänge zu den Quellen haben sie gepflegt? Wie kann ich mich selbst davon inspirieren lassen? Welches ist mein Weg des Zugangs zur Quelle des Biodynamischen und wie pflege ich ihn? Wie sehe ich meinen eigenen Beitrag zur Weiterentwicklung des biodynamischen Impulses?
Die Landwirtschaft hat aber nicht mit dem Landwirtschaftlichen Kurs angefangen. Sie ist viel älter und es lohnt sich, den biodynamischen Impuls in der Gesamtsituation zu kontextualisieren.
Wie hat sich die Landwirtschaft über die Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende entwickelt? Wir können aus der Geschichte lernen, dass sie einerseits ein mühsames Geschäft im Kampf mit den Unbilden der Natur und in Knechtschaft der Obrigkeit gewesen ist. Wir können aber auch lernen, dass sie andererseits die Natur kultiviert durch die Domestikation der Tiere, die Züchtung der Pflanzen, die Herausbildung von fruchtbaren Böden; dass sie die Kulturlandschaften schafft mit regional ausgeglichenen Klimata.
Wir können zutiefst angesprochen werden in unserem Innern, wenn wir uns verbinden mit der Vielfalt der Landwirtschaftsimpulse aus allen Zeiten: so zum Beispiel mit indigenen Praktiken einer intimen Partnerschaft mit der Natur, mit dem Umgang mit den heiligen Kühen in Indien, mit der Saatgutpflege des Weizens über viele Generationen, ausgehend von Vorderasien, oder der Entwicklung des Anbaus von Milpa – Mais, Bohnen und Kürbis – seit den südamerikanischen Hochkulturen bis heute.
Wir lernen, dass es in diesem Gang immer wieder Phasen der Selbstbestimmung, der gesellschaftlichen Mitgestaltung, ja, sogar der Trägerschaft des Kulturfortschrittes für die Landwirtschaft gegeben hat. Die Landwirtschaft als Kulturimpuls!
Was ist passiert seit 1924? Welchen Impuls hat die Biodynamik in die Landwirtschaft gebracht? Mit dieser Frage wollen wir die Tagung eröffnen und in sieben Rückschaubildern die Wirkungsgeschichte des Koberwitzer Impulses erzählen. Martin von Mackensen und Arzu Duran gehen in dem nachfolgenden Vortrag weiter zurück bis zu den Anfängen des Ackerbaus und der Sesshaftwerdung im Gebiet um Göbekli Tepe in der heutigen Türkei.
Die uralte Weisheit und «Heiligkeit» in der ursprünglichen Landwirtschaft beschäftigt auch Vandana Shiva. Wie können wir das Heilige in der Landwirtschaft, das heute noch in indigenen Gemeinschaften lebt, für unsere Zeit wiederentdecken? Kann es zur Grundlage einer neuen Landwirtschaft der Zukunft werden? Dieser Frage widmet sich der Abendvortrag von Vandana Shiva.
Drei Rückschau-Skizzen erzählen am zweiten Tag die Geschichte des Koberwitzer Impulses im Vereinigten Königreich, in Spanien und in Osteuropa – gefolgt von «Wegspuren», einer Eurythmieaufführung des Goetheanum-Ensembles.
Seit den 1920er-Jahren haben Frauen den biodynamischen Impuls immer wieder in besonderer Weise geprägt und vorangebracht. Mit einem internationalen Panel widmen wir uns den Pionierinnen in der Biodynamik und fragen nach der Rolle der Frau in der heutigen Bewegung - insbesondere dort, wo sich biodynamische Landwirtschaft stark entwickelt: in den Ländern des globalen Südens.
Mit dem Open Space “The next generation in biodynamics” sind auch junge Menschen herzlich eingeladen, einen Beitrag an der Tagung zu leisten und sich über die aktuellen Chancen und Herausforderungen in der biodynamischen Landwirtschaft auszutauschen. Was bedeutet Landwirtschaft als Lebensweg? Aus welcher Motivation heraus entscheiden sich junge Menschen heute für die Biodynamik? Diese spannenden Fragen bereiten bereits den Boden für die Tagungen 2024 und 2025.
16 Workshops, 12 künstlerische Kurse, 22 Open Spaces sowie zahlreiche Online-Beiträge im digitalen Teil der Tagung stehen zur Anmeldung offen. Junge Tagungsgäste können eine ermässigte Tagungskarte erhalten, Reisekostenunterstützung beantragen und in der Jugendherberge Basel vergünstigt übernachten. Weitere Informationen und ein laufend aktualisiertes Tagungsprogramm finden Sie unter:
]]>Obwohl es sich um ein lebenswichtiges Bedürfnis handelt, ist der Akt des Essens wirklich eine grundlegende Erfahrung, die über den einzelnen Menschen hinausgeht und die Identität der heutigen und zukünftigen Gesellschaft prägt. Darüber hinaus ist die Art und Weise des Essens von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung der Menschen und des Planeten Erde, was unter anderem in der Planetary Health Diet (Eat-Lancet Kommission, 2019) zum Ausdruck kommt.
Claude Lévi-Strauss hat darauf hingewiesen, dass die Küche eine Sprache ist, durch die sich eine Gesellschaft ausdrückt (Lévi-Strauss, 1990). Nach Lévi-Strauss besteht eine enge Beziehung zwischen den Lebensmitteln, die die Menschen essen, und dem Bild, das sie von sich selbst und dem Universum haben. «Sag mir, was du isst ... und ich sage dir, wer du bist», schrieb der berühmte französische Gastronom Jean Anthelme Brillat-Savarin in seinem Buch «Physiologie des Geschmacks». Dies bezieht sich auf den deutschen Philosophen Ludwig Feuerbach, der 1850 postulierte «Du bist, was du isst.»
Einerseits kann man sein, was man isst, denn die Art und Weise, wie man isst, hat einen Einfluss auf die Gesundheit, aber auch auf die Lebensmittelproduktion vom Feld bis zum Teller. Andererseits wird man nicht zu der Nahrung, die man isst. Bei der Verdauung wird die Nahrung bis zur Unkenntlichkeit «zerstört». Der menschliche Organismus überwindet sogar die Nahrung bei der Verdauung.
Es stimmt, dass die französische Küche weltweit für ihre Gastronomie bekannt ist. Seit 2010 gehört sie zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Darüber hinaus zeichnet sich das so genannte «französische Essmodell» aus durch strukturierte Mahlzeiten und Geselligkeit. Genauer gesagt werden in der Regel drei Mahlzeiten pro Tag zu festen Zeiten eingenommen, und es wird relativ wenig zwischendurch geknabbert. Die Hauptmahlzeiten (Mittag- und Abendessen) bestehen aus drei Gängen – Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise – und werden am Tisch eingenommen. Ausserdem sind Mahlzeiten genussvolle Momente, die mit anderen Menschen geteilt werden und daher relativ lange dauern (Ducrot et al. 2018). Diesem Essverhalten werden so positive Auswirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben, dass es ein «französisches Paradoxon» offenbart: eine niedrige kardiovaskuläre Sterblichkeit trotz eines hohen Verzehrs von Nahrungsfetten (Holdsworth, 2008).
2014 haben Ducrot et al. im Rahmen der laufenden webbasierten prospektiven Beobachtungskohortenstudie NutriNet-Santé5, die im Mai 2009 in Frankreich gestartet wurde, Untersuchungen durchgeführt, um die Einhaltung dieses Modells durch französische Erwachsene zu bewerten und festzustellen, ob dies mit dem Gewichtsstatus zusammenhängt. Das Essverhalten und insbesondere die Anzahl der Mahlzeiten pro Tag, die Häufigkeit von Zwischenmahlzeiten, der Zeitpunkt der Mahlzeiten, die Dauer der Mahlzeiten, die Anzahl der Gänge, die körperliche Haltung (Stehen, Sitzen), die Anwesenheit anderer Personen und der erlebte Genuss wurden bei 47 219 Teilnehmern der NutriNet-Santé-Studie bewertet. Auf der Grundlage der Komponenten des Essverhaltens wurde ein Gesamtscore für die Einhaltung des französischen Essmodells berechnet. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang zwischen der Einhaltung des Modells (und seiner Komponenten) und Übergewicht und Fettleibigkeit untersucht.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das französische Essmodell bei französischen Erwachsenen im Jahr 2014 immer noch vorherrschend ist. Es wurden jedoch neue Tendenzen festgestellt: Viele Personen nehmen sich weniger Zeit für die Mahlzeiten und praktizieren ein zweigängiges Essensmuster (20 %).
Was die Angemessenheit der Mahlzeiten betrifft, so haben die Ergebnisse dieser Studie gezeigt, dass die meisten Mahlzeiten im Kreise der Familie eingenommen wurden, insbesondere die Abendessen unter der Woche und die Mittagessen am Wochenende, und dass sie hauptsächlich als angenehme Momente betrachtet wurden. Die Autoren vermuten, dass die im Vergleich zu anderen Ländern grössere Bedeutung, die dem Genuss des Essens beigemessen wird, einer der Gründe für die relative Bewahrung des französischen Essensmodells sein könnte.
Generell hat diese Studie gezeigt, dass Personen, die sich stärker an das Modell hielten, weniger häufig übergewichtig waren. Einige Merkmale des Modells schienen in einem negativen Zusammenhang mit Übergewicht und Fettleibigkeit zu stehen (z.B. drei Mahlzeiten am Tag, wenige Zwischenmahlzeiten, Essen zu festen Zeiten, Zeit zum Essen und Mahlzeiten als Genussmomente betrachten). Die Anzahl der Gänge pro Mahlzeit und die körperliche Haltung beim Essen wurden nicht mit dem Gewichtsstatus in Verbindung gebracht.
Diese Ergebnisse zeigen das Potenzial des französischen Essensmodells und dessen Bedeutung für die Prävention von Übergewicht. Zudem weisen sie darauf hin, dass eine Esskultur, die Genuss, Freude und Gemeinschaft beinhaltet, sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Eine Kultur ist immer etwas von Menschen Geschaffenes. Somit beruht eine gesunde Ernährung nicht nur darauf, was gegessen wird, sondern auch wie gegessen wird.
Bibliografie
Im Sommer 2019 waren rund um den Erdball ‹Fridays for Future›-Gruppen auf den Straßen, vor allem junge Menschen. Wir fassten den Entschluss, die Landwirtschaftliche Tagung 2021 zusammen mit der Jugendsektion zum Thema ‹Klima› zu machen. Gestandene Bauern und Bäuerinnen und junge Stadtmenschen begegneten einander. Auch die tiefe Verbundenheit mit der Erde und eine Scheu, die Erde überhaupt zu betreten, weil ein Fußabdruck schädigend sein könnte, standen sich gegenüber. Im Miteinander haben wir Perspektiven gefunden. Die Tagung selbst musste in jenem Jahr zu 100 Prozent digital durchgeführt werden. Ein großes Experiment und ein absolutes Novum für das Goetheanum, doch ein Erfolg für viele der 1200 Teilnehmenden aus über 60 Ländern.
In der Nachbereitung der Tagung und im weiteren Umgang mit dem Klimathema wollten wir einige der Resultate der Tagung einem weiteren Publikum zugänglich machen. Denn in der Regel wird die Klimadiskussion völlig reduktionistisch und mechanistisch geführt. Es geht nur um die Einlagerung von CO2 beziehungsweise von CO2-Äquivalenten, mit dem Ziel, die dadurch verursachte Erwärmung der Atmosphäre aufzuhalten. Aus computersimulierten Prognosen entsteht ein apokalyptisches Zukunftsbild und ein Imperativ des Handelns, der umfassendere Gesichtspunkte nicht aufkommen lässt. Auf der Tagung war es uns gelungen, weitergehende Gesichtspunkte herauszuarbeiten und gemeinsam zu erleben. Können wir diese so formulieren, dass sie ein Beitrag aus der Anthroposophie für die öffentlichen Klimaverhandlungen sind?
Wir machten uns zu dritt – Lin Bautze, Johannes Kronenberg, Ueli Hurter – an die Arbeit und konnten Ende August 2022 das Manuskript eines Büchleins mit dem Titel ‹Atmen mit der Klimakrise› (Vgl.: ‹Goetheanum› 44/2022) abschließen. Mark Schalken gestaltete unsere Texte grafisch und das Buch wurde auf Englisch, Spanisch und Französisch übersetzt. Nun konnten wir auch der Frage von 2019 nachkommen und am Freitag, den 4. November, reisten Lin Bautze und Ueli Hurter nach Ägypten zur weltgrößten Klimakonferenz COP27. Unsere Freundinnen und Freunde aus Sekem (Vgl.: ‹Goetheanum› 45/2022) hatten im Schnellverfahren 800 Exemplare auf Englisch gedruckt, die wir freudig empfingen.
Der Text ist in einer Sprache geschrieben, die das Herz ansprechen soll. Eine argumentative Sprache, wie wir sie gewohnt sind in der zeitgenössischen Wissenskultur, ist uns während des Schreibens abhanden gekommen. Wir fanden einen Stil der direkten Ansprache, insbesondere für die jungen Menschen. Wir versuchen nicht, ‹über› die Sache zu sprechen, sondern ‹aus› der Sache. Inhaltlich haben wir uns auf vier Hauptaussagen konzentriert: Erstens: Die Erde ist ein Lebewesen und keine kaputte Maschine. Unser Leib ist ein Teil Erde. Zweitens: Wir als Menschen können uns positiv einbringen. Wir sind nicht von Natur aus zur Zerstörung der Erdennatur verdammt. Im Gegenteil, die Erde wartet auf unseren Fußabdruck. Aus unserer Fähigkeit zur Kultur können wir die Zukunft der Erde mitgestalten. Drittens: Real wird diese Mitgestaltung, wenn wir tätig werden und die Erde bearbeiten, wenn wir eine gesunde, biodynamische Landwirtschaft machen. Da wir alle essen, sind wir alle Teil der Landwirtschaft. Die biodynamische Landwirtschaft als Beispiel ist kulturfördernd, baut die Bodenfruchtbarkeit auf, ist klimapositiv. Viertens: Die individuelle Betroffenheit, Erkenntnis und auch das Engagement sind nicht zu umgehen. Aber es muss nicht im Persönlichen stecken bleiben. Eine Verbindung mit vielen und potenziell allen Menschen ist möglich. Gerade das Klima verbindet uns alle.
Mit Gleichgesinnten veranstalteten Sekem und die Heliopolis-Universität die zweitägige Veranstaltung ‹Solution Summit› mit dem Ziel, konkrete Lösungsvorschläge auf der COP27 einzubringen. Die Teilnehmenden kamen aus der Wirtschaft und den Ministerien von Ägypten, aus dem universitären Bereich, inklusive 300 Studierender aus der Heliopolis-Universität, und aus Sekems internationalem Partnerschaftskreis, zu dem auch das Goetheanum gehört. Die Unternehmensgruppe Sekem hat über Monate einen Lösungsvorschlag ausgearbeitet und zur Praxisreife entwickelt. Es geht darum, die Landwirtschaft von einer Ursache der Klima- und Ökologiekrise zu einer Lösung zu machen. Dafür stellen in der aktuellen Pilotphase 2100 ägyptische Kleinbauernhöfe auf biodynamische Landwirtschaft um, mit Kompostierung, dem Pflanzen von Bäumen, Bodenaufbau und der Installation von erneuerbaren Energien. Diese Transformation führt zu einer messbaren Bindung von CO2. Dafür wiederum können CO2-Zertifikate ausgestellt werden, für die es einen Markt gibt, und die Zertifikate können verkauft werden und generieren ein zusätzliches Einkommen für die Bauern und Bäuerinnen. Auf diesem Weg können sie biodynamisch erzeugte Nahrungsmittel zu den marktüblichen Preisen lokal verkaufen. Rechnet man die Ergebnisse der jetzt in Umstellung befindlichen 2100 kleinen Höfe zusammen, ergeben sich folgende Zahlen: 5600 Hektar Land mit 21 000 Tonnen gebundenem Kohlenstoff, 636 363 Bäume, 70 000 Tonnen Kompost. Sie ergeben zusammen 84 000 Zertifikate im Wert von 2,1 Millionen Euro. Natürlich funktioniert das nur, wenn diese Zertifikate gekauft werden. Zusätzlich braucht es noch Geld für die Schulung und Umstellungshilfe für die Bauern und Bäuerinnen. Auf der COP27 in Ägypten wurde die nächste Phase des Projektes gestartet. Sie soll 40.000 Landwirtinnen und Landwirte einbeziehen.
Im Umfeld von diesem Beitrag und anderen Praxislösungen, bei denen es viel um Zahlen geht – um die geldliche Bewertung von ökosozialen Leistungen –, ist unser Büchlein mit seinem ganz anderen Ansatz an alle 400 Teilnehmenden verteilt worden. Es hat guten Anklang gefunden. Die Studierenden hatten große Freude und waren stolz, es in Händen halten zu können. Sie werden mit ihren Professoren und Professorinnen daran arbeiten. Unser Team hatte den Eindruck, dass dies für viele Teilnehmende eine gute Ergänzung zu der Zahlenakrobatik war.
Dann ging die Reise an die Südspitze der Sinaihalbinsel, wo in den letzten 40 Jahren aus einem kleinen Fischereidorf die umfassende Tourismus- und Konferenzdestination Sharm El-Sheikh aus dem Boden gestampft wurde. Der Flughafen geht noch auf die israelische Besetzung nach dem Sechstagekrieg zurück. Jetzt reisten 40 000 Menschen aus allen Ländern an, um gemeinsam über das Klima dieser Erde zu beraten. Die COP ist eine UNO-Konferenz, die seit 1995 jährlich stattfindet. Die Grundlage für die Verhandlungen sind die wissenschaftlichen Berichte des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) über die Veränderungen des Klimas und die entsprechenden Zukunftsszenarien. Auf der COP21 in Paris (2015) haben sich die Regierungen verbindlich auf das 1,5-Grad-Ziel geeinigt. Jeder Staat bestimmt selbst, mit welcher Klimapolitik er das gemeinsame Ziel erreichen will, aber er legt regelmäßig Rechenschaft ab. Die hehren Ziele sind das eine, die wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Staaten das andere. Bei den Verhandlungen wird knallhart gefeilscht, zum Beispiel um Ausstiegsszenarien aus der Kohle oder um Transferzahlungen vom globalen Norden in den globalen Süden usw. Die Verhandlungen werden von den Staaten geführt, ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft sind jedoch zugelassen, sodass die COP-Gipfel zu Riesenveranstaltungen mit einer komplexen Struktur werden.
Unser Stützpunkt war der Stand der Heliopolis-Universität, an dem das beschriebene Projekt mit den CO2-Zertifikaten dargestellt wurde und unsere Büchlein auslagen. Das hellblau-weiße Cover war ein Blickfang und wir verteilten den Text auch aktiv, vor allem an die vielen jungen Besuchenden. Wie auf einer Tagung gab es auf verschiedenen Bühnen stündlich viele Anlässe. Das übliche Format ist ein Panel, wo drei bis sechs Personen mit kurzen Beiträgen ein Thema besprechen. Das Format verlangt, dass alle wie aus der Pistole geschossen sprechen müssen, was viele auch gut können. Viele NGOs wurden in diesem Jahr nicht in den Panels zugelassen. So wurde auch unser Vorschlag von den Veranstaltenden vorab nicht angenommen. Die Vertreterinnen und Vertreter von Sekem hingegen waren immer wieder auf der Bühne. Insbesondere Helmy Abouleish war ein gefragter Mann. Er kennt viele Minister und Unternehmerinnen von Ägypten und ist international sehr gut vernetzt, wenn es um die Themen Nachhaltigkeit, Landwirtschaft und neue Formen der Wirtschaft geht.
Nach wenigen Tagen hat man einen ganzen Stapel von Businesskarten zusammen, von tollen Menschen mit eindrücklichen Projekten, mit denen man ins Gespräch gekommen ist. Auf diese Weise kommt die große Konferenzgemeinschaft ins reale Erleben. Die Biodynamik und auch Demeter sind nicht schlecht bekannt, auch deshalb, weil die Mitarbeitenden von Sekem bei jeder Gelegenheit ihren biodynamischen Ansatz hervorgehoben haben. Die Anthroposophie, das Goetheanum und die Sektion für Landwirtschaft hingegen waren nur wenigen Menschen bekannt. Unser Büchlein ‹Breathing with the Climate Crisis› wurde eine willkommene Brücke.
Sekem hat für die zwei Konferenzwochen praktisch ein Hotel betrieben. Eine Villa direkt am Roten Meer wurde gemietet, etwa 40 Betten standen zur Verfügung und etwa 100 Menschen wurden beherbergt. Der Garten ist der einzige grüne Fleck, den man mit ‹Google Earth› in Sharm El-Sheikh entdecken kann. Er wurde zu einem Freiluftrestaurant umfunktioniert mit 150 Sitzplätzen. Die Küche wurde mit den biodynamischen Produkten aus Sekem beliefert, und so waren die Morgen- und Abendessen im grünen Garten am Meer mit den vielen interessanten Gesprächspartnern und -partnerinnen aus aller Welt hochstehende Stunden. An jedem Abend gab es zu dem jeweiligen Tagesthema der COP eine Veranstaltung im Format der Panels: ‹COP Solutions Dialogues›. Wenige Monate zuvor war das ‹Future Economy Forum› ins Leben gerufen worden, um diese Panels zu veranstalten. Der Anspruch der Veranstaltenden war, konkrete Lösungen für eine neue Ökonomie ins Gespräch zu bringen. Ausgehend von der Tatsache, dass Ökologie und Nachhaltigkeit als Kosten in der betriebs- und volkswirtschaftlichen Rechnung erscheinen und daher bis heute – 50 Jahre nach dem Bericht ‹Die Grenzen des Wachstums› des Club of Rome – als nicht wirtschaftlich, sondern philanthropisch behandelt werden, forderte man die Panelgäste auf, ihre konkreten Lösungsvorschläge für die kommenden zwölf Monate aufzuzeigen. ‹Regenerative Wirtschaft› soll Mainstream werden, war die Devise. Es gab sehr beherzte Auftritte, gerade auch von der Co-Präsidentin des Club of Rome, Sandrine Dixson-Declève. Es war alles andere als einfach, in diesem Rahmen für die biodynamische Bewegung ein Statement abzugeben, denn unsere Selbstwahrnehmung ist so, dass wir vieles von dem, was jetzt gerade Mode wird, schon seit 100 Jahren tun. Es gibt die akute Anforderung, die Jahrhunderterfahrung topaktuell zu formulieren. Und es taucht die Frage auf: Was sind unsere ganz konkreten Beiträge, die wir einbringen wollen in naher Zukunft? Von Menschen, die das Goetheanum kennen, wie zum Beispiel Patrick Holden – der sich selbst aber die Aufgabe gegeben hat, in der konventionellen Wirtschaft für eine nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft zu lobbyieren –, wurde unsere Präsenz sehr wahrgenommen und geschätzt.
Nach einer Woche Konferieren reisten wir ab. Die Verhandlungen waren noch nicht zu Ende. Von denen, die direkt dabei waren, haben wir gehört, dass es sehr harzig zuging. Nach einer Woche mit einem Einsatz von morgens um sieben bis abends spät ist noch kein Terrain gewonnen für eine Berücksichtigung klimaschonender Landwirtschaftssysteme. Die Lobby der Agrowirtschaft blockt erfolgreich alles ab. Auf der anderen Seite ist in den Kreisen, in denen wir uns bewegt haben und zu denen wir gehören, die Erkenntnis gefestigt worden, dass biodynamische Landwirtschaft und viele verwandte Formen ökologischer Landwirtschaft effektiv einen positiven Klimabeitrag leisten. Damit wird die aktuell geltende Einschätzung, dass circa 30 Prozent der Klimagasemissionen aus der Land- und Ernährungswirtschaft stammen, als ökologischer Fußabdruck der konventionellen Landwirtschaft ausgewiesen. Eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft kann diesen Fußabdruck nicht nur verhindern, sondern in das Gegenteil umkehren: Ein guter Teil der Emissionen aus der ressourcenverbrauchenden Wirtschaft kann potenziell durch die Landwirtschaft in die Lebensprozesse von Boden, Pflanzen und Bäumen zurückgeholt werden. Während der Tage, die wir in Ägypten waren, ist der Wille gewachsen, diesen Ansatz fokussiert zu stärken, sodass er bei der nächsten COP mit Kraft eingebracht werden kann. Wir wollen in der Sektion für Landwirtschaft und am Goetheanum das Thema weiterverfolgen. Als nächsten Schritt werden wir versuchen, den Aufruf ‹Atmen mit der Klimakrise› breit zu streuen.
Zuerst erschienen in "Das Goetheanum" vom 2.12.2022: https://dasgoetheanum.com/biodynamik-auf-dem-klimagipfel/
]]>The two-day workshop seemed quite short and clearly not all aspects of the biodynamic training or all the needs of the European biodynamic trainers could be addressed. However, networking and getting to know each other was one of the main goals of this workshop, which was successfully achieved. A lot of young and/or new trainers came together with more experienced trainers and/or teachers and an exchange of knowledge took place, especially during the working group sessions where the trainers and teachers shared experiences and ideas about some of the main biodynamic training principles. Short contributions from six initiatives illustrated the diversity within the European biodynamic training map. At the same time, it was a great opportunity to get an insight into the dedication of all the individuals who do their best to spread the word and offer biodynamic training opportunities in their countries.
In addition to working together on training principles and the social aspect of community, individual hearts and souls were touched by an accessible observation exercise with Jean-Michel Florin, a meditation exercise on the germinating carrot seed by Maja Kolar, and by group singing with Marios Desyllas from Greece.
We are glad that so many motivated trainers have come together in this difficult time and we hope to strengthen the network further in the coming years. We have hopes for good and fruitful cooperation and look forward to the next meeting.
The workshop was facilitated by the Section for Agriculture and jointly organised with the biodynamic trainers Simone Helmle, Maja Kolar and Reto Ingold. A big thank you for the organisation and to all participants for their contributions and for being part of this first European workshop for biodynamic trainers. A more detailed report will be published at a later date.
]]>Wir laden dich ein zum Gespräch. Ohne dich geht es nicht.
Bist du dabei?
Download PDF: Atmen mit der Klimakrise
]]>The venue, Kufunda is an eco and learning village that has been running for 20 years working with community development. Since 2013 Kufunda has expanded to include a Waldorf inspired school and in the last 3 years also biodynamic farming, including teaching neighbouring farmers; making preparations for itself and its neighbours, and initiating a veg box scheme with local farmers to sell biodynamic vegetables in Harare, the Capital.
Kufunda was a great venue for this inaugural conference. A young biodynamic initiative; a farm; a living community, where the participants could dive into their learning and exploration. Kufunda being young in biodynamics, but still well on its way, was a good example of what is possible when we step forward with the clarity to learn, practice and share biodynamic farming in a new country.
This being the first training of its kind, our programme was very hands on.
The first day was to meet and connect - but also to prepare for day two, which was a big open house.
For the second day we had invited local farmers to join us, and spend a day of learning about Soil Fertility. It was a great day: Our numbers doubled, and we were about 60 people. The day had been carefully designed for more experienced trainers to offer different segments of the programme and some to be led by apprentice trainers. The structure and design of the day was very successful - from the Goethean Observation, to collectively observing the mineral (rocks and stones) of the land and then the decomposing matter, to understand more about soil formation. Out of the observation we continued with seeing the impact of biodynamic farming on soil through Chromatography examples from Israel, and then meeting the preparations with an introduction from the Kufunda prep team. A FULL but very inspiring morning with a very diverse group of people. The afternoon was spent with hands-on soil fertility work. The participants split into three groups and learnt and worked together - either making compost, turning a compost, or making CPP. We ended with a song and a check out, where people had a chance to share what they had learnt and were taking with them. There was a real sense of excitement and enthusiasm and a wish for more learning together.
The following day we spent the full morning reflecting on what we did the day before, what we learnt and what it means for our further practice. There was so much richness in these reflections - a lot of them around the power of practical work together for nuanced learning. Even those with decades of experience, reflected that they learnt a lot from witnessing other trainers even in something as basic as compost making or turning!
The fourth day we spent with the Farm Individuality. We took a silent 90-minute walk through the farm soon after dawn, opening to know this place. After breakfast we did a pastel drawing of the farm gesture. We connected this with our agricultural lecture study of the day and ended up working together on farm planning via the gesture. The afternoon was back to practical - this time working with the preparations. It was a magnificent day of deep learning together, using the base of the place we were at. With so many new trainers, the simplicity and yet the depth of what we accomplished allowed for meta learning about how to teach and bring these concepts to life with future students.
The last day was all about the Road Ahead. There was real clarity that we want to continue together. We had people who before meeting at Kufunda did not know of each other’s initiative in their home country; we had people who had learnt biodynamics years ago but found it hard to bring to their country and so pursued an organic training path - coming together with colleagues created a new impetus to make it happen.
Each day we worked with chapter one from the agricultural course. In small groups we would spend 30 minutes reading and digesting together. Then returning to the whole, sharing insights and questions. Each day a different Facilitator would bring his or her final additions and perspectives to the text. Again, it showed us the importance of high levels of participations and involvement. A lecture would not have sufficed in our context.
The Trainer’s Conference only happens every three years, but among our 30 we were clear that we wish to meet every year for the next three years to really establish this seed of African regional trainers. We wish to gather in different farms, to strengthen the network and to deepen the learning of teaching embedded in the practice of Biodynamics in different African countries. Already we have volunteers from both Uganda and Mozambique offering to host the next gathering.
Thank you to the Section of Agriculture and BFDI for the support in making this possible.
The event was hosted at Kufunda and facilitated by a core group made up of Helen Van Zyl from South Africa, Angela Hofman from Sekem in Egypt, Liron Israely from the Adama Chaya Center in Israel, Maaianne Knuth from Zimbabwe. They were supported by Feya Marince from South Africa and Tichaenzana Koke from Zimbabwe.
]]>Over four days, through a diversity of presentations, working groups and interactive farm visits, participants had the opportunity to learn and engage on many different topics. Key speakers such as Jakes Jayakaran emphasized the responsibility of humanity to contribute to the transformation of the Earth, while Walter Siegfried Hahn invited participants to use their imagination to create this new earth through Agri-sculpture. Harald Hoven, stressed the importance of further research to continue adapting and developing biodynamics to the different socio-culture and climatic conditions all over the world, especially in the tropics.
Our appreciation to Malaysian BD farmer Ng Tien Khuan for honoring the work and legacy of Alex Podolinsky to the worldwide Biodynamic movement by exchanging on his successful experience applying the Australian BD farming method as developed by Alex. In Ng Tien words: “Alex opened our eyes to what BD could bring to the earth, how we could develop our soil to face the challenges of extreme weather, to help with the development of human beings, the true concept of humus, and the real value of farming and farmers”
Among many interesting contributions were the working groups on “The Challenges of implementing Biodynamics in Tropical regions” by Jakes Jayakaran, “Plant cultivation for Biodynamic Preparations” by Rolf & Anne Bucher, “PGS-certification” by Sundeep Kamath, “The relationship of Biodynamics and traditional/indigenous knowledge” by Ivan Ho and Dr. Colin Nicholas, “The Animal in the Biodynamic Farm” by Konomi & Ben Campbell, “Biodynamic Training and Education” by Harald Hoven & Walter Siegfried Hahn, “The Farm Individuality” by Christoph Simpfendörfer and a workshop on the importance of” Re-establishing Farmer & community connection” by Chong Siu and Callie Tai.
The conference received many positive comments from participants. Chikying from Malaysia noted that the Conference served to “weave together new connections in the region and make living the question: ‘What is metamorphosis and development?". Mahendra Kumar, from Nepal, added that "the conference was an opportunity to find all the collective forces with different polarities with the same kind of vision and mission to make our mother earth healthy”. For Anthoni Selvi, from India, “each and every single person contribution during my stay at APBC taught a lesson of unity and the will power to form a community life”.
This was the first conference of its kind in the region on this scale. There were many challenges, and we learned a lot from this pioneering experience. We are convinced of the importance of this transformative path and we are committed to continue to work collaboratively, with tolerance and respect, for our diversity and for the further development of the biodynamic movement in Asia and the Pacific. In the words of Walter Siegfried-Hahn:
“The conference in Raub Pahang was the best possible kick-off for the hoped-for expansion of the biodynamic work in Asia…I feel this was a very successful conference. Looking at the encounters, the connections made and the atmosphere laid down in our memories, the conference may well be remembered if not as an Asian Koberwitz, maybe as the first time Dornach happened in Asia”
A huge thank you to all speakers, trainers and workshop leaders who led us through these days with dedication and meaningful contributions. Thank you to Grace Zozobrado Hahn, Walter Siegfried Hahn and ChikYing Chai for all the openness and inspiration you brought to this conference through arts. We would also like to extend our gratitude to the great organizing team from Malaysia Demeter Association (MDA) and all volunteers for all their great work coordinating the conference. All of you have showed us that collaborative work, dedication, and love towards biodynamics can be a transformative and powerful force.
Finally, but not least, that you the Section of Agriculture at the Goetheanum for their contributions and to all those who donated to support the participation of Biodynamic farmers from all over Asia to attend the Conference. Thank you all for making this important event for the biodynamic movement possible.
]]>Das Ausmaß der Verschwendung beträgt weltweit rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel. Ein Drittel der erzeugten Lebensmittel, also große Mengen von beispielsweise nicht verbrauchtem Obst, Gemüse und Brot, werden weggeworfen. Dem stehen geschätzt rund 830 Millionen hungernde Menschen weltweit gegenüber. «Es handelt sich um ein Verteilungsproblem, wenn es zwar so viel Nahrungsmittel gibt, dass sie verschwendet werden, andere aber zu wenig zu essen haben», ist Jasmin Peschke besorgt. Sie ergänzt: «Bauern und Gärtnerinnen sind nicht nur Produzentinnen und Produzenten von Produkten, sondern auch von Werten wie Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit, Tierwohl, Landschaftsgestaltung, Ausbildung und vielem mehr, was für unsere Gesundheit wichtig ist.»
«Gerade die Gleichzeitigkeit von Krisen wie 2022 kann uns bewusst machen, woher die Nahrungsmittel kommen und wer sie unter welchen Bedingungen erzeugt hat. Interesse dafür und für die Menschen, die dahinter stehen, kann zu Wertschätzung und zur Übernahme von Verantwortung führen», so Jasmin Peschke anlässlich des Welternährungstags 2022.
]]>Neu ist die Gliederung des Bandes, neu hinzugekommen sind Gesprächsnotizen und Dokumente, unter anderem die bisher nicht bekannte Resolution der Landwirte zur Gründung des Versuchsrings. Ebenfalls komplett überarbeitet und erweitert wurde der Hinweisteil. Zusammen mit den beigegebenen Abbildungen und Faksimiles dokumentiert die neue Auflage auch den historischen Kontext dieser folgenreichen Pioniertat Rudolf Steiners.
Zu beziehen über alle Buchhandlungen, oder direkt bei der Buchhandlung am Goetheanum.
]]>18.–23.10.2022 African biodynamic trainers workshop 2022
21.–23.10.2022 Asia Pacific Biodynamic Conference 2022
18.–19.11.2022 European biodynamic trainers workshop 2022
07.–10.12.2022 Latinamerican biodynamic trainers workshop 2022
]]>Als Sektion für Landwirtschaft haben wir eine klare Position zum Klimawandel, die dessen Existenz, Auswirkungen und Folgen auf das bäuerliche Leben und darüber hinaus nicht leugnet. Seit 2021 ist unser Hauptarbeitsthema die Wechselwirkung zwischen Klimaresilienz und Gesundheit. Dieser Schwerpunkt leitet sich aus den Bedürfnissen der Landwirt:innen weltweit im Umgang mit der Natur und den Naturkräften ab. Jeden Tag geben diese Menschen ihr Bestes, um mit dem lokalen Wetter und Klima umzugehen. Sie berichten, dass die Auswirkungen extremer Hitze oder starker Niederschläge bei der Arbeit auf ihren Feldern verheerende Folgen haben.
Es ist wissenschaftlich und praktisch erwiesen, dass die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise im Umgang mit dem Klimawandel mehrere Vorteile bietet. Die Gestaltung einer vielfältigen Landschaft mit Hecken (Kohlenstoffbindung) und einer Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die Arbeit mit der Natur statt gegen sie, der ständige Aufbau gesunder und fruchtbarer Böden und die Anwendung der biodynamischen Präparate sowie die Verwendung von Heilpflanzen sind Faktoren, die biodynamische Landwirt:innen nennen, um sich an den Klimawandel anzupassen.
Gleichzeitig haben wissenschaftliche Versuche wie der DOK-Versuch des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) gezeigt, dass die biologisch-dynamische Landwirtschaft dazu beiträgt, den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu erhöhen, was beides Faktoren sind, die den Klimawandel abmildern. Zudem wurde nachgewiesen, dass die Methoden der biologisch-dynamischen Landwirtschaft die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegenüber Krankheitserregern fördern.
Sven Ove Hansson behauptet, dass es «Konflikte zwischen der Mainstream-Wissenschaft und der spirituellen Weltanschauung der Anthroposophie» gibt. Als Sektion für Landwirtschaft setzen wir uns jedoch für die Integration und Einbeziehung der verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven ein.
Wir können auf eine lange Geschichte der Zusammenarbeit in der Klimaforschung und im Klimaschutz zurückblicken. Bei der Tagung der Sektion für Landwirtschaft 2007 zur Rolle des Kohlenstoffs im Klimawandel stellten beispielsweise wissenschaftliche Autoren wie Hartmut Grassl vom renommierten Max-Plank-Institut ihre Forschung vor. Auch Hans Rudolf Herren, Mitautor des Weltagrarberichts und Träger des Welternährungspreises, beteiligte sich 2013 an der Klimadiskussion auf unserer Jahrestagung «Allianzen für unsere Erde». Auf unserer zweiten biodynamischen Forschungstagung (2021) zum Thema «Growing beyond resilience» präsentierten zudem über 90 Autor:innen aus aller Welt ihre Forschung auf diesem Gebiet.
Bei der jüngsten Klimakonferenz 2021 waren international anerkannte Redner wie Charles Eisenstein, der für seinen Fokus auf Klimaschutz bekannt ist, in die Arbeit der Sektion für Landwirtschaft eingebunden. Diese in Zusammenarbeit mit der Jugendsektion organisierte Konferenz mit dem Titel «Atmen in der Klimakrise» erreichte mehr als 1 200 Personen aus 63 Ländern.
Die Menschen, die an den oben genannten Konferenzen teilnahmen, zur biodynamischen Forschung beitrugen und Zeit in die Entwicklung ihrer Betriebe zur Anpassung an den Klimawandel investierten, sind alle Teil der biodynamischen und anthroposophischen Bewegung. Sie alle sind von den Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Betriebe, ihre Gärten und ihre Umgebung betroffen. Um Wege zur Resilienz und aus der Krise zu entwickeln, arbeiten sie partnerschaftlich zusammen und entwickeln Strategien. Wir argumentieren daher, dass die anthroposophische und biodynamische Bewegung viel grösser ist, als Sven Ove Hansson behauptet.
Als Sektion bemühen wir uns nach Kräften, weiterhin an der Integration und Förderung verschiedener Lösungen für die globalen Herausforderungen des Klimawandels zu arbeiten. Sei es im Rahmen der Goetheanum-Arbeitsgruppe zur Suche nach innovativen Wegen zur Verringerung unseres eigenen ökologischen Fußabdrucks oder im Rahmen von praktischen Projekten wie unserer Roadmap für ein gesundes Klima.
Autor: Sven Ove Hansson
Titel: Anthroposophical climate science denial
Journal: Critical Research on Religion
Link zum Artikel: journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/20503032221075382
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Lea: Wir haben vier Produktionsorte (Landwirtschaft, Gärtnerei, Käserei und Bäckerei) sowie zwei Hausgemeinschaften (Hilda-Heinemann-Haus und Haus Morgenstern) besucht. Der letzte Besuch war Anfang April bei der Landwirtschaft. Dabei erfassen wir verschiedene Aspekte von Organisatorischem und Zahlen, über den Arbeitsprozess und die Zusammenarbeit im Team und aber auch. Das Wichtigste ist aber, dass wir uns Zeit und Ruhe nehmen, miteinander im Gespräch die Motivation und Haltung zum Arbeiten, zur Qualität zu erfahren. Dafür braucht es einen ruhigen Moment, um beim Zuhören den Raum zu schaffen, in den hineingesprochen werden kann. Das Gehörte dann aufzuschreiben und ein Porträt zu formulieren, ist eine wesentliche Aufgabe. Ich schreibe die erste Version des Porträts, die wir mehrfach besprechen und wieder abstimmen. Wir nehmen uns Zeit in Videokonferenzen und versuchen im gemeinsamen Austausch zum Beispiel die Bäckerei in einem Satz zu charakterisieren. Wir machen das, um wieder in die Stimmung zu kommen, die wir beim Interview erlebt haben. Die wichtigsten Wörter, die die Werkstatt mit ihrer Arbeit beschreiben, sammeln wir in einer Wortwolke. Um das Erlebte zu verschriftlichen, braucht es die richtige Ausdrucksweise. Gerade bei Kernaussagen sind es oft kleine Wörter, an denen wir feilen.
Jasmin: Das Projekt ist eine Art Praxisstudie zu meinem Buch „Vom Acker auf den Teller. Was Lebensmittel wirklich gesund macht“. Im Buch wird beschrieben, wie Qualität entsteht und dass dies nicht nur eine Frage ist, was man tut, sondern vor allem eine Frage, wie man etwas tut. So kann man beim Zubereiten von Mahlzeiten einfach die Zutaten zusammen verkochen, man kann aber auch „mit Herz und Seele“ dabei sein und mit Liebe kochen und lokale Produkte nehmen, bei denen man weiß, wer sie angebaut hat. Das ist die Qualität, der wir auf der Spur sind. Mit einer solchen achtsamen Haltung entwickelt man eine besondere Beziehung zu den Nahrungsmitteln aber auch zu den Mitmenschen und zu der Umgebung. Und dies lässt authentische Lebensmittel entstehen.
EinBlick: Was habt ihr dabei erfahren? Hat euch etwas besonders beeindruckt?
Jasmin: Ich bin ja nicht so vertraut mit dem Lehenhof und die Mitarbeitenden kennen mich nicht, da war ich sehr dankbar und berührt, wie offen die Interviewpartner:innen mit uns über ihr Anliegen, das sie in ihrer Arbeit leitet, gesprochen haben.
Lea: Für mich war es ein großes Geschenk, dass sich alle darauf eingelassen haben und wir solche besonderen Einblicke erleben durften.
EinBlick: Könnt ihr Beispiele geben?
Jasmin: Wenn Katharina und Dominik die Arbeit mit den Tieren am liebsten machen, zeigt das, dass die Fürsorge für die Kühe ein zentraler Bestandteil der Arbeit in der Landwirtschaft ist. Die Kühe und der Hof sind eigentlich der Kern des Lehenhofes. Die Kühe fressen sich durch alle Flächen und geben wertvollen Mist und beste Heumilch, die dem Lehenhof Käse seinen Charakter gibt. Der Umgang mit den Tieren ist im Käse drin. Außerdem ist im Käse das Selbstverständnis der Käser:innen. Sie pflegen eine intensive Teamkultur. Alle können alle Arbeiten übernehmen, und sie wechseln sich ab.
Lea: Jeder Besuch hatte was Besonderes. So finde ich zum Beispiel die Haltung von Volker sehr faszinierend: “Jeder ist ein:e Bäcker:in.” Das zeigt, wie innig alle mit der Bäckerei verbunden sind und dass jede und jeder ein wichtiger Teil im Ganzen ist. Bei Stephan von der Gärtnerei hat mich beeindruckt, wie groß ihm das Anliegen ist, die Lehenhof Gemeinschaft mit eigenem Demeter-Gemüse zu versorgen. Dabei sind die Anbaubedingungen für Gemüse am Standort Lehenhof nicht gerade einfach, doch es wird qualitativ hochwertiges Gemüse geerntet, das bei jedem Arbeitsschritt eine besondere Aufmerksamkeit erfährt – was es letztendlich auch zum “Lehenhof Gemüse” macht.
Jasmin: Auch die Hausgemeinschaften sind besonders. Im Hilda-Heinemann-Haus war es erstaunlich, wie bewusst die Atmosphäre durch die Raumgestaltung geprägt wird. Selbst der der Hund hat seinen Anteil an der Hausgemeinschaft: Sorgen der Menschen mit Assistenzbedarf werden oft zuerst dem Hund mitgeteilt. Die Mitarbeitenden hören dieses Gespräch und können so den Betroffenen helfen. Als Fe gebeten wurde, die Hausgemeinschaft im Bild auszudrücken, entstand ein farbenfrohes Zusammenwirken. Das war wirklich erlebbar.
Beim Interview im Haus Morgenstern war ich nicht dabei und habe hinterher die Aufnahme nachgehört. Wie Amandine die Hausgemeinschaft und das Zusammenwirken aller beschrieben hat, kam so gut raus, das war sehr beeindruckend. Sie hat das auch in einem Bild schön dargestellt. Alle haben eine Aufgabe, jede und jeder nach seinen Möglichkeiten, aber das wichtigste ist, dass die Gemeinschaft gepflegt wird.
Lea: Eine bildliche Beschreibung von Amandine war auch sehr prägend: Wenn bei jemandem das Äußere nicht gepflegt ist, fällt eine Behinderung viel stärker auf, als wenn er oder sie schön angezogen und gepflegt ist - dann rückt die Behinderung in den Hintergrund. Ausschlaggebend ist das, was wir in den Fokus stellen. Was ich auch noch bemerkenswert finde: Jeder Mensch hat individuelle Fähigkeiten und Veranlagungen, die als Werkzeuge verstanden werden können. Diese Werkzeuge gilt es zu entdecken und hier am Lehenhof werden Möglichkeiten geschaffen, diese zu entwickeln und entfalten zu können - was eine ganz besondere Qualität ist. Rui formulierte es sogar so, dass der Lehenhof keine klassische Therapieeinrichtung ist, sondern hier findet Therapie durch das gemeinsame Leben mit gemeinsamen Aufgaben statt.
EinBlick: Wo steht das Projekt?
Jasmin: Wir haben fünf Porträts fertig, die mit den Interviewten abgestimmt sind. Das Porträt der Landwirtschaft ist in Bearbeitung und wird auch bald seine endgültige Form haben. Die Porträts werden in ein großes Dokument zusammengefügt. Dann freuen wir uns auf die Workshops, die wir für die Sommermonate geplant haben. Das wird sicherlich nochmals sehr bereichernd. Abschließen möchten wir das Projekt mit einer kleinen Feier und natürlich mit der Veröffentlichung der Lehenhof Porträts.
EinBlick: Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg!
]]>Der Onlinekurs, den die Sektion für Landwirtschaft im Rahmen des Programmes «Deepen Biodynamics» im Mai/Juni angeboten hat, war so organisiert, dass in vier Wochen jeweils ein Termin mit Beiträgen, Impulsen und gemeinsamem Gespräch sowie ein Termin mit Übungen und Austausch dazu stattfand. Die ersten beiden Wochen waren den Grundlagen der dynamischen Ernährung und dem Konzept der Vitalität sowie den Lebensprozessen «Wachsen» und «Reifen» bzw. «Differenzieren» als qualitätsbildende Prozesse der Pflanzen gewidmet. In den folgenden beiden Wochen wurden die Themen Darmmikrobiom, achtsames Essen, Methoden der Qualitätsuntersuchung und speziell die Kupferchlorid-Kristallisation konkretisiert und vertieft. «Sie werden keine Rezepte und Handlungsanweisungen erhalten, wir werden Ihnen nicht sagen, essen Sie mehr Vitamin A oder dieses Gemüse ist zu empfehlen und jenes Fett nicht», erläutert Dr. Jasmin Peschke ihr Kurskonzept. Es geht darum, Erfahrungen anzuregen, urteilsfähig zu werden und die eigenen Fähigkeiten in Bezug auf Nahrungsmittel und die persönliche Ernährungsform zu entwickeln.
Impulsreferate von verschiedenen Referent:innen wie Petra Essink, Anna Perret, Dr. Jasmin Peschke, Jean-Michel Florin und Paul Doesburg wurden durch Kleingruppengespräche und Übungen vertieft.
Eine indische Ernährungstherapeutin und Biografieberaterin schrieb im Feedback: «Es war ein wunderschön zusammengestellter Kurs, bei dem alle Aspekte der Ernährung, des Körpers, des Geistes, des Bodens, der Landwirtschaft und der Qualitätsanalyse von Pflanzen mit sinnvollen Gesprächen während der Übungseinheiten zusammengestellt waren.» Ausserdem erwähnte eine Kunsttherapeutin aus Südafrika begeistert: «Ich habe eine ganz neue Art und Weise, Lebensmittel auszuwählen, kennen gelernt!»
Sarah Sommer, die Verantwortliche für die Organisation der Onlinekurse in der Sektion für Landwirtschaft, war rundum zufrieden, das aktuelle Thema des Onlinekurses hat wieder viele Menschen angesprochen und vernetzt. Mit 26 Teilnehmenden, überwiegend aus dem aussereuropäischen Raum, bildete sich eine schöne Kursgemeinschaft. Natürlich bedeutet ein Onlinekurs, sich alleine vor den Computer zu setzen und den Menschen auf dem Bildschirm zu begegnen, doch eine Teilnehmerin sagte: «Es war die Mühe wert, sich vor den Computer zu setzen.»
Das Konzept und einige Inhalte sollen nun in andere Länder übertragen werden. Ganz konkret ist dies bereits für Malaysia, wo die Kongsi Academy in Malaysia (https://kongsicoop.my/) im Herbst ein Kurs auf Mandarin anbieten wird. Eine weitere Zusammenarbeit in Südamerika ist in Abklärung.
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Obwohl die wissenschaftlichen Studien über die Wirksamkeit der biodynamischen Präparate begrenzt sind, nimmt die Zahl der biodynamischen Winzer*innen in den letzten Jahren ständig zu. Immer mehr biodynamische Weine erhalten Preise für «den besten Wein» in ihrer Region, ihrem Land oder sogar auf internationaler Ebene. Die biodynamischen Landwirt:innen betonen, dass die biodynamischen Präparate Teil ihres Erfolgsrezepts sind.
Daher ist es eine grosse Freude, die Ergebnisse der neuen Studie über den Einfluss von Hornkiesel auf das Blatt- und Beerenwachstum von Weinbergen in Norditalien hier vorzustellen. Die Autor*innen Malagoli et al. (2022) untersuchten die metabolischen Veränderungen von Blättern und Beeren bei der Anwendung des Präparats in zwei verschiedenen Weinbergen. Die Blätter und Beeren wurden 6 Stunden und 11 Tage nach der Behandlung mit Hornkiesel gesammelt. Zum Zeitpunkt der Weinlese fand zudem eine Stichprobe der Beeren statt.
Die Autor*innen kommen zu folgendem Schluss: «Die Anwendung des Präparats 501 auf die Pflanzen Vitis vinifera cv Garganega führte zu Veränderungen des Gehalts an phenolischen Metaboliten in Blättern und Beeren. Der Gehalt der meisten der durch metabolomische Ansätze identifizierten Verbindungen stieg in den mit dem biodynamischen Präparat 501 behandelten Pflanzen an.
Eine gemeinsame Reaktion auf die Behandlung mit dem Präparat 501 zeigte sich bei den phenolischen Bestandteilen der Beeren, während in den Blättern die Wirkung nach 11 Tagen nachweisbar war und vom Anbauort abhing.
Der Sekundärstoffwechsel trägt zur Anpassung der Pflanze an die Umwelt bei. Der Vergleich mit den Ergebnissen anderer Studien lässt nicht auf einen generellen Einfluss der Anwendung des Präparats 501 auf die Blätter und Beeren von Weinreben schließen.»
Die Autor*innen betonen jedoch auch, dass «sicherlich weitere Forschungen erforderlich sind, um die Rolle der biodynamischen 501-Behandlung auf den Sekundärstoffwechsel der Rebe weiter zu erforschen» und dass «komplementäre Ansätze, die gezielte und ungezielte Daten in Bezug auf den Primärstoffwechsel und den Sekundärstoffwechsel kombinieren, eine neue Möglichkeit für die Bewertung der komplexen und multifaktoriellen Auswirkungen der biodynamischen Behandlung im Weinbau bieten könnten».
Autor*innen: Malagoli, M., Sut, S., Kumar, G. et al.
Titel: Variations of elements, pigments, amino acids and secondary metabolites in Vitis vinifera (L.) cv Garganega after 501 biodynamic treatment
Journal: Chemical and Biological Technologies in Agriculture, 9, 36 (2022)
Link zur vollständigen Studie (Open Access): https://chembioagro.springeropen.com/articles/10.1186/s40538-022-00299-y
Sie möchten mehr über die Literaturnachweise zum biodynamischen Weinbau erfahren? In der folgenden Übersichtsarbeit von Castellini et al. (2017) wird ein erster Überblick gegeben: https://www.dovepress.com/an-overview-of-the-biodynamic-wine-sector-peer-reviewed-fulltext-article-IJWR
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Die PDF-Datei können Sie hier herunterladen:
Tagungsdokumentation 2022 (deutsch) PDF
Conference Report 2022 (English) PDF
Documentación de las jornadas 2022 (español) PDF
Documentation du Congrès 2022 (français) PDF
Wir sind sehr dankbar für Ihre finanzielle Unterstützung dieses Projektes.
Bankverbindungen und Online-Spende hier: Spenden
Für Druckversionen der Dokumentation schreiben Sie uns gerne eine E-Mail: landwirtschaft @goetheanum.ch
]]>Die biodynamische Landwirtschaft erfreut sich bei Landwirten*innen und Verbraucher*innen zunehmender Beliebtheit, wird aber von einem Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft immer noch als Pseudowissenschaft betrachtet. In diesem Artikel geben wir zunächst einen Überblick über die biodynamische Landwirtschaft, ihre aktuelle Entwicklung, ihre Grundlagen und ihre drei spezifischen Prinzipien: 1) der Bauernhof als lebender Organismus gesehen; 2) die Präparate; 3) die kosmischen Rhythmen. Anschliessend zeigen wir, dass pragmatische wissenschaftliche Ansätze mit der biodynamischen Landwirtschaft vereinbar sind, und lassen auf ein interessantes Nachhaltigkeitspotenzial schliessen. Insbesondere anthropologische Studien belegen, dass die Überzeugungen und die Spiritualität der biodynamischen Landwirtschaft zu einer einzigartigen fürsorglichen Beziehung zwischen Landwirt*innen und der Natur beitragen. Entgegen der bekannten Meinung zeigen sich biodynamische Landwirt*innen offen für wissenschaftliche Erkenntnisse, die sie auf kreative Weise mit Erfahrungs- und spirituellem Wissen zu kombinieren vermögen. Auf der Ebene des landwirtschaftlichen Betriebs sind ganzheitliche Multikriterienstudien zwar noch selten, lassen aber auf eine durchaus zufriedenstellende Gesamtleistung in Bezug auf die Nachhaltigkeit schliessen. Die biodynamische Landwirtschaft hat sich bereits in transdisziplinären Aktionsforschungsprojekten mit verschiedenen Interessengruppen als nützlich erwiesen, um «mobilisierbares Wissen» im Bereich der Nachhaltigkeit zu generieren. Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, dass die biodynamische Landwirtschaft eine wertvolle Ressource zur «Wiederbelebung» der Landwirtschaft sein kann komplementär zum indigenen Wissen. Sie sollte jedoch nicht als Allheilmittel betrachtet werden, und insbesondere ihre Organisation sowie die grosse Rolle des Glaubens geben Anlass zu berechtigten Bedenken. Weitere Forschung ist erforderlich, um die spezifischen Vorteile und Schwierigkeiten der biodynamischen Landwirtschaft besser zu verstehen. Drei Schlüsselforschungsperspektiven werden identifiziert: 1) Entscheidungsfindung der Landwirte; 2) Gestaltung und Bewertung von landwirtschaftlichen Systemen; 3) Wege der Transformation.
Autor*innen: Rigolot C., Quantin M.
Titel: Biodynamic Farming as a Ressource for Sustainability Transformations: Potentials and Challenges
Journal: Agricultural Systems, 200, Juni 2022
Link zum Original: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308521X22000609?dgcid=coauthor
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Den Tagungsband (auf englisch) können Sie hier herunterladen:
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Der Tätigkeitsbericht zum Herunterladen als PDF
]]>erschienen auf goetheanum.tv
]]>Nachdem die landwirtschaftliche Produktion im vergangenen Jahrhundert hauptsächlich auf Quantität ausgerichtet war, richtet sich der Fokus heute auf die Erzeugung von Qualität. Aber von welcher Qualität sprechen wir? Von einer einfachen äusseren Qualität, die ein bestimmtes Aussehen und einen bestimmten Nährstoffgehalt garantiert, oder von einer umfassenden Qualität, die Vitalität, Authentizität und sogar die Ethik der Lebensmittelproduktion mit einschliesst? Denn wir ernähren uns nicht nur von Nährstoffen, sondern auch von Kräften und von Sinnhaftigkeit – und wir suchen sogar Begegnungsqualität im Lebensmittel.
Von Anfang an war die Erzeugung einer umfassenden Qualität unserer Nahrungsmittel ein wesentliches Anliegen der biodynamischen Landwirtschaft. Es sind die vielen Facetten dieser lebendigen Qualität, die die verschiedenen Redner im Laufe der Landwirtschaftlichen Tagung vorgestellt haben.
Arizona Muse, Gründerin der DIRT Foundationfor theRegenerationof Earth und Topmodel aus Amerika, eröffnete den Kongress mit einem beispiellosen Plädoyer für die biodynamische Landwirtschaft und für die Pflege der Erde als lebendiges Wesen. Die dramatischen Auswirkungen der Textilindustrie auf Erde und Menschen haben sie dazu gebracht, sich voll und ganz für die biodynamische Landwirtschaft zu engagieren. Carlo Petrini, der Gründer der internationalen Slow-Food-Bewegung, zeigte, wie jeder – vom Bauern bis zum ganz normalen «Esser» – ein Co-Produzent ist und dadurch zur Qualität beiträgt. Maike Ehrlichmann, eine erfolgreiche Ernährungstherapeutin, begeisterte mit ihrer selbst entwickelten Ehrlich-Essen-Methode. Diese bringt Ratsuchende dazu, ihren eigenen inneren Ernährungsberater zu aktivieren.
Wie Qualität sich erst auf der Grundlage einer bestimmten Quantität entwickelt, wurde von Ueli Hurter am Beispiel von Getreide und Milch gezeigt. Jean-Michel Florin legte dar, wie im Gegensatz zu der messbaren Quantität das Erfassen der Qualität einen ganzheitlichen atmosphärischen Ansatz braucht. Er erläuterte in diesem Zusammenhang, wie sich jeder Mensch jeden Tag durch seine Sinne dazu befähigen kann.
Qualität ist wie ein Faden, der sich durch alle Etappen und Phasen vom Boden bis zum Teller zieht. Die grosse Frage, die über die Einhaltung von Qualitätsstandards durch externe Kontrollen hinausgeht, ist, wie man eine Sensibilität und eine Haltung entwickeln kann, die es ermöglichen, eine umfassende, lebendige Qualität im gesamten Produktionsprozess entstehen zu lassen. Ein Bestandteil davon ist, auf die Atmosphäre zu achten; sei es im Stall bei den Tieren, in der Molkerei, im Laden oder sogar in der Küche. Jeder weiss, wie sehr sich die gute Stimmung in einer Familienküche auf die Mahlzeiten auswirkt. Obwohl es sich hierbei um einen subtilen, schwer messbaren Aspekt handelt, macht genau dieser oft den Unterschied aus. Davon wusste Agata Glazar als Küchenchefin aus Erfahrung zu sprechen. Sie kocht mit den Lebensmitteln, die verfügbar sind, und mit Passion, ganz ohne Rezept. Fragt ein Gast danach, erzählt sie die Geschichte des Lebensmittels. Die aufmerksame, sinnliche Beobachtung der reichhaltigen Farben und Aromen von frischem Obst und Gemüse ist ihre Grundlage für eine gesunde und genussvolle Mahlzeit.
Die folgenden Vorträge zeigten, wie feine biodynamische agronomische Praktiken die Integration von Wachstums- und Differenzierungs- (oder Reifungs-) Prozessen der Kulturpflanze fördern. Die richtige Steuerung der Prozesse durch Kulturmassnahmen ermöglicht es, sowohl die optimale Menge als auch die optimale Qualität zu produzieren.
Der Arzt Thomas Hardtmuth erläuterte, dass wir über den Teller hinausgehen und hinaussehen müssen, bis in unseren Darm, bis in das Mikrobiom, dessen wesentliche Rolle für unsere physiologische und psychische Gesundheit zahlreiche neuere Forschungsergebnisse belegen. Umgekehrt ist das Mikrobiom extrem empfänglich für Stimmungen und eine schön und ansprechend gestaltete Umgebung. Dies konnte auch bei Tieren wie beispielsweise Kühen beobachtet werden. Starker und lange anhaltender Stress stört die gesunde Zusammensetzung der Mikroflora im Darm nachhaltig. So erstreckt sich die Qualität der Ernährung auf die Atmosphäre der Mahlzeiten und sogar auf die Lebensatmosphäre im Allgemeinen.
Die Qualitätsentwicklung stützt sich auf die Entwicklung der Vielfalt des Lebens und die Entwicklung menschlicher Gemeinschaften, wie zwei sehr unterschiedliche Beispiele zeigen: zum einen die Initiative der biodynamischen Stadtgärten der Stadt Rosario in Argentinien (erster Preis 2021 vom World Resources Institute), die fast 1‘000 Hektar städtisches Land rekultiviert hat; zum anderen die durch das spanische Weingut Gramona in der Nähe von Barcelona ins Leben gerufene Allianz für das Land (Alianzas por la Tierra) – hier wurden über 450 Hektar Weinmonokulturen in eine vielfältige biodynamische Landwirtschaft mit Tierhaltung umgewandelt.
Mechthild Knösel, eine passionierte Landwirtin aus Deutschland, stellte auf eindrückliche Weise unter Beweis, wie die Ethik direkt mit der Qualität verbunden ist. Aus Verantwortung und Respekt für ihre Tiere hat sie sich dafür entschieden, dass kein Tier lebend ihren Hof verlässt. Sie beteiligte sich an einer Studie, die zeigte, dass Stresshormone bei Kühen nach einer Hofschlachtung erheblich niedriger sind als bei einer Schlachtung im Schlachthof. Dies hat direkt messbare Auswirkungen auf die Qualität des Fleisches.
Um die Qualität während des gesamten Herstellungsprozesses aufrechtzuerhalten, muss das Produkt bei der Verarbeitung «veredelt» werden, und zwar im Sinne von «erheben», wie es das französische Wort «élevage» sagt. Dies illustrierte der Bäcker und Bauer Olivier Clisson mit wunderschönen Bildern.
Romana Echensperger, Master of Wine und Buchautorin, sprach von der Freiheit des Winzers, denn eine lebendige, authentische Qualität zu produzieren erfordere, dass der Erzeuger frei produzieren könne. Während der Interviews für ihr Buch «Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen» hat sie entdeckt, dass der biodynamische Weinbau im Gegensatz zum industriellen Weinbau, der die Praktiken fixiert und standardisiert, auf der Freiheit und Souveränität des Erzeugers beruht, sodass ein jeweils ganz individueller und authentischer Wein entsteht.
Der Önologe und Forscher Georg Meissner plädierte für die subtile Beobachtung der Rebe, um ihre Geste zu verstehen. Dies sei die Grundlage für ihre Verwandlung in die einst heilige Substanz des Weins und für authentische Terroir-Weine.
Die morgendlichen Einführungen von Jasmin Peschke, die von herrlichen musikalischen Improvisationen begleitet wurden, zeichneten die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins parallel zu der des Qualitätsbegriffs nach. Nach einer Phase der intuitiven Wahrnehmung von Qualität haben sich im späten Mittelalter und in der Renaissance nach und nach alle sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten reduziert. Aus Sorge um Objektivität wurde Qualität auf Zahlen, Daten und Fakten reduziert. Diese Rationalisierung führte zur Industrialisierung der Landwirtschaft. Sie produziert Karotten und Lebewesen wie etwa Autos, also tote Gegenstände, und kontrolliert ihre Qualität durch entsprechende Kriterien und Methoden. Die grosse Herausforderung unseres Jahrhunderts besteht darin, ältere landwirtschaftliche Produktionsweisen und qualitative Methoden wiederzuentdecken. Sie ermöglichen es, eine lebendige Qualität zu produzieren und zu begreifen. Die biodynamische Landwirtschaft kann auf eine fast 100-jährige Erfahrung zurückblicken und möchte ihren Beitrag zu dieser Suche leisten.
Die Landwirtschaftliche Tagung endete mit einem Aufruf des amerikanischen Biologen und Wissenschaftsphilosophen Craig Holdredge, der Wege zu einer qualitativen Herangehensweise an die Natur aufzeigte. Kommt der Mensch wieder in Kontakt mit der Natur, kann die Entfremdung, die zur Zerstörung unseres Planeten geführt hat, überwunden werden.
Die nächste Landwirtschaftliche Tagung findet Anfang Februar 2023 zu diesem Thema statt: Evolutive Landwirtschaft – ein Rückblick als Vorblick auf 100 Jahre Biodynamik.
Jasmin Peschke und Jean-Michel Florin
Sektion für Landwirtschaft
Demeter-Betriebe stehen für eine wesensgemässe, bäuerliche und standortangepasste Tierhaltung. Diese spielt eine zentrale Rolle in der biodynamischen Landwirtschaft. Boden, Pflanze, Tier und Mensch werden als Teil eines Kreislaufs gesehen. So werden beispielsweise Kühe nicht nur wegen ihrer Milch oder ihres Fleisches gehalten. Sie leisten durch ihren wertvollen Dünger einen wichtigen Beitrag für den Aufbau eines gesunden Bodens. Ziel ist ein geschlossener Stoffkreislauf. Das bedeutet, dass die auf dem Betrieb erzeugte Futtermenge definiert, wieviele Tiere ernährt werden können. Die Tiere wiederum ergeben die Düngermenge, die dem Hof zur Verfügung steht. Die Anzahl Tiere kann so in ein optimales Verhältnis zum Standort gebracht werden.
Die strengen Demeter-Richtlinien stellen sicher, dass die Tiere unversehrt bleiben, regelmässig Auslauf haben und mit einem hohen Anteil hofeigenem Futter ernährt werden. Bei Wiederkäuern bedeutet dies fast ausschliesslich Gras und Heu. Im Krankheitsfall wird ein Tier in erster Linie mit alternativer Medizin behandelt, Antibiotika kommen nur dann zum Einsatz, wenn damit Tierleid verhindert werden kann. Die erlaubte Menge ist klar geregelt.
Damit auch die Würde der Tiere geschützt ist, die nicht nach den strengen Demeter-Richtlinien gehalten werden, sagt der Schweizerische Demeter-Verband Ja zur Initiative gegen Massentierhaltung.
Medienkontakte | Demeter Schweiz
Herman lutke Schipholt, Präsident Schweizerischer Demeter-Verband | 078 762 25 44, E-Mail
Corinne Obrist, Projektleiterin Landwirtschaft und Politik | 061 706 96 44, E-Mail
Arizonas Umweltaktivismus begann nach Jahren des Modelns, als sie feststellte, dass sie nicht genug über die Materialien wusste, aus denen ihre Kleidung hergestellt wurde, und auch nicht über die Menschen, die sie herstellten. Seitdem befindet sie sich auf einer faszinierenden Reise, auf der sie sich selbst und andere über die Wahrheit hinter den Materialien aufklärt, wie die Dinge tatsächlich hergestellt werden, wer sie herstellt und welche Auswirkungen dieser Kreislauf auf den Planeten Erde hat. Obwohl die Umweltauswirkungen der Modeindustrie der Ausgangspunkt waren, entwickelte sich ihr Aktivismus schnell zu ihrer Lebensaufgabe, das Bewusstsein für den Klimanotstand zu schärfen und Regierungen, Marken und Einzelpersonen zu ermutigen, Nachhaltigkeit an die Spitze ihrer Agenda zu setzen.
DIRT ist der Höhepunkt des Aktivismus von Arizona. Alles, was wir brauchen, wird von Landwirten für uns in der Erde angebaut, nicht nur die Lebensmittel, die wir essen, sondern auch die Fasern in der Kleidung, die wir tragen, die Möbel in unseren Häusern, das Leder auf unseren Autositzen – all das beginnt in der Erde unter unseren Füssen, dank der Landwirte. Die biodynamische Landwirtschaftsbewegung ist ein Juwel als Lösung für den Klimawandel, und die biodynamische Landwirtschaft hat die grosse Chance, die Schäden zu beheben, die durch die konventionellen Landwirtschaftsmethoden der letzten 70 Jahre verursacht wurden.
Arizona nahm sich etwas Zeit, um Clara Behr, Biodynamic Federation – Demeter International, zu beantworten, was sie an der biodynamischen Landwirtschaft inspiriert, und um uns mehr über ihre Wohltätigkeitsorganisation DIRT zu erzählen:
Ich und viele andere sehen in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft eine Lösung für den Klimawandel, weil sie das Potenzial hat, das gesamte Land zu pflegen und zu bewahren, die Menschheit mit allem zu versorgen, was wir brauchen, und gleichzeitig den Boden zu regenerieren und die soziale Kultur zu erneuern.
Ich persönlich habe eine grosse Bereicherung in meinem Leben erfahren, seit ich mich mit der Biodynamik beschäftigt habe. Die biodynamische Landwirtschaft produziert nicht nur die nährstoffreichsten Lebensmittel, sondern ist auch eine Praxis, die eine ungemein kraftvolle Wirkung auf jedes menschliche Herz, jeden menschlichen Geist und jede menschliche Seele haben kann, die damit in Berührung kommen. Wir befinden uns in einem Moment der Menschheitsgeschichte, in dem wir dies mehr als je zuvor brauchen.
Ich stelle mir gerne eine Welt vor, in der alle Krankenhäuser, Schulen und Gefängnisse biodynamische Lebensmittel für ihre Patienten, Kinder und Insassen beziehen. Ich bin gespannt auf eine Zukunft, in der die biodynamische Landwirtschaft zum Mainstream wird.
Ich danke Ihnen für Ihre inspirierenden Worte!
Arizona Muse hält öffentliche Vorträge zu wichtigen Klimathemen, berät Marken bei der Integration von Nachhaltigkeit in ihre Kernstrategie, ist Mitglied des Beirats von The Sustainable Angle, arbeitete mit Organisationen wie Extinction Rebellion und Fashion Revolution zusammen, wurde Greenpeace’s Oceans Ambassador und Aveda’s erster Global Sustainability Advocate überhaupt.
DIRT.Charity finanziert weltweit laufend neue Projekte im Zusammenhang mit der biodynamischen Landwirtschaft. Weitere Informationen finden Sie auf der DIRT-Website und auf dem DIRT-YouTube-Kanal, wo Sie schöne Lehrvideos darüber finden, was Biodynamik ist und wie sie der Welt helfen kann.
]]>Neu ist die Gliederung des Bandes, neu hinzugekommen sind Gesprächsnotizen und Dokumente, unter anderem die bisher nicht bekannte Resolution der Landwirte zur Gründung des Versuchsrings. Ebenfalls komplett überarbeitet und erweitert wurde der Hinweisteil. Zusammen mit den beigegebenen Abbildungen und Faksimiles dokumentiert die neue Auflage auch den historischen Kontext dieser folgenreichen Pioniertat Rudolf Steiners.
Zu beziehen über alle Buchhandlungen, oder direkt bei der Buchhandlung am Goetheanum.
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erschienen auf goetheanum.tv
]]>Diese vitalen Merkmale wirken sich positiv auf die Gesundheit aus: «Erhält das Mikrobiom des Menschen verschiedenartige Reize, kann es sich entsprechend breit aufstellen, was die Widerstandsfähigkeit des Menschen stärkt», sagt Jasmin Peschke. Sie verweist auf eine Studie von Daniel Kusche, Koordinator für biodynamische Landwirtschaft an der Universität Kassel, Deutschland. Darin hat er eine geringere Allergiewahrscheinlichkeit von Kindern festgestellt, die hin und wieder ein Glas Kuhmilch direkt von Kühen eines biodynamischen Hofs in Deutschland getrunken haben.
Durch den biodynamischen Anbau verbessert sich die Bodenqualität: Der Humusgehalt und die Bodendiversität erhöhen sich mit der Zeit, und so kann überdurchschnittlich viel Kohlendioxid im Boden gebunden werden. «Das hat einen positiven Effekt auf den Klimawandel», stellt Lin Bautze, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Sektion für Landwirtschaft fest.
«Wichtig ist, dass schon Kinder eine Beziehung zur Herkunft der Lebensmittel aufbauen – das ist ein erster Beitrag gegen Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Diabetes», weiß Jasmin Peschke. Lin Bautze berichtet von der Steiner-Schule in Mbagathi, Kenia, an der Schülerinnen und Schüler durch einen biodynamisch bestellten Schulgarten Unter- und Mangelernährung überwinden können: «Das zeigte sich unter anderem im Wachstumsschub und der Gesundung der Kinder. Gleichzeitig lernen sie, wie man Lebensmittel gemäß den lokalen Bedingungen anbaut.»
]]>Ein zweites Schwerpunktthema beschäftigt sich mit dem Beginn der biologisch-dynamischen Landwirtschaftsweise. Anlässlich der Neuausgabe des Landwirtschaftlichen Kurses (GA 327) informiert eine Dokumentation des Herausgebers Hans-Christian Zehnter über die Hintergründe. In diesem Kontext steht auch der Abdruck von Rudolf Steiners Vortrag «Über das Chaos», der zwar schon 1907 in Berlin gehalten wurde, mit seinen Ausführungen zu Chaos und Schöpfung, zu Samen und Düngung jedoch ein wichtiger Bezugspunkt auch für die Arbeitsgemeinschaft der Landwirte war. Er liegt nun in einer revidierten, grundlegend überarbeiteten Fassung vor.
Gibt es die typische Lehenhof Qualität beim Käse, beim Brot oder bei den Tomaten und lässt sich diese erfassen? Wie entstehen Lehenhof-Lebensmittel? Welchen Anteil haben die Mitarbeitenden daran? Spielen ihre Stimmung und Haltung dabei eine Rolle? Diese Fragen leiten das Projekt, das Anfang September seine Gestalt hier am Lehenhof angenommen hat und von Lea Sprügel und Jasmin Peschke geführt wird. Hintergrund ist dabei die aktuelle Weltsituation: Der Umgang des Menschen mit der Erde und seiner Umwelt hat Krisen wie die Covid-19 Pandemie, den Klimawandel sowie die Verluste an Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit hervorgebracht. Damit sich etwas ändert und das Leben auf der Erde eine gesunde Zukunft haben kann, braucht es ein großes Umdenken. Das kann zum Beispiel ein Ernährungssystem2 sein, das der Gesundheit dient und bei dem vom Anbau über die Verarbeitung und den Handel bis auf den Teller Qualität im Vordergrund steht. Maßstab sind dabei gesunde, auf Entwicklung ausgerichtete Lebensverhältnisse, die die Bedingungen der Natur berücksichtigen und gleichzeitig die Bedürfnisse der Menschen mit einbeziehen. Dies stellt einen bedeutenden Wert für eine lebenswerte Zukunft dar.
Im Rahmen dieses Projektes wird ein Portrait des Lehenhofs entwickelt, bei dem die Entstehung der charakteristischen Lehenhof-Produktqualität herausgearbeitet wird. Wir besichtigen einzelne Werkstätten und Hausgemeinschaften und führen sogenannte Tiefeninterviews. In offenen Gesprächen versuchen wir die Motive und das Herzensanliegen der Menschen, die in der Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung tätig sind, zu erfassen. Qualität entsteht durch die Methoden und Materialien, die mit Liebe und Herzblut angewendet und ausgewählt werden. Eine solche Herangehensweise impliziert einen respektvollen Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen und dem Boden. In der so verstandenen Umwelt entwickelt sich ein „Ernährungssystem“, in dem zugleich gesunde Lebensmittel für die Menschen entstehen, sowie die Naturgrundlage vitalisiert und gestärkt wird.
Das von Stiftungen finanzierte Projekt hat bereits zu einem regen Austausch mit anderen Einrichtungen geführt und das Portrait des Lehenhofes als Ernährungssystem soll an der Landwirtschaftlichen Tagung am Goetheanum im Februar vorgestellt werden. Im Frühjahr nächsten Jahres geht es weiter mit verschiedenen Workshops, die hier am Lehenhof stattfinden und ermöglichen sollen, ein vertieftes Bewusstsein für die Lebensmittel und Qualität, die hier am Ort entsteht, zu entwickeln, aber auch anregen können, sich mit der eigenen, individuellen Ernährung mit authentischen Lebensmitteln zu beschäftigen.
Wir denken dabei an folgende Workshops, zu denen wir rechtzeitig einladen werden:
Außerdem ist ein Projektabschluss mit Präsentation der Ergebnisse geplant. Wir sind sehr dankbar für das Mitwirken und der Unterstützung aller Beteiligten und sind gespannt auf die Erkenntnisse, die aus diesem Projekt gewonnen werden.
Lea Sprügel und Jasmin Peschke
Wer sind wir?
Dr. Jasmin Peschke, Diplom-Oecotrophologin, leitet den Fachbereich Ernährung an der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum in Dornach (Schweiz). «Zusammenhänge aufzeigen und darstellen, dass Qualität nicht isoliert auf Produkte bezogen betrachtet werden kann, sondern, dass Qualität aus dem Zusammenwirken verschiedener Faktoren (dinglich bis hin zur Haltung, mit der gearbeitet wird) entsteht.»
Lea Sprügel, Ernährungsmedizin M.Sc., arbeitet als Ernährungsberaterin am Lehenhof und im Lehenhof Bioladen. «Die Verbindung zwischen der Naturwissenschaft und Anthroposophie im Hinblick auf eine gesunde, nachhaltige Ernährung zu stärken, transformiert in die heutige Zeit.»
1 at Verlag 2021, ISBN: 978-3-03902-111-6
2 Ein Ernährungssystem sind alle Prozesse, Strukturen und Einrichtungen, die der Ernährung des Menschen dienen, sowie ihre Beziehungen untereinander.
]]>Synthese von M. Quantin, Biodynamie Recherche, eines Artikels von Christel et al., veröffentlicht in der Zeitschrift Environmental Chemistry Letters im August 2021.
In einer Metaanalyse, die im August 2021 in der Zeitschrift Environmental Chemistry Letters veröffentlicht wurde, fassen Amélie Christel vom AgroParisTech, Pierre-Alain Maron und Lionel Ranjard vom INRAE Dijon die verfügbare wissenschaftliche Literatur über den Zusammenhang zwischen Anbausystemen und ökologischen Eigenschaften des Bodens zusammen. Während die Auswirkungen bestimmter landwirtschaftlicher Praktiken wie Pflügen, Fruchtfolgen, Düngung oder chemische Behandlungen auf die ökologische Qualität der Böden gut bekannt sind, weiss man nur wenig über die Auswirkungen der verschiedenen landwirtschaftlichen Systeme insgesamt.
Die Autoren haben daher die Anbausysteme ausgewählt, die derzeit als Alternativen zur konventionellen Landwirtschaft angeboten werden, deren schädliche Auswirkungen auf den Boden bekannt sind. Unter diesen Alternativen sind der ökologische Landbau, die biologisch-dynamische Landwirtschaft und die regenerative Landwirtschaft die Systeme, die derzeit den Anspruch erheben, die Nachhaltigkeit der Agrarökosysteme zu verbessern, und zu denen es ausreichend wissenschaftliche Literatur gibt.
In dieser Studie wählten die Autoren keinen analytischen Ansatz zur Bewertung der Auswirkungen einer bestimmten landwirtschaftlichen Praxis (z. B. des Pflügens) auf die ökologischen Eigenschaften des Bodens. Obwohl diese spezifischen Zusammenhänge in den letzten Jahren umfassend untersucht wurden, lassen sie sich nur schwer auf die Realität der landwirtschaftlichen Felder übertragen, wo sich die Wirkung der einen Massnahme mit einer anderen verbindet und Synergie- oder Ausgleichseffekte erzeugt. Die Arbeit von Rillig und Lehman (2019) zeigt, dass die genaue Untersuchung aller möglichen Kombinationen von Massnahmen, die sich auf die Bodenqualität auswirken, mehr als 100.000 Kriterienvergleiche erfordern würde, ohne dass dabei bodenklimatische Unterschiede berücksichtigt werden. Daher erscheint es sinnvoller, die Auswirkungen der am weitesten verbreiteten Anbausysteme, nämlich der konventionellen, der ökologischen, der biologisch-dynamischen und der regenerativen Landwirtschaft zu bewerten, da diese vier Systeme durch eine Reihe genau definierter Praktiken definiert sind.
Der Boden ist ein echtes Ökosystem, das eine grosse Artenvielfalt beherbergt. Ein Hektar Boden kann bis zu 15 Tonnen lebende Organismen enthalten, das sind 1,5 kg Leben pro Quadratmeter. Diese grossen und kleinen Organismen sind an der Funktion des Bodens beteiligt und beeinflussen seine physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften.
Zur Bewertung der Bodenqualität werden in der Regel verschiedene Parameter untersucht. Erstens verändert die Makrofauna (Regenwürmer, Ameisen, Spinnen usw.) den Boden in physikalischer Hinsicht, indem sie organische Stoffe umwandelt und wiederverwertet. Ihre Aktivität trägt dazu bei, die Porosität und strukturelle Stabilität des Bodens zu erhalten. Diese Organismen wirken in Verbindung mit der Mesofauna (z. B. Arthropoden) und der Mikrofauna, die die chemischen und biologischen Eigenschaften des Bodens regulieren. Schliesslich spielen Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Bodenlebens. Sie sind an der Wiederverwertung von Elementen beteiligt und beeinflussen die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen für Pflanzen, während sie die Gesundheit des Bodens regulieren. All diese biologischen Funktionen bestimmen letztlich die agronomischen Eigenschaften des Bodens.
Gegenwärtig konzentrieren sich die Forschungsanstrengungen insbesondere auf die Bewertung der Mikroorganismengemeinschaften im Boden. Vorläufige Ergebnisse aus laufenden Arbeiten zeigen, dass diese Parameter sehr empfindlich auf das Produktionssystem reagieren und dass Bakterien und Pilze in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft im Vergleich zur konventionellen und biologischen Landwirtschaft um 80 bis 150 % stärker interagieren.
In dieser Meta-Analyse identifizierten die Autoren alle verfügbaren Studien mit den Stichworten „Boden + *Bio* oder *Vielfalt oder Ökologie“ in Kombination mit den vier betrachteten Anbausystemen (konventionelle, regenerative, biologische und biodynamische Landwirtschaft). Eine erste Gruppe von 423 Veröffentlichungen wurde analysiert, um diejenigen Studien auszuwählen, die einen Systemansatz verfolgten, d. h. das landwirtschaftliche System als Ganzes betrachteten. Daher wurden alle Studien, die nur einen Teil des Systems berücksichtigten, ausgeschlossen. Als Ergebnis wurden etwa 100 Veröffentlichungen ausgewählt.
Die Ergebnisse zeigen, dass konventionelle, ökologische und biologisch-dynamische Systeme am besten untersucht sind, während die regenerative Landwirtschaft bisher kaum dokumentiert ist.
Die biologischen Indikatoren des Bodens sind in der biologischen und biodynamischen Landwirtschaft um etwa 70 % besser als in der konventionellen Landwirtschaft. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht für alle untersuchten Parameter einheitlich, insbesondere für Regenwürmer und Arthropoden. Der Vergleich zwischen biologischem und konventionellem Landbau zeigt, dass der biologische Landbau die ökologischen Eigenschaften des Bodens deutlich verbessert. Am aussagekräftigsten sind die Ergebnisse für die Abundanz, die Vielfalt und die Funktionen der Mikroorganismen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man, wenn man die biologisch-dynamische Landwirtschaft mit dem konventionellen System vergleicht.
Insgesamt sind 43 % der biologischen Bodenindikatoren in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft besser als im biologischen Landbau. Bei den mikrobiologischen Parametern zeichnet sich ein allgemeiner Trend ab: Die Häufigkeit der Mikroorganismen nimmt in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft im Durchschnitt um 71 % gegenüber dem biologischen Landbau zu, und die Aktivität von Bakterien und Pilzen wird um 54 % angeregt.
Was die Bodenfauna betrifft, so zeigen 86 % der Ergebnisse keinen Unterschied zwischen den beiden Produktionssystemen, aber die verfügbaren Daten sind zu begrenzt, um Schlussfolgerungen für jeden einzelnen Parameter zu ziehen.
Es ist auch anzumerken, dass einige Arbeiten zwar eine Verbesserung der ökologischen Eigenschaften des Bodens in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft im Vergleich zur ökologischen Landwirtschaft zeigen, aber 52 % der Messungen an allen Organismen keinen Unterschied zwischen den beiden Systemen ergeben.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Synthese der Arbeiten auf der Ebene des Anbausystems zeigt, dass die biologisch-dynamische Landwirtschaft im Hinblick auf die ökologischen Eigenschaften des Bodens vorteilhafter ist als der ökologische Landbau. Dieser Unterschied muss jedoch durch die große Menge an Daten relativiert werden, die in beiden Produktionssystemen ähnlich sind.
Die regenerative Landwirtschaft schneidet bei 57 % der Indikatoren besser ab als die konventionelle Landwirtschaft.
Diese Meta-Analyse ermöglicht es, die Produktionssysteme nach ihren positiven Auswirkungen auf die Erhaltung oder sogar Verbesserung der ökologischen Eigenschaften der Böden zu klassifizieren:
Biologisch-dynamische Landwirtschaft > ökologische Landwirtschaft ≥ regenerative Landwirtschaft > konventionelle Landwirtschaft
Die biologisch-dynamische Landwirtschaft scheint die besten Auswirkungen auf die ökologischen Qualitäten des Bodens zu haben. 70 % der biologischen Indikatoren, die in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft gemessen werden, sind höher als in der konventionellen Landwirtschaft, und 52 % der mikrobiologischen Indikatoren sind höher als in der biologischen Landwirtschaft. Der biologische Landbau steht an zweiter Stelle und ist bei 69 % der biologischen Parameter dem konventionellen Landbau überlegen. Die regenerative Landwirtschaft würde an dritter Stelle stehen, mit 57 % der positiven Parameter im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft, wobei die Homogenität aufgrund der geringen Anzahl von Veröffentlichungen zur konservierenden Landwirtschaft nicht gegeben ist.
Wie lassen sich diese Unterschiede erklären? Einige Praktiken wie die organische Düngung und längere Fruchtfolgen gelten als vorteilhafter, während Pestizide und Bodenbearbeitung am schädlichsten sind. Was spezifischere Praktiken wie die Verwendung biodynamischer Präparate (500, 501, Kompostpräparate) anbelangt, so gibt es bisher keinen Konsens über ihre potenziellen positiven Auswirkungen auf die Bodenqualität, da es an Studien zu diesem Thema mangelt. Die Daten über die biodynamische Landwirtschaft müssen verbessert werden. Bestimmte Praktiken wie vereinfachte Bodenbearbeitung und organische Düngung könnten die insgesamt positiven Auswirkungen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft auf die Bodenqualität erklären. Die Auswirkungen spezifischerer Praktiken wie die Verwendung biodynamischer Präparate, die fachliche Kompetenz der Landwirte oder der Einfluss des Ausbringungszeitpunkts müssen noch geklärt werden.
Dank an die drei Mitautoren Amélie Christel, Pierre-Alain Maron und Lionel Ranjard für die Durchsicht des Artikels.
Vielen Dank an Demeter Schweiz, dass wir diesen Artikel auch veröffentlichen durften.
]]>«Kinder, die regelmäßig auf einem Bauernhof mit Tieren sind und diese füttern oder bei der Möhrenernte helfen, haben weniger Allergien als andere Kinder», weiß Jasmin Peschke. Daniel Kusche, Koordinator für biodynamische Landwirtschaft an der Universität Kassel, Deutschland, spricht sogar von einem positiven Biohof-Effekt. Damit bezieht er sich auf seine Forschung in Deutschland. Kinder, die hin und wieder ein Glas Kuhmilch trinken, haben ebenso eine geringere Allergiewahrscheinlichkeit, wenn die Milch unverarbeitet direkt von Kühen eines biodynamischen Hofs, auf dem die Tiere Weidegang haben, kommt.
Ein resilientes Verhalten in einem herausfordernden Umfeld zeigen auch Pflanzen. Wachsen sie in natürlicher Umgebung auf und eignen sich Nährstoffe aktiv an, erweisen sie sich als widerstandsfähig und können sich bis zu einem gewissen Grad selbst gegen Schädlinge wehren. Sie schneiden in der Vitalität besser ab als Pflanzen, deren Wachstum durch mineralischen Dünger getrieben wird und die in einem Treibhaus vor äußeren Einflüssen geschützt werden. «Schonung führt nicht unbedingt zu Stärke und Widerstandskraft, das kennen wir auch vom Muskeltraining», meint Jasmin Peschke. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass Bio-Äpfel eine vielfältigere Mikroflora aufweisen als konventionelle Äpfel. Wird der Apfel gegessen, muss sich der Organismus mit der Mikroflora auseinandersetzen. Die vielen unterschiedlichen Mikroorganismen stärken dabei das eigene Mikrobiom – eine Fragestellung, an der in der biodynamischen Forschung weiter gearbeitet wird.
]]>International wächst in der biodynamischen Forschungsgemeinschaft das Interesse an einem stärkeren Austausch und einer Vernetzung. Der erste Schritt dafür wurde im September 2018 mit der ersten internationalen biodynamischen Forschungskonferenz gelegt. Wegen der positiven Resonanz hat sich die Sektion für Landwirtschaft entschlossen, regelmäßig – alle drei Jahre – weitere Forschungstagungen in verschiedenen Ländern zu veranstalten.
Entsprechend wurde die zweite Tagung mit einem größeren Kreis von Partner*innen geplant, und zwar mit Royal Agriculture University (UK), Coventry University (UK), Stellenbosch University (SA), Pondicherry University (IN), Biodynamic Association UK und US, Universität Kassel (DE), Forschungsring (DE), Forschungsinstitut für biologischen Landbau (CH), Naturwissenschaftliche Sektion am Goetheanum und der Biodynamic Federation Demeter International.
Nach ausführlicher Planung konnte die Tagung aufgrund der globalen Situation dann doch nur online stattfinden und nicht an der Royal Agriculture University in Großbritannien. Auf diese Weise konnten jedoch mehr als 170 Teilnehmende aus 34 Ländern von allen Kontinenten an mehr als 60 Beiträgen in Form von Präsentationen, Arbeitsgruppen, Postern mit Forschungsresultaten und anderem teilnehmen.
Zunahme extremer Klimaereignisse
Es hat sich bestätigt, dass die Herausforderungen für die Landwirtschaft enorm gestiegen sind: Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Zerstörung der Ökosysteme, neue Epidemien und anderes mehr. Es wird immer schwieriger, mit den Rhythmen der Natur zu rechnen. Auf einem sehr heißen Sommer folgt ein kaltes und feuchtes Jahr, begleitet von Stürmen. Die extremen Klimaereignisse sind viel häufiger geworden.
Das Konferenzkomittee hat das Thema ‹Über die Resilienz hinauswachsen› gewählt, um die Bedingungen einer Lebenslandwirtschaft wie die biodynamische gemeinsam zu erforschen. Dabei kam eine breite Palette an Themen und Perspektiven zur Sprache: von der genauen Wirkung der biodynamischen Präparate auf den Boden über die Aktivität der Mikroorganismen bis zur Anwendung der intuitiven Fähigkeiten in der Landwirtschaft und die Wirkung der Rohmilch auf die Gesundheit.
Für eine zukünftige Gestaltung der Forschung ist eine verstärkte Vernetzung und Kommunikation unter den Forschenden Voraussetzung. Gleichzeitig sollte auch die Öffentlichkeitsarbeit und interdisziplinäre Arbeit – zum Beispiel zwischen Landwirtschaft, Medizin und Pädagogik – weiterentwickelt und ausgebaut werden. Denn es gibt keine gesunden Menschen ohne eine gesunde Erde!
]]>Die Organisation dieses Kongresses durch IFOAM France war eine große Herausforderung, insbesondere aufgrund der Schwierigkeiten, die durch die gesundheitliche Situation verursacht wurden. Dies hat aber auch dazu beigetragen, die französische Bio-Bewegung zu stärken: Wir werden durch gemeinsame Anstrengungen stärker.
Leider war die Situation so, dass von den 1800 Teilnehmern nur 400 physisch anwesend sein konnten, alle anderen nahmen online teil, um mehr als 450 sehr unterschiedliche Beiträge in 6 verschiedenen Foren (Wissenschaft, Kultur und Bildung, Landwirtschaft, Lieferung, Interessengruppen, Führung) zu hören.
Eine Kongress wie dieser ist immer eine Gelegenheit, den Puls der Bio-Bewegung zu fühlen und die Herausforderungen und Impulse für die Zukunft zu erkennen. Während der Kongress in Delhi 2018 dank des Engagements der indischen Bio-Bewegung den Landwirtinnen und Landwirten mit einem großen Forum einen wichtigen Platz einräumte, ging der Kongress in Rennes mit einem Kultur- und Bildungsforum, welches den Austausch und die Diskussion über die Wurzeln von Bio und seine kulturellen, philosophischen und spirituellen Werte ermöglichte, noch einen Schritt weiter. Das Motto des Kongresses „Von den Wurzeln her inspiriert Bio das Leben" hat dieses Anliegen unterstützt. Die biodynamische Bewegung war mit vielen Beiträgen in den verschiedenen Foren gut vertreten.
Wenn die Bio-Bewegung zu einem mächtigen Hebel für die Achtung der Lebewesen und das Überleben der Menschheit und unseres Planeten werden will, muss sie sich auf die Kraft der Zivilgesellschaft stützen, insbesondere auf alle Landwirtinnen und Landwirten der Welt und den gesamten Sektor, und zunehmend auch die Verbraucherinnen und Verbraucher einbeziehen, um zu einer echten Allianz für das Leben zu werden, die es ermöglicht, den angesichts der ökologischen und klimatischen Notlage unverzichtbaren Wandel zu beschleunigen. Die biodynamische Bewegung möchte ihren Beitrag dazu leisten.
Der nächste IFOAM-Weltkongress wird 2024 in Tunesien stattfinden, einem Land, das zu einer Region der Erde gehört, die durch den Klimawandel, insbesondere durch übermäßige Hitze und Dürre, extrem bedroht ist.
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Benno Otter ist biodynamischer Gärtner. Zusammen mit seinem Team bestellt er den Gartenpark des Goetheanum mit rund zehn Hektar Nutzfläche – von Anfang an ohne Pestizide. Möglich sei dies, wenn man sich auf den Ort einlasse, ohne ihm etwas überzustülpen, um etwas zu erzwingen. «Am richtigen Ort das Richtige machen, heißt, sich beispielsweise zu fragen: Warum soll hier am Goetheanum Wein angebaut werden, wenn es dafür günstigere Standorte gibt und das mehr Aufwand bedeutet als etwa Obst auf Hochstammbäumen?» Bei den Wiesen lassen sich Produktion und Ästhetik miteinander verbinden. Das Mahdmodell erlaubt, dass Insekten, Erholungsbedürfnis der Menschen und Winterhunger der Kühe zu ihrem Recht kommen.
Biodynamische Landwirtschaft hatte seit ihrem Entstehen in den 1920er-Jahren einige Bewährungsproben zu bestehen. Inzwischen werden neben gängigen Getreide- und Gemüsesorten anspruchsvolle Obst-, Baumwoll-, Wein-, Kaffee- und Bananenkulturen angebaut. Dafür brauche es neben Alternativen zu Pestiziden «ein umfassendes Management beispielsweise mit Bodenbearbeitung, Sortenwahl, Düngung, Anbaufolge und Kulturführung. Aus dem Umkreis auf das Einzelne hinwirken, darum geht es», so Ueli Hurter. Er ergänzt: «Über analytische und ernährungsphysiologische Parameter hinaus gilt es, ein gesamtheitliches Ernährungssystem zu schaffen und damit um einen grundlegenden Systemwechsel.»
Studie zur Leistung biologischer Landwirtschaft (publiziert am 14. November 2017 in ‹Nature›) doi.org/10.1038/s41467-017-01410-w
Ansprechpartner Ueli Hurter, landwirtschaft @goetheanum.ch
Ansprechpartner Benno Otter, gaertnerei @goetheanum.ch
Zuerst erschienen unter: https://www.goetheanum.org/medien#/pressreleases/eine-landwirtschaft-ohne-pestizide-ist-moeglich-beitrag-der-biodynamischen-landwirtschaft-zur-gesundheit-der-erde-3108170
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Weiterlesen: https://dasgoetheanum.com/es-geht-um-unsere-beziehung-zur-erde/
]]>Am 13. Juni hat die Schweiz die Möglichkeit, sich für eine gesunde Landwirtschaft zu entscheiden. Es liegt in unserer Hand, die gesundheits- und umweltschädlichen Folgen des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide zu verhindern. Aus diesem Grund setzt sich der Schweizerische Demeter-Verband für ein Ja zur Pestizid-Initiative ein und ist Teil der Ja-Kampagne «Für eine gesunde Landwirtschaft».
Die Kampagne portraitiert verschiedene Demeter-Produzent*innen und Verarbeiter*innen, die in ihrer täglichen Arbeit ohne chemisch-synthetische Pestizide auskommen – Die Firma Holle baby food AG beispielsweise stellt aus biologischen Zutaten Babynahrung her. «Wenn wir Eltern werden, beginnen wir erstmals darüber nachzudenken, was wir unseren Kindern zu Essen geben», so Geschäftsführer Angelo Ferrara. Jürg Hubacher produziert auf dem Ekkharthof in Lengwil Weizen, Dinkel, Getreide und Gemüse und hat 35 Milchkühe. Und die Getreidezüchtung Peter Kunz bringt seit 40 Jahren Getreidesorten auf den Markt, die sich im pestizidfreien Anbau bewähren. > https://www.gesunde-landwirtschaft.ch/testimonials
Diese Betriebe zeigen exemplarisch – die pestizidfreie Herstellung hochwertiger Nahrungsmittel ist möglich. «Wichtig ist, dass nicht nur die Landwirtschaft in der Pflicht steht, es braucht die gesamte Wertschöpfungskette», sagt Herman Lutke Schipholt, Präsident des Schweizerischen Demeter-Verbandes. Überhöhte Anforderungen an die Optik von Lebensmitteln seitens Verarbeitung und Handel können nicht weiter bestehen bleiben. Und beim Blick in den Kühlschrank oder dem Griff ins Regal müssen Konsument*innen andere Entscheidungen treffen. Dass ein gemeinsamer Wandel möglich ist, zeigt Demeter. Schon seit der Gründung des Labels setzen sich alle Akteur*innen an einen Tisch, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Für den Schweizerischen Demeter-Verband ist die Pestizid-Initiative ein Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft, die gesunde Lebensmittel für die kommenden Generationen produziert. Deshalb empfiehlt er seinen Mitgliedern ein Ja zur Pestizid-Initiative am 13. Juni.
Der Schweizerische Demeter-Verband teilt auch die Ziele der Trinkwasserinitiative: eine Landwirtschaft, die nicht prophylaktisch Antibiotika einsetzt, auf chemisch-synthetische Pestizide verzichtet und die Tiere der vorhandenen Futtergrundlage anpasst. Die Mitglieder des Verbandes haben sich jedoch für eine differenzierte Betrachtung der Initiative ausgesprochen. Durch den Fokus auf die Direktzahlungen besteht bei Annahme der Trinkwasserinitiative die Gefahr, dass das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung eintrifft. Indem nämlich Betriebe aus dem ökologischen Leistungsnachweis aussteigen und die Produktion damit weiter intensivieren, wäre der Umwelt ein Bärendienst erwiesen. Leider regelt die Initiative auch die Importe nicht, was dazu führen könnte, dass vermehrt Produkte mit weniger hohen Standards importiert würden. Der Schweizerische Demeter-Verband würdigt die Absicht der Initiative, sieht aber auch mögliche unbeabsichtigte Folgen. Aus diesem Grund empfiehlt er seinen Mitgliedern keine Parole und hat die Stimmfreigabe beschlossen.
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Die PDF können Sie hier herunterladen:
Tagungsdokumentation 2021 (deutsch) PDF
Conference Report 2021 (English) PDF
Documentación de las jornadas 2021 (español) PDF
Documentation du Congrès 2021 (français) PDF
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]]>Können Lebensmittel gesund sein, wenn sie zwar alle Nährstoffe enthalten, aber die Produzenten immer mehr Düngemittel, Pestizide und Hilfsstoffe für deren Erzeugung einsetzen müssen?
Aufbau- und Reifekräfte sind notwendig für die Gesundheit der Menschen und des Planeten. Authentische Lebensmittel, die auf dem Acker entstehen, sind die Voraussetzung für Lebensqualität und eine nachhaltige Zukunft. Denn nur auf gesundem Boden können Lebensmittel wachsen, die zu Gesundheit und Resilienz der Menschen beitragen.
Die promovierte Oecotrophologin befasst sich in diesem Buch mit Saatgut, Böden, Nutztierhaltung, Methoden der Qualitätsuntersuchung, Ernährung für die Zukunft, einer Kochschule für Kinder und einem integrierten Gesundheitskonzept mit Blick auf die Darmmikrobiota. Interessierte finden hier gut verständliche, fundierte Informationen über Resilienz und Ernährung und erklärt, warum Gesundheit nicht ohne eine umfassende Sicht auf das gesamte Ernährungssystem entstehen kann.
Mit Beiträgen von Heinz Fendrich, Tanja Grandits, Sarah Wiener, Uwe Geier u.v.m.
Jasmin Peschke ist promovierte Diplom-Oecotrophologin und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit Qualität von Lebensmitteln und Naturprodukten. Sie ist verantwortlich für den Fachbereich Ernährung an der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum, Dornach (Schweiz).
]]>Die Sektion hat in den letzten Jahren einen Organisationsentwicklungsprozess angestoßen, bei dem eure Arbeit vollständig umgekrempelt wurde und Visions- und Tatkraft in den Mittelpunkt gerückt sind. Drei Jahre hat dieser Umbau gedauert. Wie ist er entstanden?
Ich habe vor vier Jahren angefangen, hier zu arbeiten. Es war bereits im ersten Jahr klar, dass die Aufgaben, die auf die Sektion zukommen, immer mehr werden und von dem kleinen Team nicht zu schaffen sind. Die erste große Aufgabe, die ich bekam, war 2017, zusammen mit 50 Menschen der internationalen biodynamischen Bewegung nach Indien zum Organic World Congress in Delhi zu reisen. Das war das erste Mal, dass die Sektion und die internationale biodynamische Landwirtschaftsbewegung gemeinsam eine zentrale Veranstaltung außerhalb Mitteleuropas besuchten. Daraus erwuchsen noch mehr Aufgaben. Es wurde überdeutlich, dass es viel zu tun und auch Unterstützung gibt, und dass der Wunsch da ist, dass wir mehr machen. Aber bis dato gab es die beiden Sektionsleiter, eine Sekretärin und Jasmin Peschke mit je einer Teilzeitstelle. Da wurde für mich bereits klar, dass man nicht nur mehr Menschen einstellen, sondern die Arbeit strukturell verändern muss. Dafür konnte nicht mehr alle Verantwortung bei einer Spitze liegen. Ein wichtiger Faktor für uns war auch, dass beide Sektionsleiter nicht in Dornach wohnen und tatsächlich nur einmal die Woche hier sind. Es brauchte ganz einfach andere Verantwortungs- und Entscheidungsstrukturen, um gut arbeiten zu können.
Das heißt, es ging um eine Veränderung der Konstitution, nicht nur der Aufgabenverteilung?
Ja. Ich habe gemerkt, selbst wenn ich zwölf Stunden am Tag arbeite, bleibt immer noch die Hälfte liegen. Schon im ersten Jahr kam der Punkt, wo ich mich fühlte, als würde ich die Schule schwänzen, wenn ich um 19 Uhr Feierabend machte. Denn normalerweise arbeitete ich bis 20 oder 21 Uhr, und zwar jeden Tag. Das ist auf Dauer weder gesund noch sinnvoll. Die erste Idee war dann, das Team zu erweitern, aber alles über mich oder die Sektionsleiter laufen zu lassen. Das ist jedoch nicht die Art, wie junge Menschen heute arbeiten wollen. Meiner Erfahrung nach sind sie bereit, Verantwortung zu übernehmen, auch für größere Projekte, nicht nur für einzelne Aufgaben. Dafür mussten wir umstrukturieren.
]]>Die Bühne des Grossen Saals im Goetheanum wurde zum Sendestudio, die Südbühne zum Technikraum. Drei Profikameras waren Richtung Zuschauerraum auf die Vortragenden und Gesprächsteilnehmer*innen gerichtet, so wurden die farbigen Fenster des Saals zum Hintergrund der Übertragung. Ein nicht digitaler Teil der Tagung waren rund zehn regionale Präsenztagungen, zum Beispiel in Indien, China, Argentinien, Norwegen und Israel.
Durch die Zusammenarbeit vieler Disziplinen wurde der Blick auf die Klimakrise so umfassend wie selten. Landwirt*innen, Naturwissenschaftler*innen, Lehrkräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Kunstschaffende verbanden sich mit jungen Menschen und Biodynamiker*innen. Dadurch wurde erleb- und spürbar, dass die existenzielle Frage der durch den Menschen verursachten Klimakrise nur gemeinsam gelöst werden kann.
In 21 Arbeitsgruppen, den Future Labs in deutscher, englischer oder spanischer Sprache, behandelten Teilnehmende Fragen wie «Was ist die Rolle der Bildung in der Klimakrise?», «Soziale Dreigliederung als Weg durch die Klimakrise?» oder «Wie können wir mit der Erde Geschäfte machen?». Ein berührender Moment war, als Charles Eisenstein – in seinem aus den USA gehaltenen Vortrag – dazu aufforderte, die Erde als Lebewesen als realen Gedanken zu nehmen, weshalb jede kleine gärtnerische ökologische Arbeit wertvoll sei, weil sie die Erde fühlen lasse, man kümmere sich um sie.
In den Vorträgen von Anet Spengler, Ronja Eis und Ueli Hurter und in einer spontanen, von 140 Menschen besuchten Gesprächsrunde wurde die Bedeutung der Kuh für eine nachhaltige Klimawirtschaft diskutiert. Die Rinderhaltung zur Lebensmittelproduktion steht in der Mitte eines gesellschaftlichen Diskurses um Ernährungssicherheit und das Klima, gleichzeitig spielt die Kuh in der biodynamischen Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Anet Spengler konnte aufzeigen, dass durch eine graslandbasierte Tierhaltung in Kombination mit einer Reduktion von Geflügel- und Schweinehaltung mehr Ackerfläche für die menschliche Ernährung zur Verfügung stehen würde. So kann die Rolle der Wiederkäuer für den Hoforganismus erhalten bleiben und gleichzeitig die wachsende Weltbevölkerung versorgt werden.
Der dynamische Charakter der digitalen Infrastruktur erlaubte das Einrichten spontaner Gesprächsräume. Constanza Kaliks schilderte, dass viele Teilnehmende diese direkten Gesprächsmöglichkeiten rege nutzten. So entstand nicht nur eine Verbindung zum Goetheanum, sondern auch weltweit untereinander. Das betraf auch Menschen, die es sich – unabhängig von den Coronaeinschränkungen – wirtschaftlich nicht leisten können, zum Goetheanum zu reisen. Angesichts der digitalen Begegnungsformen, so Kaliks, müsse die physische Begegnung einen neuen, höheren Wert bekommen.
Ueli Hurter beschrieb, dass es auch über das digitale Medium möglich war, eine spirituelle Atmosphäre herzustellen, und eine Teilnehmerin aus China bestätigt das in ihrer Rückmeldung: «Obwohl die Tagung vorbei ist […], wandern und ‹fliegen› die starke Aura, die Energie, die Liebe, die Leidenschaft, das Mitgefühl und die Weisheit aller Teilnehmenden, Kunstschaffenden, Redner*innen und Organisator*innen noch immer durch die Welt. Sie geben uns den Mut zu Erforschung, Praxis, Selbstreflexion und Schöpfung. Der ätherische Leib der Konferenz wird weiter wachsen und durch uns mehr Menschen beeinflussen.»
«Wenn wir die Erde als lebendiges Wesen begreifen und den Blick ‹vom Boden zum Himmel› weiten, werden Landwirt*innen zu Klimawirt*innen – und jeder Mensch entdeckt die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden», fasst Lin Bautze von der Sektion für Landwirtschaft die vielleicht umfassendste Aufgabe in Worte, die die Tagung allen mit auf dem Weg gab.
Verena Wahl
Mit Texten aus «Anthroposophie Weltweit» 3/21 (Sebastian Jüngel) und «Das Goetheanum» 9/21 (Wolfgang Held)
]]>Die Suche nach den Ursachen der Corona-Pandemie macht deutlich, wie komplex verschiedene Lebenswelten miteinander vernetzt sind. Schwinden Lebensräume von Tieren – beispielsweise durch Brandrodung – oder wird ihre Nahrungsgrundlage durch Verlust der Artenvielfalt verkleinert, kommen sie dem Menschen in seinen Siedlungen näher – und bisher nur Tiere befallende Krankheitserreger können als Zoonosen auf Menschen überspringen. Wachsen Pflanzen in Nährstofflösungen und einer künstlichen Atmosphäre, haben sie weniger Möglichkeiten, Widerstandskraft auszubilden, als wenn sie mit äußeren Einflüssen wie Wind, Wetter, Schädlingen und Krankheiten zurechtzukommen müssen. «Das, was Tiere und Pflanzen auf ihrem Lebensweg an Vitalität und Resilienz erwerben, kommt auch dem Menschen zugute», weiß Jasmin Peschke, promovierte Oecotrophologin und Leiterin des Fachbereichs Ernährung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum. Ihr ist es ein Anliegen, Lebensmittelqualität über die Inhaltsstoffe hinaus als Ausdruck der Beziehung zur Lebenswelt zu verstehen.
«Mit unserer Einstellung gegenüber Tier und Pflanze nehmen wir unmittelbar Einfluss auf unsere eigene Gesundheit. Das beginnt bei der Frage, ob sie für uns Produktionsfaktoren oder lebendige Wesen sind.» Damit spricht sich Jasmin Peschke für eine partnerschaftliche Haltung im Ernährungssystem aus. «Der Apfel ist mehr ein Lebensmittel mit eigener ‹Biografie› sowie Aufbau- und Reifekräften als eine andere Form einer Vitamintablette.» Dabei spielen alle Stationen von Züchtung und Anbau über Produktion und Verarbeitung bis zur Präsentation auf dem Teller hinein. Entsprechend vielseitig sind die Aspekte aus der Perspektive von beispielsweise Pflanzenzüchtung, Forschung, Landwirtschaft, Käserei, Medizin, Ernährungswissenschaft und Profiküchen, die Jasmin Peschke in ihrem Buch ‹Vom Acker auf den Teller› berücksichtigt hat.
BuchJasmin Peschke: Vom Acker auf den Teller. Was Lebensmittel wirklich gesund macht, at-Verlag, 2021, 256 Seiten, 29.90 Franken / 25 Euro (nach ‹Barstensvol leven. Een pleidooi for vitale voeding› von Petra Essink und Paul Doesburg)
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Blickt die Landwirtschaft auf das Klima, geht es ihr um das bestmögliche Fruchtbarmachen der Erde und um das Minimieren von Kohlendixoid. «Ohne gesundes Klima kein Ertrag», bringt es Ueli Hurter, Landwirt und Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum, auf den Punkt. Bäuerinnen und Bauern ringen mit extremen Wetterlagen, Hitzeperioden und Starkregen, der den Boden nicht weniger als Trockenheit strapaziert und der Erosion aussetzt. Parallel dazu sorgen sich junge Menschen um die Erde, auf der sie noch lange leben wollen.
«Aus der Zusammenarbeit von Landwirtinnen und Landwirten und jungen Menschen werden Erneuerungsimpulse entstehen.» Davon ist Constanza Kaliks, Leiterin der Jugendsektion am Goetheanum, überzeugt. Denn: «Das Engagement junger Menschen schafft einen Boden für das Zukünftige der Erde.» Jugendsektionsmitarbeiterin Ronja Eis hat festgestellt: «In den letzten drei Jahren war zwar schon die Natur bei jungen Menschen immer präsent; mit dem veränderten Kontext in der Außenwelt und durch Bewegungen wie ‹Friday for Future› oder ‹Extinction Rebellion› erscheint ihnen ihre Beziehung zur Natur dringlicher als zuvor.»
Nun kommen erstmals die Kraft von mit den Klimafragen verbundenen jungen Menschen und die Erfahrungen biodynamischer Landwirtinnen und Landwirte zusammen. Auf der digitalen Tagung ‹Atmen mit der Klimakrise› ist ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ein Klimabegriff, der Fakten rund um kosmische Rhythmen und Auswirkungen des Anthropozäns in einen Zusammenhang mit einer Auffassung der Erde als lebendiges Wesen bringt. Von der Art, wie die Erde angesehen wird – etwa als Rohstofflager, als Wesen oder als heiliger Ort des Kosmos –, hängt auch der Umgang mit ihr ab. Werte, die dabei eine Rolle spielen, sind eine respektvolle Beziehung zur Umwelt, ein Achten der Biodiversität, ein ökologischer Wachstumsbegriff und Modelle für eine klimafreundliche Wirtschaft und Gesellschaft.
Digitale Tagung Atmen mit der Klimakrise – ökologisch, sozial, spirituell, 11. bis 14. Februar 2021, Goetheanum Web www.agriculture-conference.org...
Ansprechpartner Inhalt Johannes Kronenberg, johannes @youthsection.org
Ansprechpartner Anmeldung André Hach, agriculture.conference @goetheanum.ch
]]>Die biodynamische Landwirtschaft berücksichtigt verschiedene Dimensionen und Lebenszyklen der Natur sowie Gestaltungsmöglichkeiten des Menschen. Auf Grundlagen wie diesen lassen sich Kriterien für einen das Lebendige fördernden Umgang mit der Natur bestimmen, die als Lebensmittelqualität, Nährwert und Vitalität messbar sind. In der biodynamischen Landwirtschaft und in verwandten Bereichen wie Agroforstwirtschaft, Permakultur, Agroökologie und Gartenbau liegen entsprechend dokumentierte Erfahrungen vor. Derzeit stellt die Sektion für Landwirtschaft Ergebnisse und Konzepte für gesunde Lebensmittelsysteme von Forscherinnen und Forschern sowie Studierenden über Landwirtinnen und Landwirte bis zu Verarbeiterinnen und Verarbeitern für die Forschungstagung zur biodynamischen Landwirtschaft im Sommer 2021 zusammen.
Tagung Growing beyond resilience, International Conference on Biodynamic Research, 30. August bis 2. September 2021, digital: Web
Ansprechpartnerin Lin Bautze, biodynamic.research @goetheanum.ch
]]>Die Sektion erarbeitet die biodynamischen Grundlagen und Fragen der Ernährung und stellt diese öffentlich bereit. «Wir unterstützen einen erweiterten Wissenschaftsbegriff und einen Erkenntnisprozess, der über eine reduktionistische Forschung hinausgeht», so Jean-Michel Florin, Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft. «Wir bringen dabei akademische Forschung mit dem Fachwissen der Praktikerinnen und Praktiker zusammen, um gemeinsam die Aufgaben der Lebensmittel- und Landwirtschaftssysteme zu erforschen, zu diskutieren und zu ihrer Lösung beizutragen», ergänzt sein Leitungskollege Ueli Hurter.
Um diese Aufgabe zu erfüllen, schafft die Sektion soziale Räume: Aus Begegnung und Austausch entstehen so neue Ideen und Lösungsansätze. Als wesentliche Themen der nächsten Jahre hat die Sektion Klima, Resilienz und Gesundheit als Aufgabenbereiche identifiziert. «Ziel ist es, diese Themen in neuen und bereits bestehenden Projekten interdisziplinär zu bearbeiten, um mit unseren Partnerinnen und Partnern ganzheitliche Lösungsansätze zu suchen», so Verena Wahl, Geschäftsführerin der Sektion. Instrumente dafür sind Forschungsprojekte, Hochschulkurse, Fach- und Forschungstagungen, Berufsgruppentreffen, Webseminare, Publikationen und Videodokumentationen.
Vision und Leitbild der Sektion:
www.sektion-landwirtschaft.org/ueber-uns/vision-und-leitbild
«Es wird seit Ausbruch der Corona-Pandemie in den Haushalten mehr denn je frisch gekocht. Dabei wird auf Abwechslung und Vielfalt an Geschmack und Farben geachtet – denn wenn die Stimmung angespannt ist, verschafft man der Familie über das Essen positive Erlebnisse», weiß Jasmin Peschke, promovierte Oecotrophologin und Leiterin des Fachbereichs Ernährung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum.
In der Ernährungswissenschaft wird neuerdings diskutiert, dass Ernährung nicht nur als Nährstoffaufnahme anzusehen ist, sondern auch zum Wohlbefinden und zu einem positiven, gesunden Leben beiträgt. «Gerade die Vielfalt neuer Sinneseindrücke vermittelt Freude – und das Darmmikrobiom wird gestärkt, was der Gesundheit und einem starken Immunsystem zugutekommt», so Jasmin Peschke. Die Forschungsergebnisse machen deutlich, dass bereits das angeregte Tischgespräch zu Gesundheit und Wohlbefinden beiträgt.
Unsere Art zu essen spiegelt sich in unserer Kultur. Haben wir ein flüchtiges Verhältnis zum Essen à la ‹to-go›, um zur nächsten Verabredung zu hasten, oder nehmen wir uns Zeit, kochen und essen gemeinsam?
Auch an der Landschaft kann man das Verhältnis einer Kultur zum Essen ablesen. Gegenden mit Monokulturen von Mais und Raps oder mit verbrannten Regenwaldbrachen verweisen auf Wirtschaftsinteressen, für die Pflanzen und Tiere ‹Produktionsmittel› in einer möglichst kostengünstigen Wertschöpfungskette darstellen. Vielfältige Äcker, Weiden und Wälder verweisen auf eine Kulturlandschaft, die dem Ernähren ebenso dient wie dem Kultivieren einer Vielfalt an Lebensformen. «Als Qualitätskriterien für Anbau und Ernährung sehe ich Resilienz und Gesundheit für Mensch und Erde – und natürlich Nachhaltigkeit. Das sind Ziele, die nur gemeinsam zum Erfolg führen», fasst die Ernährungswissenschaftlerin im Sinne des Mottos des Welternährungstages 2020 zusammen: ‹Wachsen, nähren, erhalten. Gemeinsam.›
]]>https://mailchi.mp/45302e410147/biodynamisch-weltweit-newsletter-dezember-12585451
]]>Das Welternährungsprogramm wurde 1961 mit Sitz in Rom gegründet und ist die weltweit größte internationale Organisation gegen globalen Hunger. Das Ziel ist, den Hunger bis 2030 zu beenden und langfristig die Ernährungslage zu sichern. Die Organisation versorgt in 88 Ländern über 100 Millionen Hungernde. Ihre 17 Tausend Mitarbeitenden verteilen jährlich rund 15 Milliarden Mahlzeiten und verbessern damit Lebensbedingungen. Sie leisten in vielen Akuteinsätzen wertvolle Hilfe durch Lebensmittellieferungen, sodass das Welternährungsprogramm fast ein Logistikunternehmen ist. Die Arbeit der Mitarbeitenden des Programms kann nicht hoch genug geschätzt werden, sie unterstützen Opfer von Krieg, Dürre, Sturm und Erdbeben, sie sind auch in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv, vielfach unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Ihnen gebührt allergrößte Anerkennung.
Die Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, Berit Reiss-Andersen, begründete die Wahl damit, dass Nahrungsmittel die beste Impfung gegen das Chaos seien, was als Anspielung an die Hoffnung vieler, ein Impfstoff möge die Corona Pandemie stoppen, zu verstehen ist. Außerdem sei Mulitlateralität notwendig, um das Hungerproblem zu lösen, dieses Prinzip verkörpere die größte Unter-Organisation der Vereinten Nationen, indem sie Fähigkeiten und Strukturen vor Ort unterstütze. Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an das Welternährungsprogramm ist die Hoffnung verbunden, dass das Thema globale Ernährungssicherheit ins Bewusstsein rückt und gleichzeitig ist es ein Aufruf, Geldmittel für diese wichtige Nothilfe-und Friedens-Arbeit zur Verfügung zu stellen.
Es ist jedoch zu befürchten, dass dieser doch so politische Preis kaum konkrete, politische Konsequenzen haben wird. Seit 5 Jahren haben sich die Vereinten Nationen auf Nachhaltigkeitsziele geeinigt, eines davon ist, den Hunger zu beenden, Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Das Hungerproblem aber wird größer.
Außerdem ist es einfach für Regierungen, Geld zu geben und zu wissen, es wird für humanitäre Zwecke eingesetzt, damit ist der Pflicht zu helfen genüge getan und an den eigenen Programmen muss nichts geändert werden. Die Haltung, einer ist der Helfer, der andere der Empfänger (sei es von Nahrungsmitteln, Geld oder Know-how), ist eine Haltung, die Abhängigkeiten schafft und der Helfer will in aller Regel an seinem System nichts ändern.
Das "Zero Hunger"-Projekt ist auf Nachhaltigkeit angelegt, es soll - neben der Beendigung des Hungers durch Hilfsmittellieferungen - erreicht werden, dass sich Menschen gesünder ernähren, sie leichter Zugang zu Nahrungsmitteln bekommen und eine lokale Wirtschaft zur Selbstversorgung aufbauen können.
"Gib einem Hungernden einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Hungernden zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben."
Konfuzius
Der Appell für mehr Multilateralismus ist gerade in einer Zeit, in der immer mehr Nationalismen und Egoismen gepflegt werden, wichtig. Denn die Lösung der globalen Probleme, von denen wir alle betroffen sind, sei es die Corona-Pandemie, der Klimawandel oder der Diabetes wegen falscher Ernährung kann nur gemeinsam angegangen werden. Uno-Generalsekretär António Guterres sprach sogar von einem "Hunger der Welt nach Kooperation", den es zu stillen gelte. Kooperationen funktionieren, wenn alle Partner auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Vor Ort in den armen Ländern müssen also die Nahrungsmittelerzeugung wiederbelebt und die Regionen von Importen unabhängig werden. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft bildet die Ernährungsgrundlage für 80% der Weltbevölkerung. Sie muss ausgebaut und gestützt werden, um langfristig das größte lösbare Problem, den Hunger, auch zu lösen. Dafür muss jede Familie Zugang zu genügend Ackerfläche haben, wo sie standortangepasste Obst- und Gemüsesorten anbauen kann. Es braucht dafür eine Saatgutsouveränität, das bedeutet, dass Saatgut aus eigener Erzeugung verwendet werden kann und es keine Abhängigkeit von Saatgutkonzernen gibt. Was eine gesunde, schmackhafte Ernährung ist, muss neu gelernt werden und das Vertrauen in eigene Fähigkeiten gilt es zurück zu gewinnen, damit Würde und Chancen für die Menschen erfahrbar sind. Weil wir alle im selben Boot sitzen, müssen in den reichen Ländern Lebensmittelverschwendung, die Verfütterung von Nahrungsmitteln (Getreide, Soja) an Tiere reduziert und die persönlichen Ernährungsgewohnheiten überdacht werden. Nur wenn alle Beteiligten aufeinander zugehen, wenn es nicht zu einer Art modernem Kolonialismus kommt, gibt es eine globale, nachhaltige Lösung. Das Eine ist eine Frage der Verteilung, denn im Prinzip gibt es genug zu essen für alle. Sind aber Lebensmittel ungleich verteilt, entsteht Hunger. Das Andere ist eine Frage der Verantwortung. Die industrialisierten Länder sind Hauptverursacher des Klimawandels, für die teilweise schon unerträglich gewordenen Konsequenzen in anderen Ländern sollten sie die Verantwortung übernehmen gemäss dem Motto des letztjährigen Welternährungstages: unsere Taten sind unsere Zukunft.
Das Nobelkomitee war nach einigen Skandalen und größeren Infragestellungen der Preisverleihung in den letzten Jahren daran interessiert, einen allgemein anerkannten Preisträger zu präsentieren. Und das ist mit dem Welternährungsprogramm der UNO gegeben. Niemand hat etwas dagegen, dass der Hunger in notleidenden Gebieten bekämpft wird und dass damit die Voraussetzung für Frieden geschaffen wird.
]]>Der allgemeine, weltweite Lockdown führte zu einer Rückführung auf die essenziellen Grundbedürfnisse. Die Nahrung und das Essen stehen da an vorderster Stelle. Eingesperrt zuhause in den eigenen vier Wänden war das Essen ein wesentlicher Bestandteil des Tagesrhythmus. Viele Familien haben das Kochen und die gemeinsamen Mahlzeiten wieder entdeckt. Bio- und Regionalprodukte wurden vermehrt nachgefragt. Der entsprechende Markt war vor allem in der Anfangszeit völlig überhitzt, sicher auch durch Hamsterkäufe.
Ein Aspekt dabei war, dass Covid-19 für die Tiere, die Pflanzen und die Erde keine Gefahr darstellt. Das heißt, die Natur und damit die Landwirtschaft und die Nahrungsgrundlage waren zu keiner Zeit gefährdet. Und damit war während der vielen Wochen der weltweiten Unsicherheit, die viele Dimensionen des Lebens erfasst hat, die Natur und die nicht kontaminierte Nahrung eine sichere Basis für das Leben und das Lebensgefühl.
So kam es zu einer neuen Entdeckung und Wertschätzung der Gärten und der näheren häuslichen Umgebung, insbesondere in Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, wo der Ausgang auf eine Stunde pro Tag und in einem Radius von einem Kilometer um die Wohnung beschränkt war. Der Aufenthalt in der Natur als essenzielles Element von Lebensqualität ist wieder neu entdeckt worden. Durch die geschlossenen Grenzen und den Unterbruch vieler globaler Lieferketten wurde die Regionalwirtschaft gerade im Lebensmittelbereich wieder geschätzt. Viele neue Kontakte zwischen Produzenten und Konsumenten sind entstanden. Die Produzenten fühlen sich neu gesehen und erfreuen sich einer größeren Wertschätzung.
Vor der Corona-Krise drehte sich vieles um die Klimakrise. Da die Landwirtschaft für viele Umwelt- und Klimasünden verantwortlich ist, war sie stark unter Beschuss. Es ging um mehr Ökologie und weniger forcierte Produktivität. In der Corona-Krise standen jetzt die produzierten Nahrungsmittel im Vordergrund und die Klima-Ökologie im Hintergrund. Das wird sich wieder ändern, aber ‹nur› Ökologie ohne vernünftige Nahrungsmittelproduktion auch in quantitativer Hinsicht wird es schwerer haben.
Am Markt werden Bio und die Marke Demeter sicher dazu gewinnen, denn generell hat Essen eine neue Wertschätzung erfahren. Das ist für die Biobranche eine große Chance. Für Demeter bleibt dabei die Herausforderung, eine Nahrungsmittel-Qualität zu kommunizieren, die einerseits den ganzen Weg vom «Acker auf den Teller» beinhaltet und andererseits auch wirklich nachvollziehbar in der Vitalität und der Reife der Produkte wahrnehmbar und wirksam ist.
Die Krankheit im Zusammenhang mit Covid-19 betrifft nur den Menschen. Aber die Corona-Krise hat eine wachsende Bedrohung aufgezeigt, vor der viele Biologen, Ökologen und Agronomen seit einiger Zeit gewarnt haben: Die besorgniserregende Zunahme neu auftretender Krankheiten bei Menschen, Tieren und auch Pflanzen. Eine Reihe schwerwiegender Veränderungen in unserer Umwelt sowie in der Landwirtschaft und im Umgang mit der Natur haben das Auftreten dieser viralen und bakteriellen Krankheiten begünstigt. Dazu gehören u. a. die globale Erwärmung, die eine Verdrängung von Arten aus ihrer ursprünglichen Umgebung begünstigt, die zunehmende Globalisierung des Handels mit Agrarprodukten, der besorgniserregende Rückgang der biologischen Vielfalt auf globaler Ebene und die ökonomisch bedingten industriell-landwirtschaftlichen Praktiken wie Monokulturen und Massen-Viehhaltung. So zeigt beispielsweise eine 2010 veröffentlichte Metaanalyse (Le Monde, 15.12.2010), dass der Rückgang der biologischen Vielfalt mit einer Zunahme von Infektionskrankheiten auf der ganzen Welt einhergeht. Andere Studien stellen den Zusammenhang zwischen der Zerstörung der natürlichen Umwelt und der Zunahme neu auftretender Krankheiten her (Le Monde diplomatique, 3/2020). Das Coronavirus ist nur ein Beispiel für die dramatischen Folgen, die solche neu auftretenden Krankheiten auf globaler Ebene verursachen können. Eine weitere ebenso große, wenn nicht noch größere Gefahr für die Gesundheit ist die rasche Entwicklung gegen Antibiotika multiresistenter Bakterien, die durch den systematischen und prophylaktischen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und deren Missbrauch in der Human-Medizin verursacht wird (Die Zeit, 20.11.2014).
Es besteht dringender Aufklärungsbedarf für die Öffentlichkeit, wie unsere gegenwärtige wirtschaftliche und zivilisatorische Lebensweise im Zusammenspiel verschiedener Faktoren die Entwicklung dieser Pflanzen- und Tierkrankheiten fördert und damit unsere Lebensgrundlage auf der Erde zunehmend gefährdet und zerstört. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft hat seit bald 100 Jahren einen systemisch-lebensfördernden Ansatz entwickelt, der in Bezug auf Krankheiten auf Widerstandsfähigkeit zielt und Prinzipien für die landwirtschaftliche Praxis entwickelt hat, die es erlauben, im Einklang mit der Natur und diese fördernd, Nahrungsmittel für den Menschen zu erzeugen.
Völlig anders sehen dagegen Ansätze zur Lösung des Problems aus, die von den großen Pflanzenschutzmittelherstellern unterstützt werden und die einen diametral entgegengesetzten Weg vorschlagen. Anstatt Ackerbau und Viehzucht in landwirtschaftliche Gebiete zu integrieren und dadurch in sich geschlossene Naturzusammenhänge zu bilden, schlagen sie vor, durch einen ‹hygienischen› Ansatz jeden Kontakt von Nutztieren mit der Natur und damit mit Viren und Bakterien zu begrenzen. Dies würde zu einer Zunahme der Massentierhaltung führen. Die Tatsache, dass bei den Gesundheitsproblemen der letzten Zeit nur selten die Fabrikbetriebe, sondern immer eher die kleinen Freilandbetriebe beschuldigt werden, ist symptomatisch für die Macht der Lobbys der industriellen Chemie-Landwirtschaft. Angesichts dieser Tatsache ist es unerlässlich, ein ‹Bündnis für das Leben› mit vielen Allianzpartnern anzustreben und zu erreichen.
Der biodynamische Impuls für die Landwirtschaft und Ernährung stellt sich in wenigen Kernprinzipien dar, wovon eines der geschlossene, in sich vielfältige Betrieb ist. Dieses Prinzip kann traditionell wirken und verstanden werden, insbesondere in Abgrenzung zum ‹modernen› Betrieb, der rein nach betriebswirtschaftlichen Kriterien eingerichtet ist. Jede Rentabilitätsrechnung führt aber zur Spezialisierung der Betriebe und diese wiederum fordert den Einsatz von Dünger, Pestiziden und Industriefutter.
Dagegen ist das Bauprinzip des biodynamischen Betriebs die interne Wechselwirkung der verschiedenen Tier- und Kulturarten. Oder anders gesagt, ein landwirtschaftlicher Organismus gliedert sich in verschiedene Organe, die zusammen ein Ganzes ergeben und die mehr sind als die Summe der Teile. Es gibt mehrere Gründe, einen Betrieb so einzurichten und zu führen: einer davon ist die Resilienz. Der Begriff steht für das Vermögen, mit äußeren Einflüssen beweglich umzugehen, Einflüsse absorbieren zu können, stresstolerant zu sein und Gesundheit und Leistungsvermögen nicht gleich zu verlieren, selbst wenn ein rauer Wind weht. Ein biodynamischer Betrieb strebt in diesem Sinne eine hohe Resilienz an.
Bis jetzt haben wir diese Resilienz vor allem agronomisch verstanden und insbesondere auf die Veränderungen bezogen, die mit dem Klimawandel einhergehen. Die sozialwirtschaftliche Stresssituation durch die Corona-Krise lässt uns diese Resilienz aber auch in ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Dimension entdecken. So ist ein vielfältiger Betrieb sozialwirtschaftlich resilient. Und das ist sehr viel wert, wenn das ganze wirtschaftliche Gefüge unsicher wird.
Wie können unsere Volkswirtschaften gegenwärtig wieder stabilisiert werden? Nur durch gigantische Finanzspritzen des Staats wird es nicht gehen. Es braucht Vertrauen – und jeder Betrieb, der mit einer solchen Stresssituation umgehen kann, ist ein Teil der Lösung. Er schafft Vertrauenspotenzial, er zieht nicht Kräfte aus dem System, sondern speist Kräfte ein. Viele biodynamische Betriebe sind wie Prototypen von resilienten Wirtschaftsbetrieben. Und das, was auf den ersten Blick traditionell wirkt, wird bei näherem Zusehen eine Befähigung aus der Zukunft.
Kein Betrieb steht heute volkswirtschaftlich alleine da. Auch der agronomisch geschlossene Landwirtschaftliche Betrieb nicht, denn er ist ja produktiv und die Produkte müssen vom Hof in die umgebende Sozietät. In hoch entwickelten Volkswirtschaften sind nur noch ein bis drei Prozent der werktätigen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Alle anderen müssen von diesen wenigen in der Urproduktion Tätigen ernährt werden. Produktion, Verarbeitung, Handel und Konsum bilden zusammen das Wirtschaftssystem einer Branche. Entsprechend spricht man auch von einem ‹Foodsystem›. Der ungeschützt offene, spezialisierte Betrieb ist tendenziell angekoppelt an das globale Foodsystem, für das er die Rohstoffe produziert, die dann über industrielle Verarbeitung und Supermärkte und unterstützt durch TV-Werbung auf den Tisch kommen und in einer Fastfood-Kultur ihre Entsprechung hat. Der biodynamische Betrieb dagegen bildet nach Maßgabe seiner inneren Bauprinzipien auch sein nach außen gehendes Netzwerk: Es gibt Direktverkauf, Vertragslandwirtschaft, regionale Wertschöpfungsketten mit handwerklicher Verarbeitung etc. mit einer Art Innenkultur des wirtschaftlichen Zusammenhangs, das viele persönliche Kontakte bringt.
Resiliente Foodsysteme basieren auf echtem und ehrlichem Umgang mit Boden, Pflanzen und Tieren und überschauba ren wie langfristigen persönlichen Handelsbeziehungen, die in Krisenzeiten nicht wegbrechen, sondern halten und dadurch Vertrauen geben. Eine Wirkung der Corona-Zeit wird sicher die vermehrte Suche nach Wirtschaftsformen sein, die nicht nur anonym und preisgetrieben sind. Die Land- und Ernährungsbranche steht für diese Suche mit an erster Stelle, und wir dürfen hoffen, dass die vielen Ansätze zu assoziativ gestalteten Foodsystemen, die es u. a. ausgehend von den biodynamischen Betrieben gibt, einen Beitrag leisten können zu dieser zu entwickelnden ‹humanen› Wirtschaft.
Es ist jetzt schon deutlich: Corona-Krise und Klimaentwicklung werden stark auf Land- und Ernährungswirtschaft wirken. Wir können von einer weiteren Polarisierung ausgehen: Auf der einen Seite eine Stärkung der biologischen, regionalen, multifunktionellen Land- und Ernährungswirtschaft; auf der anderen Seite wird die mit nationaler Ernährungssicherheit begründete Intensivproduktion neuen Auftrieb bekommen. Es geht in der Landwirtschaft aber nicht nur um mehr oder weniger Chemie, das heißt um die ökologische Frage. Es geht auch um die sozialgesellschaftliche Frage, wie das Verhältnis der Menschen zum Boden gestaltet ist. Hier gilt es aufmerksam zu sein, denn ‹regional› wird schnell ‹national› und ‹ökologisch› kann von einer Stimmung des gesunden Heimatbodens instrumentalisiert werden. ‹America first› heißt ja u. a. Amerika den Amerikanern – und entsprechende Slogans und Bewegungen gibt es in sehr vielen Ländern.
Es liegt hier das Paradox vor, dass die weltweite Covid-19-Pandemie zu einer Schließung der Grenzen und damit faktisch zu einem jeweils nationalen Agieren geführt hat. Wir leben jetzt Wochen und Monate wieder in einem nationalen Bezug – ob gewollt oder nicht gewollt, sei dahingestellt. Es ist faktisch unsere Realität. Das wurde durchaus nicht nur als Behinderung empfunden, sondern vielfach auch als eine neue Beheimatung in ‹meinem› Land erlebt. Viele Länder haben große und aufwendige Heimschaffungs-Programme durchgeführt, weil man in unsicheren Zeiten nur zuhause sicher ist. Diese neue Beheimatung wird mit den Lockerungen nicht einfach verschwinden. Man mag darin auch positive Aspekte sehen, aber gerade wir im Bereich der Landwirtschaft, die täglich mit dem Boden umgehen, müssen auch die Gefahr erkennen, dass damit eine neue kollektive Bindung an den Boden einhergehen kann. Die Biodynamik ist an dieser Stelle auch gefährdet, denn sie subsumiert den Landwirt, den auf dem Hof tätigen Menschen, gerne in das hehre Bild des landwirtschaftlichen Organismus. Und da muss deutlich gesagt werden: Nein, der Mensch gehört nicht zum Boden, sondern der Boden gehört zum Menschen!
Es ist gerade eine der Errungenschaften des modernen Individualismus, dass der Einzelne sich emanzipiert von dem Kollektiv und potenziell frei wird. Diese individuell verfügbare Freiheit ist eine entscheidende Grundlage der Anthroposophie und damit der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. Und nur auf dieser Grundlage – und nicht aus einer alten kollektiven Bindung – ist es ‹statthaft›, sich so intensiv mit dem Boden und dem Naturgeschehen zu verbinden, wie das in der Biodynamik und zum Teil auch im Biolandbau üblich ist.
Biodynamische Höfe und Orte leben aus der Kraft der freien individuellen Initiative und Verantwortung der tätigen Menschen. Und die biodynamische Bewegung lebt aus dem kosmopolitischen Zug, der uns über die ganze Erde in einem geistigen Sinn verschwistert.
Neben der Klimakrise und dem Rückgang der Artenvielfalt hat die Corona-Krise viele Menschen dazu veranlasst, ihre eigene Beziehung zur Lebenswelt zu überdenken und sich unserer gegenwärtigen Naturferne und der grundlegenden Bedeutung der Landwirtschaft für unser tägliches Leben und unsere Ernährung bewusst zu werden. Zahlreiche Artikel, Radiosendungen etc. zeugen davon. Ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung einer friedlichen und partnerschaftlichen Beziehung zur Natur entsteht, insbesondere unter jungen Menschen
So eröffnen sich neue Funktionen und Möglichkeiten für biologische und biologisch-dynamische Betriebe: die Informations- und Ausbildungsaktivitäten wie zum Beispiel in der Anlage von Schulgärten oder in anderen Formen von partizipativen und innovativen Räumen zur Entwicklung eines anderen Bewusstseins und einer neuen Beziehung zu der uns umgebenden Lebenswelt. Möglicherweise wird es verstärkt junge Menschen oder junge Paare geben, die in Zukunft verstärkt eine Rückkehr auf das Land aus einer globalen Aufgabe heraus anstreben – vielleicht sogar nur wie in Peru, um einfach das tägliches Überleben ihrer Familie zu sichern. Dies war bereits der Fall in Griechenland und anderen südeuropäischen Ländern nach der Finanzkrise von 2008. Die Herausforderung wird darin bestehen, diese Prozesse zu begleiten, um eine gute Integration dieser Menschen in die gewachsenen Gemeinden und in den Gemeinschaften zu ermöglichen
Was können wir als biodynamische Bewegung beitragen, damit jeder Mensch zu essen hat? Müssten wir uns nicht ganz neu erfinden? Biodynamisch müsste für jeden Menschen heißen: Für mich gibt es ein Stück Boden auf der Erde, wo Nahrung für mich wächst. Ich bin für diesen Boden verantwortlich, ich bin für meine Nahrung verantwortlich. Will ich meinen Boden selbst bebauen? Will ich diese Aufgabe delegieren? Wie können wir das organisieren?
Der Boden gehört mir, solange ich auf der Erde bin. Nachher kommen die folgenden Generationen – auch sie wollen essen: Wir müssen die Erde so bebauen, dass auch sie leben können. Biodynamisch würde neu heißen: Die Erde ist ein lebendiges Wesen, sie trägt uns und sie kann so bearbeitet werden, dass sie alle Menschen von Generation zu Generation ernährt.
Artikel aus dem Buch:
Perspektiven und Initiativen zur Coronazeit (2020) Siehe S. 15
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Die biodynamische Arbeit entwickelt sich in den letzten Jahren schnell und kräftig, besonders im asiatischen Raum und in Südamerika. Dazu braucht es dringend weitere Schritte in der professionellen Entwicklung von Beratung und den Ausbildungen. Die ersten Schritte waren das neue Qualitäts-System für die internationale biodynamische Beratung (www.biodynamic-advisors.org) sowie die internationale Ausbildungstagung in Herbst 2019 in der Schweiz.
Ein weiterer großer Wunsch der Ausbildungsstätten und der Beratenden war die Möglichkeit für Fortbildungen. Die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum hat dafür zusammen mit der Biodynamische Federation – Demeter International (BFDI) ein neues Fortbildungskonzept entwickelt; begonnen wurde dies mit einem Pilotprojekt.
Das Thema ‹Präparatepflanzen› wurde für Ausbildungsstätten und Beratende aus Asien im August als Webseminar in vier Sequenzen mit praktischen Übungen umgesetzt. 45 Teilnehmende aus neun asiatischen Ländern, darunter China, Indien, Taiwan und Sri Lanka, hatten sich angemeldet und waren begeistert von den Möglichkeiten und der fachkundlichen Umsetzung, wie sich in den Reaktionen spiegelte. Diese Webseminare waren für die Sektion wie auch den Ausbilder*innen gute Möglichkeiten, die Qualitäten aber auch die Grenzen der Online-Fortbildung zu erfahren.
Nach der guten Resonanz gehen wir nun die nächsten Schritte und entwickeln weitere Module für die biodynamische Landwirtschaft, als Webseminare und als Fortbildungen vor Ort.
Jean-Michel Florin
]]>Der rund elfminütige Film ‹Limbua Group in der Mount Kenia Region› zeigt, wie die landwirtschaftliche Praxis die sozialen Verhältnisse vor Ort verbesserte. Denn zur biologischen Ausrichtung der ‹Limbua›-Höfe gehört nicht nur die Ermutigung, mehr Bäume zu pflanzen und Umweltschutz zu leben, sondern auch beispielsweise arbeitslose Familienmitglieder einzubeziehen. Durch das Ansiedeln der Verarbeitungszentren in den Dörfern werden die Früchte frisch verarbeitet, und der Wertschöpfungsgewinn verbleibt vor Ort. Hatten zuvor Schülerinnen und Schüler aus Deutschland privat Nüsse verkauft, werden die Früchte und ihr Öl inzwischen auch an Firmen ausgeliefert, unter anderem an Wala und Dr.Hauschka. Diese Dimension ist durch den Zusammenschluss von bisher rund 5000 Kleinbetrieben (durchschnittliche Größe: ein Hektar) möglich; weit mehr als 2000 Anwärterinnen und Anwärter stehen auf der Warteliste.
Teilnehmenden Höfen werden Sämlinge und biodynamische Präparate zur Verfügung gestellt – mit dem Ziel, dass die Bäuerinnen und Bauern früher oder später selbst alle Elemente der biodynamischen Anbaumethode beherrschen. Der Weg dorthin umfasst Weiterbildungen, Überprüfungen der Kompetenzen auf dem Hof und eine Zertifizierung durch internationale Gremien. Darüber hinaus führe Biodynamik dorthin zurück, «wo wir herkommen», sagt Peter Mucau Wangara, Mitgründer von ‹Limbua›. Das ermögliche, dass das Land regeneriert und der Landwirt eine spirituelle Verbindung zu seinem Hof aufbauen kann.
Film ‹Limbua› https://www.sektion-landwirtschaft.org/living-farms/ea/limbua-group-in-der-mount-kenia-region
Ansprechpartnerin Lin Bautze, lin.bautze @goetheanum.ch
Zuerst erschienen unter: https://www.goetheanum.org/medien#/pressreleases/mehr-als-nusse-living-farms-die-farmgemeinschaft-limbua-group-in-kenia
]]>Mit mehr als 2000 ausgewerteten Bodenproben konnte gezeigt werden, dass der Humusgehalt bei einer biologisch-dynamischen Anbaumethode leicht ansteigt im Vergleich zu konventionellem Anbau wo er deutlich abnimmt. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass die Lachgasemissionen (N2O) in den biologischen und biodynamisch bewirtschafteten Böden auf die Fläche bezogen ebenfalls deutlich reduziert werden können (bis zu 40% im Vergleich zu konventionellem Anbau). Auch die Energiebilanz des Biolandbaus im DOK-Versuch zeigt eine Reduktion von 30-50% auf die Fläche bezogen.
Gemeinsam zeigen diese Faktoren, dass biologische und biodynamische Anbaumethoden einen deutlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Zuletzt zeigen die Böden auch eine bessere Anpassungsfähigkeit an unvermeidbare Auswirkungen des Klimawandels, wie Extremniederschläge oder Trockenheitsperioden.
Das Faktenblatt ist auf Deutsch zu finden unter: https://www.fibl.org/en/shop-en/2517-klimafaktenblatt.html
Wenn Sie an weiteren Forschungsergebnissen über die biodynamische Landwirtschaft interessiert sind, besuchen Sie unsere Biodynamic Research Tagung: 2nd International Conference on Biodynamic Research - 30 August to 2 September 2021
Sie interessieren sich für Praxisbeispiele aus der biodynamischen Landwirtschaft? Schauen Sie in unsere Video-Reihe «Living Farms» hinein
]]>Die ersten Interessenten kommen aus der Fair-Trade-, Fair-Wear- und biodynamischen Bewegung; einer von ihnen ist Sekem. «Da ‹Economy of Love› die Anforderungen der biodynamischen Landwirtschaft und die Kriterien von Fair Trade abdeckt, erkennen einige der Sekem-Partner aus Europa den neuen Standard bereits als äquvalent mit Fair Trade an», sagt Helmy Abouleish. Die Entwicklung des Labels basiert auf den Visionen von Ibrahim Abouleish, der mit Sekem ein soziales Unternehmen mit weitgehenden kulturellen Zielsetzungen gründete.
Um den wahren Preis zu ermitteln, fließen die Erfahrungen der Nachhaltigkeitsberichte und Forschungen von Sekem und der Heliopolis-Universität, Kairo, Ägypten, ein. Sie berücksichtigen die oft externalisierten Kosten für Wasser, die Kohlenstoffdioxidbilanz und Faktoren wie erneuerbare Energie, soziale Sicherheit, faires Einkommen sowie die Auswirkungen auf die individuellen Entwicklungschancen der Menschen unter ethischen Gesichtspunkten.
]]>Die PDF können Sie hier herunterladen:
Tagungsdokumentation 2020 (deutsch) PDF
Conference Report 2020 (English) PDF
Documentation du Congrès 2020 (français) PDF
Documentación de las jornadas 2020 (español) PDF
Für Druckversionen der Dokumentation schreiben Sie uns gerne ein E-Mail: landwirtschaft @goetheanum.ch
]]>• Räume innerer Freiheit bilden – Schulungsansätze in Zeiten von Ungewissheit und Furcht
• Die verdeckte Sonne – Wirklichkeit, Sprache und Kunst in Zeiten von Corona
• Perspektiven der Anthroposophischen Medizin
• Gesichtspunkte zu epidemischen Infektionskrankheiten im Werk Rudolf Steiners
• Herausforderungen und Perspektiven in der Land- und Ernährungswirtschaft
• Der Teil und das Ganze – Zum Erkenntnisansatz anthroposophischer Naturwissenschaft
• Die Planeten-Konstellationen der Corona-Pandemie und der Spanischen Grippe im Vergleich
• Aspekte zum Umgang mit der Corona-Krise für die Jugend
• «Krise heißt, dass unklar ist, was wie wozu von wem zu tun ist» – darstellende Künste und Corona
• Pädagogik in Zeiten der Corona
• Die Krise als Chance – zur gesellschaftlichen Dimension der Covid-19-Pandemie
• Soziale Herausforderungen und Impulse in der Pandemie
• Konsequenzen von Covid-19 – Perspektive der Anthroposophischen Heil- und Sozialpädagogik, Sozialtherapie und inklusiven Sozialgestaltung
• Eine medikalisierte Gesellschaft?
Tagungsdokumentation 2019 (deutsch) PDF
Conference Report 2019 (English) PDF
]]>«Kochen ist eine Kunst, die nur wir Menschen beherrschen – gerade jetzt am besten mit den Kindern», meint Jasmin Peschke. Denn das Zubereiten der Mahlzeiten spricht viele unserer Sinne an. Das bewusste Wahrnehmen der Farben und die Präsentation des Essens auf dem Teller wie auch das Riechen und mit dem Kauen das Schmecken sind wichtige Sinnestätigkeiten, die bereits zur Verdauung dazugehören und die Weiche für die Bekömmlichkeit der Mahlzeit stellen. «Nicht zuletzt wird so das Darmmikrobiom gepflegt, und unsere Abwehrkraft, das Immunsystem, wird gefördert», unterstreicht die Ernährungswissenschaftlerin. Dabei spielen frisch zubereitete Mahlzeiten aus hochwertigen Bio- oder Demeter-Zutaten eine wichtige Rolle. Denn diese enthalten mehr sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die die Gesundheit fördern, als konventionelle Lebensmittel.
Das alles lässt sich spielerisch handhaben. «Einige der Lebensmittel überraschen uns: Wir lernen Zutaten, Kräuter und Gewürze und ihre Komposition kennen, entdecken, dass wir die Speisen mit einer Blüte dekorieren können. Alles Schöne und Kreativität wirken auf unseren Organismus positiv und tun uns seelisch wohl.» Die Abwechslung und die farbige Vielfalt auf dem Teller sind wichtig, «gerade wenn der Alltag eintönig ist», ist Jasmin Peschke überzeugt.
]]>wir befinden uns global gerade in einer Ausnahmesituation. Durch Covid-19 verändert sich der Arbeitsalltag, unser sozialer Umgang, Strukturen und Gewohnheiten.
Die äussere Isolation, wo selbst das Goetheanum geschlossen ist, fordert uns auf, die seelisch-geistigen Quellen der Gesundheit in besonderem Maße zu pflegen und, gerade jetzt im Frühjahr, die erneuernde Kraft der Natur bewusst wahr zu nehmen.
Auch an der Sektion sind wir von den neuen Bestimmungen betroffen. So arbeiten wir vorübergehend weitestgehend im Homeoffice, teilweise als Kurzzeitarbeit und konzentrieren uns bestmöglich weiterhin auf unsere Aufgaben:
Gleichzeitig nutzen wir die Zeit, uns als Sektion weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Unser Team hat sich vergrössert, und so braucht es neue Prozesse und Abläufe, die wir miteinander entwickeln, um gestärkt aus dieser herausfordernden Situation zu kommen.
Im Moment ist das Büro nur teilweise besetzt, am einfachsten sind wir per Mail oder Skype zu erreichen. (Link: Mitarbeitende)
Gerne besuchen Sie in der Zwischenzeit unsere Website, Facebook, Instagram und Youtube Kanäle, um auf dem Laufenden über unsere Arbeit zu bleiben. Für weitere Informationen können Sie auch unseren Newsletter gratis abonnieren.
Wir möchten zuletzt noch die Möglichkeit nutzen, uns bei allen zu bedanken, die derzeit trotz der schwierigen Situation auf den Feldern, in Supermärkten, in der Produktion und Logistik, Vermarktung, Aus- und Weiterbildung oder sonst für eine nachhaltige Zukunft unterwegs sind!
Herzliche Grüsse vom ganzen Sektionsteam
]]>Nürnberg nennt sich Biometropole und hat sich zu einer freundlichen Stadt gemausert, die sich für Bio engagiert. So werden 85 Prozent der städtischen Kinder- und Schuleinrichtungen mit Biolebensmitteln verpflegt. Die Stadt «verstoffwechselt» die vielen Besucher_innen aus 110 Ländern ziemlich professionell. Selbst in der U-Bahn kommt vom Fahrer mal ein lockerer Spruch durch die Lautsprecher.
Mit dem diesjährigen Motto «Bio wirkt» will die Messe unterstreichen, dass Bio Lösungsansätze für viele drängende Zukunftsfragen anbietet. Jane Goodall, die bekannte Primatenforscherin, die inzwischen eine betagte, ehrwürdige Dame ist, hielt die Eröffnungsrede. Besucher, die sie gehört hatten, waren berührt von ihren Worten: «Wie bizarr ist es, dass das intelligenteste Wesen auf Erden seine eigene Lebensgrundlage zerstört.» Sie zeigte die heutige Realität mit den Umweltproblemen, dem Artensterben und dem Klimawandel auf, um dann zu kommentieren: «This has to stop.» Belohnt wurde sie mit Standing Ovations.
Das Gastland Italien fiel durch einen hervorragenden Demeter-Auftritt auf. Und immer wieder war zu hören, dass es gutes Essen und gute Stimmung gebe.
Der Demeter-Marktplatz, schon seit Jahren eine feste Konstante in Halle 7, war sehr stark frequentiert, hier wurden interessante Demeter-Produkte von Kosmetik bis Saatgut gezeigt. Außerdem ist dies stets ein guter Treffpunkt für Verabredungen oder für spontane Begegnungen mit Freundinnen und Bekannten.
Ein grosses Thema auf der Messe war Verpackung, insbesondere umweltfreundliche, plastikfreie Verpackung für allerlei Produkte wie auch für «Food to go».
Ein Verpackungsmaterial aus Polymilchsäure beispielsweise ist in den unterschiedlichsten Formen und Farben verarbeitbar und sieht aus wie herkömmliche Verpackung. Hier wird mit dem Slogan «be part of the solution not the pollution» (sei Teil der Lösung, nicht der Verschmutzung) geworben.
Das Beutelchen für Gewürze, das sich anfühlt wie Plastik und aus Unkenntnis auch aus dem Biomüll aussortiert wird, ist eigentlich aus einem Holzfasermaterial, das kompostierbar ist.
Strohhalme, genauer gesagt Trinkhalme, aus Glas in verschiedenen Farben sehen sogar edel aus. Alternativ gibt es Trinkhalme aus glutenfreiem Pastateig – ob man die Pasta nach dem Gebrauch kochen und essen kann, wurde nicht vorgeführt.
Quetschbeutel mit Fruchtsäften für Kinder, die wegen des vermeintlichen Plastikmülls immer schräg angeschaut werden, präsentierten sich als «Freche Freunde»; die Verpackung mit weniger Plastik enthält weder Aluminium noch Weichmacher.
Unverpacktläden haben bereits einen Verband gegründet, der sich und seine Dienste vorstellte.
Veganes war auf der BIOFACH 2020 zwar sehr präsent, ist aber nicht mehr das ganz prominente Thema. Vegane Joghurts gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, wie auch ein Zaziki auf Mandelmilchbasis. Beim Rennen um das Neuprodukt des Jahres ging sogar ein veganes Ghee aus Kakaobutter und Olivenöl an den Start.
Auf genügend Proteine scheint man vermehrt achten zu sollen, oder zu wollen. Jedenfalls ist dies ein Produktsegment, mit dem sich Käufer gewinnen lassen. Dabei helfen Mandelproteinpulver und Proteinaufstriche auf Hülsenfruchtbasis, genauer gesagt aus Soja mit Kokos-Mandel-, Kakao-Nuss- oder Pflaume-Zimt-Geschmack.
Karl von Koerber von der Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung e. V. stellte den Abschlussbericht seines SDG-Projektes Nachhaltige Ernährung vor. Hier geht es darum, wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs, sustainable development goals) durch Ernährung und das Ernährungssystem unterstützt und sogar erreicht werden können. Von Koerber kommentierte in seinem Vortrag, dass vegane Ernährung in diesem Sinn nicht besonders nachhaltig sei, also nicht wesentlich zum Klimawandel und zu einer gesunden Zukunft für Mensch und Erde beitrage, weil für die gesunde Zukunft und zum Binden von CO2 Grünland benötigt werde. Das Grünland muss von Tieren beweidet werden, am besten von Wiederkäuern. Wenn es biologisch gehaltene Tiere sind und keine importierten Futtermittel an sie verfüttert werden, kann sogar der Sonntagsbraten mit gutem Gewissen verzehrt werden. Eine interessante Facette innerhalb der zahlreichen Ergebnisse des Projektes.
Convenience-Produkte spielten ebenfalls eine Rolle auf der Messe und finden offenbar ihre Abnehmer – vielleicht sind Verbraucher_innen, die das Kochen nicht mehr gelernt haben oder wenig Zeit für die Zubereitung von gesunden, ökologischen Mahlzeiten haben, sogar froh darüber. Für sie gibt es die Currywurst in Soße aus dem Glas, eine in Estland zubereitete Hühnerbrühe oder die Rotweinsoße zum Aufwärmen fix und fertig aus dem Beutel. Extrem wird der Convenience-Grad beim Instanttee, der als Schwarz- bzw. Grüntee in Portionstütchen angepriesen wird.
Die vegetarischen Bällchen, die man früher Bratlinge nannte, gibt es in immer neuen Geschmacksvarianten wie zum Beispiel Hanf-Süsskartoffel.
Überhaupt findet man CBD Hanf (CBD (Cannabidiol), ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus der Hanfpflanze) als Tee oder auch dessen Öl für die Haut. Es ist zu vermuten, dass im nächsten Jahr CBD Hanfprodukte als Trend angeboten werden.
Bananenblüten im Glas oder in der Dose sollen wie Artischockenherzen schmecken, die soja- und glutenfrei Auslobung passt zum allgemeinen Trend; dabei könnte man sich allerdings fragen, woher Soja bei den Bananenblüten kommen sollte. Eine weitere Kuriosität sind die Nudeln aus gekeimtem Getreide, sie seien besonders vital.
Messestände, die leckere Dinge zum Verkosten anboten, waren wie immer gut besucht. Als Kontrast fand man auch andere Messestände, die an kleine weisse Boxen erinnerten: ein Tisch mit vier Stühlen drin und vielleicht an der Trennwand ein Firmenplakat aufgehängt, dazu ein Herr, der eifrig am Handy tippte und auf Kundschaft zu warten schien. Anbieter mit nur einem Produkt, wie zum Beispiel Aloe-vera-Blätter oder Olivenöl, erhoffen sich so Handelsbeziehungen von der Messe.
Es gab Besucher_innen, die Alkoholika wie Wodka, Whiskey oder Gin verkosteten und sich intensiv beraten liessen. Und solche, die die ruhige, helle Atmosphäre in der VIVANESS Halle, der Halle für Naturkosmetik, genossen.
Die VIVANESS, seit Jahren die kleine Schwester der BIOFACH, wird ebenfalls immer grösser. Hier wird zunehmend Wert auf zertifizierte Produkte gelegt. Der deutlichste Trend 2020 waren Seifen. Nicht nur schnöde Handseifen, sondern feste Shampoo-Seifen und Seifen für die Dusche. Seife mit Lavendel und Seife mit Blütenblättern dekoriert. Seife als Dreieck und Seife als Praliné. Auch Seife mit Kölsch, einem typischen Kölner Bier, ist im Angebot. Natürlich überzeugen Seifen die umwelt- und klimabewussten Verbraucher_innen, weil man einerseits in der Herstellung keine Emulgatoren, Konsistenzgeber und andere Hilfsstoffe braucht und weil andererseits leicht auf die Plastikverpackung verzichtet werden kann. Ein Start-up nennt sich und seine Seifen sogar Terrorists of beauty, denn die Blockseifen für Haar, Gesicht und Körper «verändern die Welt mit jeder Dusche».
Das Konferenzprogramm wird von Jahr zu Jahr vielfältiger und hochkarätiger. Für die Biofach und die VIVANESS finden jeweils separate Vorträge und Veranstaltungen statt. Zusätzlich gibt es Foren für den Fachhandel sowie Erlebniswelten für Wein, Olivenöl und Veganes mit Podiumsdiskussionen und auch Show-Cooking. Beim Treffpunkt Generation Zukunft werden ein Karrieretreff angeboten sowie ein Forschungspreis für die Biolebensmittelwirtschaft verliehen.
Das große Angebot an Produkten, die Vielfalt der Themen und die vielen Begegnungen und Gespräche, die immer wieder möglich sind, machen die Messe zu einem reichen Event, das man nicht missen möchte. Auch in dieser Hinsicht kann man sagen: «Bio wirkt», und denkt sich: «nach der Messe ist vor der Messe».
Jasmin Peschke
]]>«Was wir heute in manchen Einrichtungen sehen – leider immer wieder auch in Pflegeeinrichtungen – ist ein Trauerspiel, weil am Essen gespart wird», hat Jasmin Peschke beobachtet. Sie leitet den Fachbereich Ernährung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum. «Ernährung ist mehr, als etwas zu essen», sagt die promovierte Oecotrophologin. Es gehe um eine schmackhafte und abwechslungsreiche Verpflegung, um hochwertige Kost und schonende Zubereitung.
«Die Qualität unserer Lebensmittel hängt von vielen Faktoren ab: vom Saatgut, vom Boden, vom Anbau, vom Zeitpunkt der Ernte, von Lagerzeiten sowie von Verarbeitungsmethoden», so Jasmin Peschke. Daher haben mit ihr nun elf Expertinnen und Experten für Ernährung mit Erfahrungen in anthroposophisch orientierten Arbeitsfeldern öffentlich Stellung bezogen. Mit ihrer Charta für die Gemeinschaftsverpflegung setzen sie ein Zeichen für eine gesunde und gesundende Ernährung mit Genuss – gerade weil der Kochalltag in der Gemeinschaftsküche oft stressig ist.
Einer der Erstunterzeichner ist Heinz Fendrich. Der Küchenchef des Sonnenhofs Arlesheim, Schweiz, betont, dass auch Haltung und Stimmung, die beim Kochen gepflegt werden, zur Qualität der Speisen beitragen. Daher sind ihm und weiteren Küchenchefs und Ernährungswissenschaftlerinnen wichtig, dass Köchinnen und Köche sowie ihre Küchenhelferinnen und -helfer den Lebensmitteln achtsam begegnen und die Essensteilnehmenden einbeziehen – auch um Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Letztlich obliegt es allen, darauf zu achten, Mahlzeiten regelmäßig und rhythmisch zu verzehren. «Dazu gehört auch eine entspannte und bewusst gestaltete Atmosphäre beim Essen», hält die Charta fest.
«Eine Mahlzeit ist ein Gemeinschaftsprozess vor, während und nach der Aktivität in der Küche», fasst Jasmin Peschke zusammen.
Website: Fachbereich Ernährung
Charta für die Gemeinschaftsverpflegung:
PDF deutsch: Charta Gemeinschaftsverpflegung
PDF English: Charter Community Catering
PDF français: Charte de la restauration collective
PDF Italiano: Carta ristaurazione communita
Ansprechpartnerin Jasmin Peschke, jasmin.peschke @goetheanum.ch
]]>Während der vier Tage wurden verschiedene Facetten der spirituellen Orientierung und des geistigen Aspekts der biologisch-dynamischen Landwirtschaft erforscht und beleuchtet. Referent_innen aus den unterschiedlichsten Ländern, mit verschiedensten kulturellen und religiösen Hintergründen und Traditionen sprachen über ihre persönlichen Ansätze, teilten ihre praktischen Übungen und konkreten Ergebnisse mit den Zuhörern. Sie zeigten, wie die Integration der spirituellen Dimension helfen kann, die aktuelle Situation besser zu verstehen und den Herausforderungen der Zeit zu begegnen, und wie der Mensch sich dabei treu bleiben kann. Gleichzeitig gaben die Rednerinnen und Redner so einen Überblick über die Brücken, die die biologisch-dynamische Bewegung zu und mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen bauen kann.
Konkret ging es zum Beispiel um eine Annäherung an die «neue» Beziehung zum Anderen durch die Geometrie, um die Haltung, die uns zur Begegnung mit der Erde als lebendigem Wesen und mit den Wesen, die sie bewohnen, führen kann, um die Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen der Biodynamik und den traditionellen Kosmologien der Mapuche-Indianer und den Maoris sowie um die Rolle, die die biodynamische Landwirtschaft angesichts von Ausgrenzung und sozialer Gewalt spielen kann. All dies waren thematisch vielfältige und berührende Reden, die auf der persönlichen und gelebten Erfahrung der Redner gründeten.
An den Nachmittagen wurde mit den Open Spaces ein neues Begegnungsformat angeboten, das sehr gut angenommen wurde und den Teilnehmenden die Möglichkeit zum Austausch untereinander bot. Auch hier gab es abwechslungsreiche und vielseitige Beiträge, wie beispielsweise den Besuch eines Landkunstwerkes im Park. Ein Höhepunkt war der Flug einer Drohne auf der Wiese des Goetheanum – so wurde veranschaulicht, wie biodynamische Präparate auf grossen Flächen und in unwegsamem Gelände gespritzt werden können.
Die Kunst, die den Kongress als Botschafterin für das Geistige begleitete und umrahmte, reichte von musikalischen Improvisationen über Aufführungen bis zu künstlerischen Kursen. Darüber hinaus präsentierte Claudy Jongstra, eine international bekannte niederländische Künstlerin, die mit biologisch-dynamischer Wolle arbeitet, die einzigartige Installation Woven Skin.
Die Einweihung der neuen Biodynamic Federation Demeter International, die aus der Fusion der IBDA mit Demeter-International hervorgegangen ist, schloss die Landwirtschaftliche Tagung 2020 ab. Diese neue internationale Vereinigung bedeutet einen sehr wichtigen Schritt für die weltweite biodynamische und Demeter-Bewegung: Sie trägt zur gemeinsamen Entwicklung und zur Vereinheitlichung um die Werte der Biodynamik herum bei und bekräftigt das Engagement für soziale Fragen. Sowohl im Herzen dieser Initiative als auch auf dem gesamten Kongress war der Aufruf zu spüren, sich mit sich selbst und mit anderen zu verbinden, Brücken zu bauen und über das Bekannte hinaus gemeinsam für die Pflege der Erde und der Menschheit zu arbeiten.
]]>Tagungsreader zur Landwirtschaftliche Tagung 2020 Deutsch
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Ueli Hurter Die Landwirtschaft ist nie klimaneutral. Es gibt historische und aktuelle Beispiele, wo sie klima-aufbauend ist (Timbuktu Kollektiv, Landwirtschaftliche Tagung 2019), und es gibt viele Beispiele, wo sie klimaschädigend ist. Neu an der Situation 2019 ist «nur», dass wir ein globales Bewusstsein haben und auch die Daten verfügbar sind, um eine globale Klimabilanz zu erstellen. Wieso wirkt die Landwirtschaft so stark auf das Klima? Weil es ihr Wesen ist, das Untere mit dem Oberen und das Obere mit dem Unteren zu durchdringen. Die Inauguration der Landwirtschaft in der altpersischen Kultur bestand gerade darin, mit dem Pflug die Erde aufzureissen. Das war eine unerhörte Tat! Ein Griff in die dunklen Tiefen, ein Schritt in Ahrimans Reich. Aber das Obere, Licht und Wärme – persisch symbolisiert im Sonnenwesen Ahura Mazdao – konnte so eindringen in das Untere. Nahrung in einer Quantität und Qualität wuchs dadurch auf dem Acker und im Garten, die eine grossartige Etappe in der Menschheitsentwicklung ermöglichte: die Etappe der Sesshaftwerdung, auch bekannt als die neolithische Revolution. So wird der Mensch zum Erdenmenschen. Er ist jetzt nicht mehr «der herrliche Fremdling» (Novalis), sondern «er ist zur Bildung der Erde berufen» (Novalis). Seit dieser Zeit ist die Landwirtschaft als Grundlage der Sesshaftigkeit Chance und Gefahr zugleich für den Boden, das Wasser und die Atmosphäre. Was der IPCC-Report mit aktuellen Daten zeigt, nämlich, dass die Landwirtschaft ein Teil des Problems ist und auch gleichzeitig ein Teil der Lösung, stimmt auch aus einer Wesenserkenntnis der Landwirtschaft.
Wenn man einen Schritt weiter geht, wird deutlich, dass das «Untere», das sich dem «Oberen» erschliesst, im organischen Bereich insbesondere der Kohlenstoff und der Stickstoff sind. Tatsächlich sind CO2, CH4 und N2H die wichtigsten Klimagase. Sie bilden in der Troposphäre, 8.000 bis 18.000 Meter über dem festen Boden, einen Schirm (einen atmosphärischen Boden), der die von der Erde zurückgestrahlte Sonnenwärme reflektiert und wieder zur Erde zurücksendet (Treibhauseffekt). Die Folge ist ein globaler Anstieg der Wärme in der Atmosphäre. Durch verschiedene Rückkopplungseffekte wird dieser Prozess verstärkt und beschleunigt. Soweit die Atmosphärenphysik. Gibt es auch eine Atmosphärenbiologie? Oder gar eine Biodynamik der Atmosphäre?
Potenziale biologisch-dynamischer Landwirtschaft
LB Für die landwirtschaftliche Praxis können die Ergebnisse des Berichtes in zwei Extremen interpretiert werden. Wir können uns einem Wandel verwehren, diesen ignorieren und hoffen, dass nichts weiter passiert bzw. die gesammelten Wissenschaftler_innen sich doch geirrt haben. Das würde bedeuten, den Status quo aufrechtzuerhalten, keine Emissionen einzusparen und auf eine anpassungsfähige und technisch versierte Menschheit zu hoffen. Das andere Extrem wäre ein radikaler Wandel: ein Verzicht auf weitere Emissionen und ein schnelles Handeln. Der Sonderbericht spricht sich für einen schnellen Wandel aus und auch in unserer Gesellschaft scheint spätestens seit Greta Thunberg und den Fridays-for-Future-Demonstrationen der Wille, aktiv zu werden, angekommen zu sein.
Der Bericht betont zusätzlich, dass die Landwirtschaft schnellstmöglich eine Resilienz, eine Widerstandskraft, entwickeln muss. Dies erfordert vor allem von uns, die neuen, unvermeidbaren Bedingungen zu akzeptieren, sowie ein Vertrauen auf die eigene Handlungskompetenz, aus der Krise emporzuwachsen, zu entwickeln. Es bedeutet, den eigenen Hof gewissenhaft und regelmässig zu reflektieren, zu betrachten und rechtzeitig Anpassungen vorzunehmen. Dies erfordert ein geschultes Auge, Wissenszugang zu unterschiedlichen Handlungsoptionen und den Willen, der eigenen Realität ins Auge zu schauen. Betrachtet man nun ganz rational die Möglichkeiten, die die biodynamische Landwirtschaft für den Klimaschutz und die Resilienz bietet, erkennen wir, dass diese Form der Landwirtschaft:
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Weitere Informationen über das Projekt finden Sie unter:
Web: www.livingfarms.net
Facebook: Sektion.fuer.Landwirtschaft
Youtube: Sektion für Landwirtschaft
Instagram: @section_for_agriculture
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In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass, wenn wir in der EU 50 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen auf biologische und biodynamische Landwirtschaft umstellen, wir bis 2030 bis zu 30 Prozent der landwirtschaftlichen Emissionen einsparen bzw. kompensieren können. Gleichzeitig hat sich in Langzeitversuchen gezeigt, dass biologische und biodynamische Landwirtschaft mit Klimaschwankungen und -extremen besser umgehen kann. Die Ernteverluste fallen durch eine gute Bodenstruktur bei Extremwetterereignissen und Dürre geringer aus als bei konventionellen Betrieben. Parallel dazu sichert die von biodynamischen Höfen praktizierte Vielfalt auf dem Acker, in der Tierhaltung und in den Betriebszweigen diese ökonomisch ab. So bleiben die Menschen auf dem Betrieb auch in Zukunft handlungsfähiger. Wir haben somit in der Landwirtschaft die Möglichkeit, einen Weg einzuschlagen, der bereits vorhandene, praktizierte Potenziale aus der biodynamischen Landwirtschaft nutzt. Diese müssen je nach Ort und den Handlungsmöglichkeiten jedes Einzelnen betrachtet werden. In manchen Regionen oder Hofbereichen können Handlungen schneller erfolgen und effektiver sein als in anderen. So kann ich beim Betrachten meines Hofes erkennen, dass zum Beispiel eine Kompostierung oder das strategische Pflanzen von Bäumen und Hecken leichter umsetzbar sind und weniger Zeit benötigen als den Bodenhumus aufzubauen.
UHRudolf Steiner hat im «Landwirtschaftlichen Kurs» 1924 nicht in einer persischen Mysteriensprache gesprochen, sondern ist auf seine Zuhörer so weit eingegangen, dass er eine topaktuelle Agronomensprache verwendet hat. Er hat von Schwefel, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff gesprochen – genau den Stoffen, um die es heute auch geht. Der Kohlenstoff (C) ist derjenige, der im Organischen das Grundgerüst bildet. Ein Pflanzenwesen bildet sich seinen Leib aus Kohlenstoff. Es keimt, wächst, blüht, fruchtet und vergeht. Was übrig bleibt, sind der Same dieser spezifischen Pflanze und der Humus, der wie ein Universalsame ist. Der Kohlenstoff lebt dynamisch im Lebenszyklus in der Einzelpflanze, im ganzen Pflanzenbestand eines Ackers, in der ganzen Landschaft mit über hundertjährigen Zyklen, wenn man an die Bäume denkt. Wenn wir es schaffen, den Kohlenstoff in zyklischem Leben zu halten, dann sind wir nicht nur nicht klimaschädigend, sondern positives-Klima-schaffend. Beim Stickstoff ist es so, dass er es schwer hat, aus der Luft, wo er in atomarer Form als N2 s. o. massenhaft vorhanden ist, ins organische Leben zu kommen. Es muss ein Seelisches sich einen Leib bilden wollen, damit der Stickstoff eintritt ins irdische Leben. Das ist bei den Tieren der Fall und bei der Pflanzenfamilie der Leguminosen. Mit diesen zwei Quellen ist es gut möglich, den Stickstoff in genügender Qualität und Quantität im landwirtschaftlichen Betrieb zu haben. Der synthetisch und industriell hergestellte Stickstoffdünger – der leicht als Lachgas (N2H) s. o. in die Atmosphäre entweicht und dort 265-mal klimaschädlicher ist als CO2 – ist nicht nötig! Allerdings ist für ein betriebsinternes Stickstoffmanagement eine gewisse Tierhaltung, insbesondere mit Wiederkäuern nötig. Dieses Prinzip ist im biodynamischen Landbau eben bis in die Demeter-Richtlinien, die den Einbezug der Tiere zwingend vorschreiben, durchgeführt.
In der Praxis arbeitet man ja nicht mit den chemischen Stoffen, aber die Vorstellungen, die man von ihnen hat, sind sehr prägend für das Wie und Was in der Praxis. Mit dem oben skizzierten Wissen über die Stoffe als die Träger von Leben, Seele und Geist im Naturhaushalt arbeite ich anders, als wenn ich mir tote chemische Atome denke. Konsequenterweise ist im biodynamischen Landbau die Einheit, die einen geschlossenen lebendigen Stofffluss ermöglicht und tragen kann, die Grundeinheit, mit der wir praktisch arbeiten, und das ist der einzelne landwirtschaftliche Betrieb. Es ist geradezu eine «landwirtschaftliche Individualität», die im landwirtschaftlichen Organismus seinen Leib bildet. Alles Streben des Praktikers bezieht sich primär auf dieses Ganze und erst sekundär auf die einzelnen Betriebszweige, die im Sinne des Hoforganismus wie Organe angesehen werden können. Mit diesem Griff, immer aus dem Ganzen zu denken, zu fühlen und zu handeln, hat der Biodynamiker etwas von einem Träumer. Denn das Ganze ist ja konkret nicht greifbar, es muss vorgestellt bzw. imaginiert werden. Das kann zu erstaunlichen Handhabungen führen. Ich kam einmal auf einen Betrieb, der mit hoher Kälbersterblichkeit zu kämpfen hatte. Die Massnahme des Bauern war – neben anderem –, viele Hecken zu pflanzen. Da könnte man doch sagen, der ist ein Träumer oder er ist verrückt! Aber für ihn war klar, dass, wenn er die fehlenden Strukturkräfte, die bei seinen Kälbern den ruinösen Durchfall verursachen, stärken will, dann müssen sie mit Hecken in der Landschaft gefördert werden, damit sie über das Futter und die Milch der Mutter zu dem Kalb kommen. Ist das nicht wie ein atmosphärisches Arbeiten? Man geht mit einem Phänomen in der inneren Erwägung bis an die Peripherie und von dort kommt der Geistesblitz, der einen an einem ganz bestimmten Punkt, scheinbar weit weg von der Ursache, handeln lässt. Anders ausgedrückt: Biodynamik agiert immer aus der Peripherie, ist vom Ansatz her Klima-Landwirtschaft.
Die vorhandenen Potenziale sichtbar machen
LB Wenn wir nun wieder zurück auf das grosse Bild unseres derzeitigen Wandels kommen, stellt sich die Frage, wieso derzeit nicht (noch) mehr Höfe auf die biodynamische Landwirtschaft und klimafreundliche Landwirtschaft umsteigen. Für solch eine Umstellung bedarf es Wissen, Vorbilder und Handlungsoptionen. Jeder Hof ist individuell, einzigartig und besteht aus spezifischen Interaktionen zwischen Menschen, Tieren, Landschaft und der globalen Umwelt. Wollen wir nun konventionelle, biologische und biodynamische Höfe gleichermassen handlungsfähig machen, braucht es eben jenes Wissensportfolio, aus dem die für den eigenen Hof praktikablen und öko-sozial sinnvollen Lösungen geschöpft werden. Es braucht die Inspiration von Menschen, die bereits Lösungen umgesetzt haben, und die Bereitschaft dieser, die eigenen Erfahrungen mit anderen zu teilen. Dann können Höfe lokal handeln und gleichzeitig das Globale im Blick behalten.
Um diese Lücke zu schliessen, wurde ein neues Forschungsprojekt an der Sektion für Landwirtschaft gestartet. In dem Projekt «Living Farms: Potentiale biodynamischer Orte in Zeiten globalen Wandels» werden 15 bis 20 biodynamische Höfe weltweit besucht, erforscht und porträtiert. In Kurzvideos werden ihre Strategien, Gedanken und Handlungsoptionen sichtbar gemacht. So können die landwirtschaftliche Praxis, Beratung und auch die Konsument_innen einen Zugang zu dem weltweiten Repertoire an Möglichkeiten biodynamischer Orte bekommen. Dieser Zugang ermöglicht ein gemeinsames Wachsen an den Herausforderungen des globalen Wandels.
UHDer Klimawandel geht uns alle an. Er trifft uns alle. Er erfordert viele Einsichten, viele Prototypen, viele Lösungswege. Die Biodynamik ist nicht DIE Lösung. Sie kann einen Beitrag leisten. Denn wie wir gesehen haben, hat sie in ihrem Wesen den Blick und die Handlung vom Ganzen aufs Einzelne – und das ist ja der Ruf der Klimakrise: Die Erde ist ein Ganzes, die Erde ist ein Lebewesen und als solches will sie von uns Menschen behandelt werden. Unser Beitrag sind eigentlich unsere Höfe. Es sind nicht die Wissenschaft (Anthroposophie, «Landwirtschaftlicher Kurs») und auch nicht nur die (Demeter-)Produkte, die für viele inspirierend sein können. Aber wir denken, unsere Betriebe könnten für viele Menschen so wirken, dass man für das eigenes Tun inspiriert und ermutigt wird. Denn der Betrieb ist konkret, Boden, Pflanzen und Tiere sind tatsächlich da, die Menschen und die Menschengemeinschaft sind nicht idealiter gedacht, sondern mit 100 Prozent ihrer Schwierigkeiten Teil des Ganzen. Die Höfe sind auch soziale Labore, wo zum Beispiel neue Eigentumsformen erprobt werden. Höfe sind auch Lebensmittelwerkstätten, wo weder Fast Food noch Slow Food entsteht, sondern True Food. So wollen wir in aller Bescheidenheit unsere Betriebe zeigen. Damit man das auch in Nepal, auf den Philippinen und in Island sehen kann, verpacken wir diese Porträts in Videofilme. Damit sind wir wieder bei Ahriman, der Kreis schliesst sich, Landwirtschaft entsteht aus der Begegnungsdynamik von Sonne und Erde.
]]>Bringt die Suche nach Spiritualität Menschen in die Landwirtschaft?
Vor allem bei den jüngeren Menschen gibt es eine Sehnsucht nach dem Sinn, nach einer engeren Beziehung zu den Wesen, mit denen wir die Erde teilen. Gleichzeitig begegnet uns in der biodynamischen Ausbildung häufig die Frage: «Wie kann ich eine innere Kultur aufbauen?»
Wie müssen Höfe sein, dass junge Menschen gerne dort arbeiten wollen?
Kollegialität ist ein großes Thema, also die Art unserer Zusammenarbeit. Aber das bezieht sich auch auf das Verständnis der Wesen. Zum Beispiel in der Tierhaltung. Mechthild Knösel vom Hof in Regoldshausen sagt: «Ich kann das nicht aushalten, wenn die Kälber von der Mutterkuh weggenommen werden und schreien.» Dann findet sie einen Weg, wie die Kälber Schritt für Schritt von der Mutter entwöhnt werden. Es bedeutet, das Geistiges des Tieres ernst zu nehmen, sich in dessen Bedürfnisse hineinzuversetzen. Die Kuh schenkt uns alles, die Milch, den so wichtigen Dung für die Erde und am Ende ihres Lebens ihr Fleisch. Also sollten wir ihr Liebe schenken. Das ist ganz praktische Spiritualität. In den biologisch-dynamischen Präparaten gehen wir mit dem Löwenzahn um. Wenn ich mich nun mit dieser Pflanze beschäftige, sie studiere und so mit ihrem Wesen oder Archetypus vertraut werde, dann kann ich die Pflanze in all ihren Eigenschaften nicht nur besser verstehen, sondern auch anwenden. Nach einem feuchten verhangenen Frühling kommt mir innerlich das Bild vom Löwenzahn, dann kann diese Pflanze wie eine kleine Sonne im Boden viel bewirken.
Sich innerlich zu sortieren ist ein urbanes Lebensgefühl. Sind die Landwirte und Gärtnerinnen von heute also auch schon städtisch geworden in der Seele?
Ja und sie suchen wie sie sich wieder geistig mit der Natur verbinden können. Viele sehnen sich danach, wie man sich tagtäglich geistig schulen kann, bei der regelmäßigen Beobachtung des Wetters, wie es Rudolf Steiner im Vortrag zur praktischen Ausbildung des Denkens anregt, oder beim Beobachten einer Pflanze. Häufig fragen sie, wie man selbständig eine meditative Arbeit pflegen kann. Da geht es immer um die Frage, wann und wie man sich den Raum und die Zeit schaffen kann. An der Landwirtschaftlichen Tagung studieren wir jeweils die Michaelbriefe von Rudolf Steiner und sind hier beim vorletzten angekommen. Da schildert er, dass, wenn man nicht zur Bewusstseinsseele vordringt, also in der Verstandes- und Gemütsseele verbleibt, Verstand und Gemüt auseinanderfallen. Des Verstandes bemächtige sich Ahriman, während das Gemüt luziferisch wird. In der Landwirtschaft findet man diese zwei Gefahren: auf einer Seite, die Faszination der Technik mit der ‹Smart Agriculture›, die computerisierte Landwirtschaft, und auf der anderen die Sehnsucht nach der alten Zeit die sogar bis zu Ideen von Blut und Boden gehen kann.
In der Tagungsankündigung beschreibt ihr, dass Biodynamik jetzt weltweit Religionen und spirituellen Richtungen begegnet.
Unsere biologisch-dynamischen Landwirte waren überrascht, als sie in Indien die kleinen Demeter-Betriebe, die sogenannten ‹Small Holders›, besuchten. Sie benutzen die Präparate, arbeiten mit Kompost; aber wissen sie etwas von der Anthroposophie? Benita Shah, die im Land mit vielen anderen den biologisch-dynamischen Landbau organisiert, erklärte daraufhin, dass die Bauern hier gar keine Fragen hätten. Wie sie besser leben und Ackerbau betreiben könnten, das ist ihre Frage. Spiritualität haben sie genug, das braucht man ihnen nicht bringen. Der Kuhmist ist heilige Substanz! Da brauchen wir nichts zu erzählen. Später mag die Frage kommen, vielleicht auch nach Selbsterkenntnis. Aber jetzt geht es darum, zu überleben. Sie wollen einfach nur etwas besser leben, mit gesundem Essen und gutem Verkauf auf dem Markt.
Und wie sieht es im islamischen Kulturkreis aus?
Im arabischen Raum kenne ich Sekem gut. Ich habe dort an der Universität unterrichtet. Ich knüpfe die biologisch-dynamische Landwirtschaft dann gerne an die spirituelle Tradition an, denn sie sind stolz auf ihre kulturelle Vergangenheit. Also habe ich ein Bild der antiken ägyptischen Göttin Nun gezeigt, wie durch ihren Leib in der Nacht die Sonne zieht. Auch das ägyptische Bild des Skarabäuskäfers, der auf der Erde den Mist und im Himmel die Sonne voranrollt, behandle ich dann gerne. Wir bringen bei der Präparateherstellung den Mist in die Kuhhörner und die Kuh wurde im alten Ägypten als Hathor, als Himmelsgöttin, verehrt. Da ist es dann nicht mehr weit zum Hornmistpräparat des biologisch-dynamischen Landbaus.
Ich suche jeweils die örtliche Spiritualität, jedenfalls, was davon noch lebendig ist, und versuche sie mit unseren Erkenntnissen vom biologisch-dynamischen Landbau zu verbinden. In Südamerika ist die Erdgöttin Pachamama noch erstaunlich präsent. Die Erde ist ein Wesen und sie heißt Pachamama und aus diesem Wissen sagt mir dann ein peruanischer Landwirt: «Aha, deshalb nehmen wir nur Kuhhörner von weiblichen Kühen und nicht von Stieren, denn die Pachamama ist eine Mutter, die Erde ist eine weibliche Göttin.»
Wird man da zurückhaltend, die eigene Spiritualität zu bringen?
Es ist eine Gefahr, dass wir einfach die Anthroposophie in die Länder tragen und damit eine Art von kultureller Kolonisierung betreiben. Da gilt es gut aufzupassen, und doch kann man sich dabei ertappen, es besser wissen und ‹helfen› zu wollen. Das ist aber nicht das, was gefragt ist. Gefragt ist, dass aus der Begegnung, dem Austausch sich etwas entwickelt. Wenn du mit indischen Bauern im Seminar sitzt und zuhörst und sagst, das ist interessant, erzähl mir mehr von der Heiligkeit der Kuh, dann entsteht ein Gespräch, dann wird es interessant. Da muss man dann nicht viel reden, weil man sich geistig begegnet. Da geschieht etwas auf einer universellen Ebene.
Ein anderes Beispiel: die Hawthorne Farm von Rachel Schneider nördlich von New York. Sie haben sich gesagt, wir produzieren biologisch-dynamische Produkte und die besserverdienenden New Yorker kaufen sie, aber nicht die Bewohner der nahen Stadt Hudson mit ihren tiefen Einkommen. Rachel hat dann mit ihrem Team vom Hof mit den Menschen von Hudson zwei Jahre Gespräche geführt. «Wollt ihr gute Nahrung?», fragte sie und entdeckte, dass die Hispanos und Ärmsten der Armen (es sind oft die Schwarzen), eine gute Ernährungskultur besaßen. Sie kochen gut und gerne, aber der Weg mit dem Bus zum Bioladen ist zu weit und es ist zu teuer. «Wie können wir es möglich machen?», das wurde zur gemeinsamen Frage und sie haben es dahin gebracht, dass sie nun einen Lastwagen als mobiles Geschäft haben mit drei unterschiedlichen Preisen für jedes Produkt. Wenn du an die Kasse kommst, dann sagst du, wie hoch dein Jahresverdienst ist, und wenn du arm bist, zahlst du den grünen Preis, wenn du ein höheres Gehalt hast, dann zahlst du den roten Preis. Die Kasse speichert deinen Namen, sodass das nächste Mal klar ist, welcher Preis für dich gilt. Für den Vertrieb konnten sie dann Mitarbeitende aus dem Armenviertel anstellen. Es geht nicht um Almosen, sondern um Gerechtigkeit und Kooperation. Dieser Aspekt wird an der Tagung vertreten sein, dass Spiritualität in der Landwirtschaft bedeutet, Ökologie und soziale Gerechtigkeit zu verbinden, damit jedes seine Menschenwürde finden kann.
Und die innere Seite der Spiritualität, die nicht sogleich auf die Anwendung zielt?
Das ist das Wunderbare, dass wir eine praktische Seite haben und eine innere. Nehmen wir den Klimawandel: Zur äußeren Seite gehört, dass am Fibl-Institut in der Schweiz nachgewiesen wurde, dass die CO2-Emission eines biologisch-dynamisch arbeitenden Hofes nur halb so hoch ist wie in der konventionellen Landwirtschaft. Das gelingt, indem auf dem Hof mit Heckenpflanzung und Grünflächen und Baumpflanzung ein Mikroklima mit CO2-Bindung entsteht. So fängt man viel CO2 auf. Umgekehrt muss man wissen dass die Herstellung von Ammoniak, das vor allem in der Landwirtschaft für den Kunstdünger gebraucht wird, ein bis drei Prozent des weltweiten Energiebedarfs benötigt. Das ist viel und wird wenig erwähnt. Das ist die ganz konkrete Ebene. Zur geistigen Ebene gehört dann beispielsweise die Frage, wie wir unser Verhältnis zur Sonne entwickeln. Das möchte an unserer Jahrestagung im Februar Ann Cecila Grün darstellen. Auf der physischen Ebene haben wir die Tendenz, zu sagen, dass die Sonne zu viel Licht und Wärme schickt. Durch ihre Fähigkeit geistiger Beobachtung liegt Grün jetzt viel daran, auch die Beziehung zur seelischen und geistigen Sonne besser zu verstehen.
Nun gibt es einen interessanten Hinweis von Rudolf Steiner. Wir gestalten ja heute die Landschaft so, dass wir die Elemente voneinander trennen, wie heute üblich durch Flussbegradigung, sodass Wasser und Erde sich nicht mehr begegnen, oder durch Flächenversiegelung durch Beton, sodass Luft und Erde nicht mehr zusammenkommen. Das machen wir seit 100 Jahren mit der Landwirtschaft, dass wir so die Elemente voneinander separieren. Rudolf Steiner beschreibt nun, dass, wenn die Elemente sich nicht mehr begegnen, sie in den Einfluss Ahrimans kämen, ‹verrückt› würden. Das ist das, was wir heute erleben! Was ich dabei so spannend finde bei unserem Bemühen um einen landwirtschaftlichen Organismus, ist, ständig die Elemente in Beziehung zu bringen. Du hast einen Teich auf den Hof, du hast das Wasser nicht in geschlossenen Röhren, sondern lässt es an der Oberfläche fließen, du lässt die Luft mit der Erde spielen, indem du Wiesen und Hecken anlegst. So sind die Elemente im Gespräch miteinander. Alles, was wir auf dem Hof unternehmen, sollte dem Gespräch der Elemente dienen. Das gilt besonders für die Präparate. Baldrian repräsentiert Wärme und bringt tatsächlich Wärme in den Boden, während Schafgarbe vielmehr die Kälte, die Erfrischung unterstützt. Mit den Präparaten können wir die Elemente ausgleichen und regulieren. Es ist ein schönes Beispiel für das, was Anthroposophie leistet. Geistige Forschung, die dann unmittelbar praktisch wird und die man auch nachvollziehen kann, wenn man unbefangen denken und schauen kann. Ein Boden eines Maisfeldes, dicht gepflanzt in Monokultur, der nicht mehr atmen kann, das tut mir physisch weh. Man spürt es, dass der Austausch zwischen Himmel und Erde, zwischen Luft, Wasser, Wärme und Erde fehlt. Hier leisten wir viel mit der biologisch-dynamischen Landwirtschaft.
Tagung: Wege zum Geistigen in der Landwirtschaft
Artikel erschienen in "Das Goetheanum" Ausgabe 50 · 13. Dezember 2019
]]>«In meiner Ausbildung begegne ich Menschen, die in der Landwirtschaft ein sinnerfülltes Tätigkeitsfeld sehen.» So Jean-Michel Florin. Er ist Ausbilder im Bereich biodynamischer Landwirtschaft und Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum. Die Erwartung ist insofern erstaunlich, als die Wirklichkeit der Landwirtschaft anders aussieht: «Ein Landwirt, eine Landwirtin muss zahlreiche Auflagen beachten, Maschinen einsetzen und mit Computersystemen arbeiten – damit wird die konkrete Beziehung zum Boden, zur Pflanze, zum Tier und zum Mitmenschen überdeckt.» Jean-Michel Florins Ansatz ist es, nach Quellen von Erneuerungskräften zu suchen, und zwar durch den Blick auf das Wesenhafte und die Vorgänge in der Natur als Wirkungen geistiger Kräfte.
«Die Menschen in meiner Ausbildung möchten Fähigkeiten in sich entwickeln, um ihr Handeln nicht (allein) von äußeren Einflüssen steuern zu lassen», so Jean-Michel Florin. Auf seinen Reisen nach Asien und Südamerika ist ihm zudem aufgefallen, dass Menschen dankbar sind, wenn sie die Verbindung zu den spirituellen Traditionen ihrer Kultur neu impulsieren können. «Die biodynamische Methode hilft dabei, Leben und Geistiges zu erschließen.» Durch die Begegnung der biodynamischen Methode mit diesem Erfahrungsschatz lassen sich, so die Hoffnung, Lösungsansätze auch für ökologische Herausforderungen wie Klimawandel, Verlust der Biodiversität und Rückgang der Bodenfruchtbarkeit entwickeln.
Um die eigenen Erfahrungen zu erweitern, Methoden für neue Wahrnehmungsfähigkeiten zu entwickeln und von konkreten Umsetzungen zu erfahren, hat die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum Menschen mit verschiedenen Ansätzen aus vielen Kontinenten eingeladen. Denn durch das Kennenlernen, Ausprobieren und Partizipieren an den Erfahrungen anderer erweitert sich der Handlungsrahmen und bekommt die Arbeit in der Landwirtschaft Sinn.
Tagung Wege zum Geistigen in der Landwirtschaft, 5. bis 8. Februar 2020, Goetheanum, Dornach, Schweiz Simultanübersetzungen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch
Web www.sektion-landwirtschaft.org/lwt/2020
Das Programm liess ausserdem genügend Platz für intensiven Erfahrungsaustausch und Vernetzung, was eines der Hauptanliegen der Teilnehmenden war. Zudem konnte in den fünf Arbeitsgruppen vertieft an aktuellen Themen gearbeitet werden und gemeinsam Visionen oder konkrete Aktionen für die Zukunft erarbeitet werden. Dabei war nicht immer nur der Inhalt, sondern auch die Methodik oder der Weg, das Ziel.
Wir wünschen den Teilnehmenden einerseits weiterhin Inspiration und ewiges Lernen, andererseits die Gabe, Orte und Atmosphären – für sich und die Studierenden – zu schaffen, damit sich die individuellen Potenziale entfalten können. Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme! Wir werden die Outputs der Tagung für Sie zeitnah aufzubereiten!
Einige Eindrücke zur Tagung hier: https://photos.app.goo.gl/5tsFN88DjT2cPYoQA
]]>Die Lage der Landwirtschaft ist kritisch. Die Vereinten Nation schätzen, dass nur noch 60 Jahre lang ein fruchtbarer Boden gewährleistet ist. Auf den Feldern, in den Läden und in Küchen suchen indes Menschen nach Auswegen. Ein Ansatz dabei ist die biodynamische Landwirtschaft. Sie verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz aus jahrzehntelanger Praxis.
«Wir wollen durch Wissen zum Handeln ermächtigen», sagt Lin Bautze, Projektleiterin des Forschungsprojekts ‹Living Farms› in der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum. «Die Bio-Szene setzt sich sehr für die Zukunft der Erde und ihrer Lebewesen ein.» Der Aufbau von Bodenfruchtbarkeit, eine bodengebundene Tierhaltung, Praktiken in Pflanzenzüchtung und Gemüseanbau, Vernetzungen in der Wertschöpfungskette, Ernährungswerkstätten um einen Hof und weitere Ideen werden bereits im biodynamischen Landbau umgesetzt. Doch auch er kämpft mit Klimawandel und extremen Witterungsschwankungen. Die Sektion für Landwirtschaft hofft, dass mit der Zusammenstellung von Praxisbeispielen aus verschiedenen Klimazonen Anregungen für eine nachhaltige Landwirtschaft hervorgehen. «Wenn sich Wege aufzeigen, die gut umsetzbar und schnell erlernbar sind, haben wir unser Ziel erreicht», sagt Lin Bautze.
Mit ‹Living Farms› erschließt ein Team der Sektion für Landwirtschaft bis Februar 2022 die Erfahrungen von bis zu 20 biodynamischen Höfen. Es führt halbstrukturierte-leitfadenorientierte Tiefeninterviews über Motivation, Strategie und Handlungsoptionen. Neben Betriebsgröße und Wirtschaftlichkeit geht es auch um persönliche Aspekte. Die Ergebnisse werden in Kurzvideos und einer Buchpublikation dargestellt. Der Goetheanum-Gartenpark ist der erste Betrieb, der besucht und in einem Kurzvideo vorgestellt worden ist.
(2057 Zeichen/SJ)
Info und Videos Living Farms: Potentiale biodynamischer Orte in Zeiten globalen Wandels Web
Ansprechpartnerin Lin Bautze, lin.bautze @goetheanum.ch
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Kontakt: Dr. Jasmin Peschke, Fachbereich Ernährung, nutrition @goetheanum.ch
]]>Pressemeldung weiter lesen
]]>Heutzutage müssen wir nicht mehr traditionellen Essgewohnheiten oder aus der Herkunftsfamilie Vertrautem folgen. In vielen – leider bei Weitem nicht allen – Breitengraden sind wir sogar von Missernten unabhängig geworden. Insofern können wir über unsere tägliche Ernährung selbst entscheiden.
Es ist sogar wichtig, dass wir unsere eigene Urteilsfähigkeit gemäß unseren eigenen Werten entwickeln. Doch dadurch erschöpft sich nicht ein geistiger Schulungsweg. Denn: Freiheit gibt es nicht auf Kosten von anderen Menschen. Solange Menschen durch mein Tun zu Schaden kommen, gibt es keinen Fortschritt.
Erstes Ziel ist es, die Dinge zu durchschauen. Wenn ich beispielsweise jeden Tag ein Steak esse und der Gier nach möglichst billigen Preisen unterliege – welche Art von Tierhaltung bejahe ich auf diese Weise? Ich bejahe Folgen wie nitratbelastetes Trinkwasser, umweltschädigende Emissionen, Ausweitung des Gensoja-Anbaus mit Rodung der Regenwälder in Brasilien.
Ich nehme also wahr, was ich esse, wie es erzeugt wurde und ob der Landwirt ein gesundes Auskommen hat. Vor mir erscheint das Bild von der Biografie eines Lebensmittels. Daraus ergibt sich eine Handlungsoption. Denn auf dem Dreischritt Erkennen, Urteilen, Handeln basiert der wirklich eigene Weg in Freiheit und als Gestalter meines individuellen Lebens.
Nebenbei entsteht dadurch auch Gesundheit. Denn mein Handeln ist nun auf eine gesunde Zukunft von Boden, Pflanzen, Tieren und Erde mit den Menschen, die darauf leben und wirtschaften, ausgerichtet.
Die Überlegungen hier lagen Jasmin Peschkes Impuls-Referat bei der Sommertagung ‹Spiritualität – Angst und Gesundheit› am Goetheanum zugrunde.
]]>Eine Lösung, um die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern, ist die Biodynamische Landwirtschaft. Es müssen dementsprechend viel mehr Landwirte biodynamische Methoden erlernen, um widerstandsfähige Betriebsorganismen zu bilden. Im November treffen sich in Dornach Lehrer und Berater für den biodynamischen Landbau, um ihre Erfahrungen auszutauschen und das Angebot an Kursen und Ausbildungen zu erweitern.
Einer unserer großartigen Lehrer, Alex Podolinsky, hat die Schwelle in eine andere Realität überschritten. Wir sind allen Pionieren dankbar, die den biodynamischen Ansatz weiterentwickelt haben.
Christoph Simpfendörfer
Download Internationaler Newletter Biodynamisch weltweit - August 2019
]]>Biodynamische Landwirtschaft trägt zur Grundversorgung der Menschen mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln bei. Von Anfang an verband biodynamische Landwirtschaft die Praxis mit Forschung, etwa seit 1946 beim Forschungsring (DE). Heute werden beispielsweise am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (CH) und an der Universität Kassel (DE) Aspekte der biodynamischen Methode wissenschaftlich untersucht. Im September 2018 kamen auf Einladung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum – eine der Koordinationsstellen für biodynamischen Landbau – rund 180 Forscherinnen und Forscher sowie Landwirte zur ersten internationalen Tagung zur biodynamischen Forschung ans Goetheanum. Die rund 100 Präsentationen und Poster gaben einen Überblick über die aktuelle biodynamische Forschung und liegen nun in Form von Zusammenfassungen schriftlich auf Englisch vor.
Zu den Ergebnissen gehören Arbeiten, die darauf hinweisen, dass durch biodynamische Verfahren mehr Kohlenstoff im Boden gebunden wird als durch andere Formen der Landwirtschaft und sie somit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Im Bereich des Tierwohls beschreibt ein Leitfaden Vorschläge für muttergebundene Kälberaufzucht in der Milchkuhhaltung. Ueli Hurter, einer der Leiter der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum, betont, dass Forschung mehr als das Erzeugen von Wissen ist. Es brauche eine Forschungskultur, die sowohl datenorientiert als auch lebensbezogen arbeitet, die Perspektive fühlender Lebewesen berücksichtigt und Wirklichkeit produktiv gestaltet.
Broschüre Evolving Agriculture an Food. Opening up Biodynamic Research. September 5th to 8th September 2018. Conference Contributions. Thematic Areas Soil, plants and preparations, Agriculture, farm organism and environment, Food quality, Nutrition and health, The role of animals in biodynamic agriculture, Biodynamics and society, Research Methods and Biodynamics Onlinewww.sektion-landwirtschaft.org/en/thematic-areas/research/research-2018
Ansprechpartnerin
Verena Wahl, Tel. +41 61 706 42 11, verena.wahl @goetheanum.ch
Tagungsdokumentation 2019 (deutsch) PDF
Conference Report 2019 (English) PDF
Documentation du Congrès 2019 (français) PDF
Documentación de las jornadas 2019 (español) PDF
Relatório da Conferência Agrícola 2019 (Português) PDF
Für Druckversionen der Dokumentation schreiben Sie uns gerne ein E-Mail: landwirtschaft @goetheanum.ch
]]>This booklet contains most of the abstracts of the papers and posters presented at the conference by over 100 researchers from all over the world.
Our warm thanks go to all the authors and reviewers, the programme committee, the organisation team and partners, as well as the conference participants and sponsors. The conference would not have been possible without the cooperation of all these people.
]]>Soziale Werte sind wesentlicher Bestandteil unseres Selbstverständnisses in der Biodynamischen Bewegung. Dies zeigen viele unserer Partner auf ihren Höfen und in ihren Betrieben. Dass wir neben der Vorbildfunktion vieler unserer Mitglieder aber auch in allen anderen Betrieben soziale Mindestbedingungen garantieren wollen, wird Gegenstand unserer Arbeit auf der diesjährigen Mitgliederversammlung von Demeter-International sein.
Ich wünsche Ihnen eine gute Hand bei der Gestaltung der Beziehungen in Ihren Betrieben und auf Ihren Höfen.
Christoph Simpfendörfer
Download Internationaler Newletter Biodynamisch weltweit - April 2019
]]>Ueli Hurter, seitens der Goetheanum-Leitung zuständig für die Goetheanum-Tochter, ergänzt: «Über die Ökobilanz hinaus haben wir einen umfassenderen Anspruch an Nachhaltigkeit. Beispielsweise wollen wir guten Demeter-Kaffee in einem hochwertigen Gefäß anbieten.»
Die Bohnen stammen von den Kaffeemachern, Münchenstein, Schweiz. Sie sind Partner einer Demeter-Farm in Marcala, Honduras. Dort haben sie eine Fläche von zwei Hektaren extra für das Goetheanum eingerichtet. Ueli Hurter: «Wir stehen mit den Kaffeeproduzenten direkt in Kontakt – gemäß dem Motto ‹Weltweit, aber nicht anonym›.» Damit die Qualität voll zur Geltung kommt, wird der Kaffee bei kleineren Tagungen für jeden Gast mit einem Kaffeevollautomaten frisch zubereitet.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Ökobilanz – im Sinne eines aktiven Qualitätsmanagements – sind geplant.
Zur Vital-Speisehaus AG mit 50 MItarbeitenden gehören das Vollwertrestaurant, die Cafeteria, die Bäckerei und der Catering-Betrieb für Tagungen am Goetheanum. Außerdem gibt es einen Biolebensmittelladen und eine Boutique.
Zuerst erscheinen unter:
]]>Pflanzen ernähren Tiere und Menschen. Damit ist alles höhere Leben auf der Erde an das Saatgut gekoppelt. Saatgut ist also erstens ein gemeinsames Kulturerbe. Zweitens können wir Pflanzen züchten, was eine individuelle Leistung ist. Drittens kann Saatgut auch gehandelt werden. Es stecken im Saatgut also Kultur-, Rechts- und Wirtschaftsgut. Man kann damit ein Geschäft machen, wie es die Saatgutindustrie mit Gentech, Patenten und Monopolen tut. Oder man kann versuchen, ein modernes Gemeingut-Management aufzubauen.
Wie kommen Züchter und Bauer zusammen?
Das einfachste Modell ist eine Partnerschaft zwischen Züchter und Bauer/Gärtner. So hat man es in biodynamischen Kreisen bis jetzt gemacht. Doch damit können wir die Züchtung nicht finanzieren und entwickeln. Die weiteren Stufen der Wertschöpfungskette – am Beispiel Getreide: der Müller, der Bäcker, der Verkäufer und der Konsument – müssen einbezogen werden.
Wer sind hier die Arbeitspartner?
Einerseits die Getreidezüchtung Peter Kunz und der Fonds für Kulturpflanzen-Entwicklung. Andererseits sind wir bestrebt, in der Diversität der Standpunkte in der Szene einen neutralen Platz einzunehmen und zu moderieren. Die Studie ‹Saatgut – Gemeingut› ist ein Beitrag zur Weiterentwicklung.
Was trägt die biodynamische Forschung bei?
Die Züchtung ist das Paradepferd der biodynamischen Forschung. Vor 30 Jahren war nichts und heute kann ich in der Schweiz fast vollständig biodynamisches Saatgut bestellen. Die Züchtung ist rein biodynamisch, es gibt keine vergleichbare Biozüchtung. Es ist die Inspiration des anthroposophischen Welt- und Menschenbildes, gepaart mit viel Mut und Unternehmertum, die diese Praxisforschung ermöglicht hat und weiter ermöglicht.
Aus
Das Goetheanum 2019/12
Im Moment gibt es nur acht demeterzertifizierte Höfe, aber das Interesse ist weit grösser, gerade wegen Fragen der Umwelt- und Lebensmittelqualität. Auch die Zukunft der Erde ist ein Aspekt, der für Chinesen sehr relevant ist. Ihre Initiativkraft erstaunt mich immer wieder. Der Weg von der Idee zur Handlung ist in China sehr kurz. 2018 wurde der ‹Landwirtschaftliche Kurs› auf Chinesisch übersetzt, mit 5000 Exemplaren gedruckt und mehrere Waldorfschulen erhielten es gratis. Jetzt arbeitet man an der Übersetzung der Bienenvorträge.
Spielen kulturelle Unterschiede eine Rolle bei der Verbreitung von Demeter weltweit?
In der Biodynamik sind Wiederkäuer beispielsweise sehr wichtig, kommen aber in China kulturell und traditionell weniger vor. Wie kann da die biodynamische Landwirtschaft angepasst werden? Das ist eine Forschungsfrage.
Auch in Bezug auf die sozialen Aspekte vom Land-Wirtschaften bringt jedes Land andere Voraussetzungen mit. In China gehört der Boden dem Staat. Wir können nicht hingehen und sagen, sie sollen Land freikaufen. Die Initiativen dafür müssen aus der jeweiligen Kultur selbst erwachsen. Durch eine internationale Vernetzung kann man voneinander lernen.
Worauf muss man verzichten, um zu einer nachhaltigen Land-Wirtschaft zu kommen?
Viele Chinesen verzichten sehr bereitwillig, weil sie einsehen, dass es besser für die Welt ist. Ihre Umweltproblematik ist auch durch unser ‹Billigkonsumbedürfnis› verursacht und damit auch unser Problem. Vielleicht muss man auf einen kleinen Teil seiner ‹Aufmerksamkeit auf sich selbst› verzichten, diese freigeben für andere Menschen und für die Natur.
Das Gespräch führte Gilda Rhien.
]]>Erschienen in "Das Goetheanum" 2019/3-4
]]>Die Natur ist die Lebensgrundlage des Menschen. Die Wirtschaft schafft aus den Naturgütern Mehrwerte. Im Bereich der Lebensmittel sind diese existenziell, bei industriell verwerteten Rohstoffen sind sie ein Beitrag für den Wohlstand. Die biodynamische Landwirtschaft hat den Anspruch, die natürlichen Produktionsmittel Boden, Pflanzen und Tiere im Produktionsprozess insgesamt zu erhalten und hinsichtlich Lebendigkeit, Fruchtbarkeit und Produktionskraft zu verbessern. In einem industriellen Betrieb ist das so nicht möglich – die Produktionsmittel nutzen sich ab und müssen abgeschrieben werden.
Das Wirtschaftsfeld Landwirtschaft ist also geeignet, Modelle für eine nachhaltige und assoziative Wirtschaft zu entwickeln und umzusetzen. Bezugspunkt ist die Ertragskraft des fruchtbaren Bodens. In einer Assoziation wirken alle Partner der Wertschöpfungskette – Produktion, Verarbeitung, Groß- und Einzelhandel, Konsument – zusammen. Sie verschaffen sich ein gemeinsames Bewusstsein für ihre Aufgaben, bewerten die Marktlage hinsichtlich Warenmengen, Preisgestaltung und Nachfrage und regeln auf diesen Grundlagen Qualität, Menge und Preis. Sie befassen sich auch mit Fragen des Eigentums am Boden, mit Investitionskrediten und mit der Finanzierung von Züchtung und Forschung. Weitere Umsetzungen finden sich in regionalen assoziativen Zonen, Wirtschaftsgemeinschaften von Konsumenten und Höfen (solidarische Landwirtschaft) sowie in Konzepten wie Food Systems und True Cost Accounting.
]]>Working conditions
The course was supported throughout by Prof. Dr. Yousri Hashem (President of Heliopolis University for Sustainable Development ) and Angela Hofmann (Director of the SEKEM farm). Thanks to the enthusiastic help of the team of farm department leaders it was possible to hold most of the course on the main Sekem farm. Students travelled regularly from Heliopolis University to Belbeis by bus. Seven working days were spent completely and without interruption with the subject, four days were spent on the campus of Heliopolis University.
It was a fruitful interdisciplinary collaboration between international experts, university and farm leaders and local staff to create a space were a holistic teaching approach was put into practice without disturbance from the ordinary schedule and routines of the University.
We were very grateful for this preliminary preparation.
Programme
The programme covered the first steps, focussing on the soil-plant-farm unity as a fundamental unit for sustainable farming operations worldwide:
Teaching methods
The main goal of the course was to bring the theoretical knowledge from the first semester into a relationship with agricultural practice.
Besides short introductory and descriptive contributions, the students were introduced to “Goethanistic” observation of soil, plant and farm phenomena.
The results were shared and discussed continuously and brought together in deepening exchanges.
We made sure that we started at the students’ level, given their diverse knowledge and language skills.
Results
Conclusions
Thanks
We would like to convey our thanks for the great support of Heliopolis University, Prof. Yousri Hashem and Omar Eldahan, and in Sekem Helmy Abouleish, Angela Hofmann and the whole team.
Reto Ingold, Dornach, January 2019
]]>]]>
um uns über die Probleme und Lösungsmöglichkeiten auszutauschen (per e-mail, in englischer Sprache).
Valeriana officinalis kommt nur schwer zur Blüte in tropischen und subtropischen Ländern. Die Familie der Baldriangewächse (Valerianaceae) umfasst weltweit ca. 250 Arten. Davon sind besonders viele (ca. 100) nur in den Gebirgen Mittel- und Südamerikas heimisch. Nur ca. 10 Arten wachsen im alpinen Europa, andere im südlichen Himalaya (Indien ca. 15 Arten) oder China (ca. 15 Arten). Gibt es unter diesen Arten wichtige traditionelle Heilpflanzen oder andere besonders charakteristische Pflanzen? Gibt es schon Erfahrungen mit dem Einsatz von anderen Baldrianarten? In Exkursionen sollen andere Pflanzen aus der Verwandtschaft erforscht werden. Auch die anderen Präparatepflanzen und deren Verwandtschaft wollen wir uns später anschauen, da, wo es Probleme gibt (z.B. Quercus) und in Zusammenarbeit mit lokalen Experten Lösungen zum Anbau suchen.
Wir wollen Expertengespräche zu den einzelnen Präparatepflanzen durchführen. Ein erstes ist im Mai 2019 in Dornach zum Baldrian und Baldrianpräparat geplant.
Die Ergebnisse der Exkursionen, Versuche und Expertengespräche zu den einzelnen Präparatepflanzen und deren Alternativen sollen in Heftform zusammengefasst werden und so auch weiteren Interessierten zur Weiterarbeit zur Verfügung gestellt werden.
Wenn Sie Interesse zur Mitarbeit im Netzwerk haben, melden Sie sich bitte an über e-mail: <link internal link in current>juergen.momsen@t-online.de
]]>2018 haben die Biodynamic Association, Demeter USA und das Josephine Porter Institute gemeinsam an einem Zukunftsbild für die Zukunft biodynamischer Landwirtschaft in den USA gearbeitet, für die das Interesse zurzeit stark zunimmt.
Mehr als 800 Menschen haben dabei in Schwerpunktgruppen, in einer Umfrage und an einem Führungsgipfel versucht, die Herausforderungen und Chancen zu identifizieren, denen sich die biodynamische Bewegung gegenübersieht, und zu erspüren, worauf sich die Energie jetzt und in den nächsten Jahren richten sollte, um bestmöglich zusammenzuarbeiten und den Impuls zu stärken. In diesem laufenden Prozess sind Schlüsselthemen aufgetaucht: der Ausbau der Landwirtschaftsausbildung, das Nähren und Vertiefen der Verbindung zur Anthroposophie, das Verständnis und die Umsetzung sozialer Gerechtigkeit, die Stärkung der Zertifizierung, die Verbesserung der Erziehung und Kommunikation über biodynamische Landwirtschaft und die Pflege von Integrität, Vertrauen und Verbundenheit innerhalb der Gemeinschaft. Das vollständige lebendige Bild der Vision und vieles andere wird auf der ‹North American Biodynamic Conference› vom 14. bis 18. November in Portland, Oregon, vorgestellt.
In den USA kennt die biodynamische Landwirtschaft aktuell einen deutlichen Zuwachs. Die Mitgliederzahlen der Biodynamic Association sind auf 1300 gestiegen, die jüngste Tagung der Gesellschaft zog 800 Teilnehmende an und es entstehen jedes Jahr neue Beziehungen zu Biokonferenzen im ganzen Land, die Workshops oder Redner über biologisch-dynamische Landwirtschaft in Anspruch nehmen wollen. Auf dem ganzen US-Markt ist das Demeter-Siegel immer stärker vertreten, es zeigt sich dafür ein steigender Bedarf bei Verbrauchern und Produzenten. Dabei nimmt Demeter-Wein einen großen Anteil in der derzeitigen Zertifizierung ein, aber es gibt auch große wie kleine Höfe, die sich auf Gemüse, Molkerei, Getreide, Früchte und anderes konzentrieren. Eine wachsende Anzahl von landesweiten Marken haben in der letzten Zeit biodynamische Produkte vermarktet, viele weitere sind im Entstehen. Eine große Herausforderung ist aber, dafür ausreichend biodynamische Inhaltsstoffe aus dem eigenen Land zu bekommen. Deshalb werden nun in der Zusammenarbeit kreative Lösungen gesucht, wie der biodynamische Anbau ausgebaut werden und die hohe Integrität und Qualität erhalten bleiben kann.
Thea Maria Carlson
Erschienen in "Das Goetheanum" 19. Oktober 2018
Am Anfang stand bei mir die Suche nach einem geeigneten Mittel, um Lehrlingen der Landwirtschaft die verschiedenen Ebenen der Landschaft nahezubringen. Wenn man beispielsweise ein Panorama von einer Anhöhe aus betrachtet, ist dabei die erste Erfahrung, dass die Landschaft als eine Einheit erscheint. Sobald man feiner beobachtet, treten aus dieser anfänglichen Einheit allerdings lauter Einzelheiten hervor und der Zusammenhang droht verloren zu gehen.
Für Landwirte ist es zunächst schwierig, die eigene Landschaft zu betrachten, weil man dazu einen gewissen Abstand gewinnen muss. Man arbeitet mit der Erde und ist deshalb so sehr ein Teil dieser Landschaft, dass man sie beinahe nicht sieht. Der umgekehrte Fall gilt für viele der übrigen Menschen: Für sie erscheint die Landschaft als etwas Äußeres, das man auf einer Ansichtskarte betrachten kann, aber nicht als die konkrete Umgebung, in der man lebt und arbeitet. So entsteht in beiden Fällen keine echte Beziehung zur irdischen Umgebung. Ich bin elsässischen Bauern begegnet, die als ihre Landschaft die Vogesen im Hintergrund verstanden haben und nicht die Ebene, in der sie lebten und wohnten. Die blaue Linie der Berge war ihre Landschaft – was sie vor Augen hatten, war der landwirtschaftliche Betrieb, das war ein Produktionsmittel. Ob ich die Landschaft überhaupt wahrnehme, hängt von der eigenen Anschauungsweise ab.
Eine weitere Schwierigkeit, die Landschaft wahrzunehmen, kommt von der Gewohnheit, alles mit einem ‹Gegenstandsbewusstsein› zu beobachten. Selbst wenn man sich einer Pflanze angemessen zuwenden will, herrscht allzu oft dieses reduzierte Schauen vor. Man geht üblicherweise mit einer Pflanze so um, als sei sie ein Gegenstand, und meint, man habe eine geschlossene Gestalt in ihrer Ganzheit vor sich. Sobald man nachsetzt und auf die Suche nach der Natur der Pflanze geht, merkt man, dass man so dem Baum oder dem Gras nicht gerecht wird. Eine Pflanze zeigt sich nie vollständig, es fehlen immer einige Organe, die entweder schon verfault sind oder sich erst später entwickeln. Die Pflanze hat keine geschlossene Gestalt in der Zeit, sie entwickelt und verwandelt sich fortwährend. Bezüglich der Landschaft gilt diese Einschränkung noch viel mehr, weil man weder im zeitlichen Verlauf noch im Augenblick eine geschlossene Ganzheit vor sich hat. Entsprechend findet man in der Landschaftsplanung feine und differenzierte Beschreibungen und Analysen all der Einzelheiten, aber was fehlt, ist die Ganzheit, die erst die Atmosphäre, die Stimmung eines Ortes ausmacht. Wie kann man also mit all den gesammelten Fakten und Einzelheiten zur anfangs erlebten Ganzheit zurückfinden? Jochen Bockemühl, der sich umfangreich dieser Frage gewidmet hat, kommt zu drei Arten ganzheitlicher Zusammenhänge in der Landschaft:
Um die Landwirte an das Leben der Landschaft heranzuführen, habe ich verschiedene Maler der vorletzten Jahrhundertwende zu Hilfe genommen. In ihren Bildern und schriftlichen Äußerungen zeigen sie Wege auf, die Landschaft in ihrer ganzen Tiefe und Qualität kennenzulernen. Dabei lohnt es sich, die Geschichte der Landschaftsmalerei zu skizzieren: In Europa erscheinen die ersten Landschaftsabbildungen in der Kunst erst am Ende des Mittelalters, wenn man von Landschaftsreproduktionen wie im römischen Pompeij absieht. Die ersten Bilder entstehen in Italien mit dem Beginn der Stadtkultur, der beginnenden Emanzipation des Menschen aus der Natur. Im 18. Jahrhundert erreicht die Landschaftsmalerei dann vor allem in den Niederlanden einen ersten Höhepunkt und hundert Jahre später erfolgt mit Millet, Courbet und der Schule von Barbizon, die später von den Impressionisten Pissarro, Monet oder Sisley weiterverfolgt wurde, eine interessante Wende. Cézanne und van Gogh haben sich dem Thema ‹Mensch und Natur› besonders gewidmet. Es sind Maler, die hinaus in die Natur gehen, um sie auf die Leinwand zu bannen. Dabei ist interessant, dass Cézanne beinahe der letzte Landschaftsmaler ist, danach folgt der Kubismus. Natur und Landschaft verschwinden nach dem Ersten Weltkrieg fast vollständig aus den Bildern, mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel Pierre Bonnard.
Doch wie vermögen nun die Maler zu helfen, einen Zugang zur Landschaft zu finden? Das gelingt vor allem, weil sie kein zweckmäßiges, utilitaristisches Interesse an der Landschaft leitet; sie möchten nur die Natur entdecken. Rainer Maria Rilke beschreibt das genau: «… während die anderen, die die verlorene Natur nicht lassen wollen, ihr nachgehen und nun versuchen, bewusst und mit Aufwendung eines gesammelten Willens ihr wieder so nahe zu kommen, wie sie ihr, ohne es recht zu wissen, in der Kindheit waren. Man begreift, dass diese letzteren Künstler sind.» (Rilke, ‹Worpswede›, 1987) Die Voraussetzung ist also, die Landschaft mit offenen Augen, einem Künstler gleich, zu beobachten. Wer beim Besuch einer Kunstausstellung sich in die Gemälde vertieft, erlebt, wie man durch die Bilder eine andere Anschauungsweise kennenlernt. So durch die Kunst inspiriert, kann man die Landschaft mit den Augen Pissarros, Monets oder Cézannes anschauen. Jeder Gegenstand, jedes Wesen in der Natur besitzt viele Aspekte, die sich nie vollständig zeigen können: Farbe, Struktur, Ton, Gestalt. Der Künstler kann in seinem Bild einen von diesen Aspekten herausnehmen, um ihn voll auszudrücken. (Vgl. Steiner, ‹Kunst und Kunsterkenntnis›, Dornach 1923)
Pissarro, der Vater des Impressionismus, sagt genau, was die Landschaft für ihn ist: «Wenn ich ein Bild zu malen anfange, so ist der Zusammenklang das Erste, was ich zu erfassen versuche. Zwischen diesem Himmel und dieser Erde und diesem Wasser gibt es notwendigerweise einen Zusammenklang. Das große Problem, das man lösen muss, ist, alles, sogar die kleinsten Einzelheiten des Bildes, in die Harmonie der Ganzheit, das heißt des Zusammenklangs zu bringen.» (Pissarro, 1903) Tatsächlich tritt in Pissarros Bildern nichts hervor; was er erfassen will, ist der Raum oder die Beziehung zwischen den Details, das, was dazwischen ist. Das ist die erste Qualität, die man üben kann: zu versuchen, zwischen die Dinge zu schauen und auf deren Beziehungen aufmerksam zu werden.
Monet, ein Schüler Pissarros, geht weiter: Er malt Landschaften, die gar nicht mehr als eigentliche Landschaften erscheinen. Was ihn besonders interessiert, ist, die Wirkung des Lichtes des Umkreises zu erfassen, «den Augenblick einzufangen, mit dem alles umgebenden gleichmäßigen Licht». (Wildenstein, 1996) Um seine Betrachtung zu vertiefen, führt er eine neue Methode ein: er malt Serien. Immer wieder malt er den gleichen Gegenstand, wobei ihn dieser nur so lange interessiert, wie er das Licht zurückwirft – zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten. Die Heuschober und die Kathedrale von Rouen sind die bekanntesten dieser Serien. Mit Monet lernt man, dass es wichtig ist, als zweite Aufgabe gewissermaßen, die Landschaft sehr genau, aber global zu verschiedenen Zeiten zu beobachten, um aufmerksam zu werden, wie sie sich ständig ändert. Üblicherweise schaut man viel statischer, als die Landschaft tatsächlich ist. Wenn man allerdings nur diese Betrachtungsweise übt, verweilt man in einer Bilderwelt, in der das Spezifische, das Feste des Standorts, verloren zu gehen droht. Es scheint Monet selbst so gegangen zu sein.
Auch Cézanne ist ein Schüler Pissarros, arbeitet aber in anderer Weise und lässt andere Aspekte sichtbar werden. Paul Cézanne sucht das, was die Landschaft einmalig macht. Wenn man seine Bilder betrachtet, beeindruckt die Stimmung von Ewigkeit, während Monet den Augenblick einfängt. Sogar die Äpfel Cézannes scheinen ewig auf der Schale zu liegen. Rainer Maria Rilke, der von Cézanne sehr beeindruckt war, schreibt in einem Brief an Clara Rilke (9. Okt. 1907): «Das Überzeugende, die Dingwerdung, die durch sein eigenes Erlebnis an dem Gegenstand bis ins Unzerstörbare hineingesteigerte Wirklichkeit, das war es, was ihm die Absicht seiner innersten Arbeit schien.» Durch diese Suche nach der Ewigkeit und Einmaligkeit der Landschaft mit den berühmten Bildern des Berges Sainte-Victoire bei Aix-en-Provence gewinnt Cézanne ein tiefes Verhältnis zur Landschaft und findet diese in sich wieder: «Die Landschaft spiegelt sich, vermenschlicht sich, denkt sich in mir. Ich objektiviere sie, projektiere sie, halte sie fest auf meiner Leinwand.» Und weiter: «Die Natur ist im Innern. Was wir Qualität, Licht, Farbe, Tiefe nennen, ist nur vorhanden, weil sie ein Echo in unserem Körper erwecken, der sie empfängt. Die Dinge finden in uns eine innerliche Verwandtschaft.» (Musée d´Orsay, 1998) Cézanne ruft dazu auf, die Landschaft nicht nur als ein Äußeres zu beobachten, sondern sich innerlich mit ihr zu verbinden. So findet man unter vielen Aspekten auch das Spezifische der Landschaft. Wie ist das möglich? Es lohnt sich, mit dieser Frage im Kopf die Bilder von Cézanne zu betrachten. Er zeigt, wie man über die Sinneswahrnehmung über Jahre eine tiefe moralische Beziehung zu einer Landschaft aufbauen kann. «Die über die Welt verteilte moralische Kraft, das ist vielleicht nur das Streben, wieder Sonne zu werden», schreibt er (Musée d´Orsay, 1998).
Wenn man die Malerei Cézannes von 1860 bis 1910 betrachtet, kann man entdecken, wie dieser Maler von einer kalten Malerei, in der die Gegenstände leblos, von kaltem äußerem Licht beleuchtet erscheinen, langsam zu einer Malerei übergeht, in der die Natur von innen scheint, von innerem Licht und innerer Dichte erfüllt ist. Cézanne sucht das innere Dauerhafte der Natur.
Es lohnt sich, van Gogh mit dem Maler Jean-François Millet zu vergleichen. Van Gogh sah in Millet seinen Vater. In seinen Bildern ist zu sehen, dass er noch in der Folge der klassischen Kunst die Landschaft von außen malte. Die Menschen scheinen noch von der Landschaft getragen zu sein, sind mit ihr eins, beleuchtet von einem Licht aus dem Umkreis. Millet in einem Brief an Thoré: «Ich möchte, dass die Wesen, welche ich darstelle, aussehen, als ob sie ganz in ihrer Lage aufgingen, und dass es unmöglich ist, zu denken, dass ihnen der Gedanke kommen könnte, etwas anderes zu sein.» (Musée d´Orsay, 1998)
Bei van Gogh hat eine Umkehrung stattgefunden. Wie Millet hat er sich vollständig dem Land und seinen Bauern gewidmet: «Auf dem Land spricht alles klarer, hängt alles zusammen, erklärt sich alles. In einer großen Stadt versteht man nichts, wen man müde ist, und fühlt sich wie verloren.» Van Gogh empfindet, wie die Zusammenhänge der Natur, der Landschaft regenerieren. Am Anfang seines Schaffens sind seine Bauern auf den düsteren Bildern Menschen, die sich von der Kraft der Arbeit gebeugt zur Erde neigen. Später, besonders nach der Entdeckung des Lichtes Südfrankreichs, malt er alles, Landschaft, Menschen und Pflanzen, wie von einem inneren Licht durchdrungen.
Er sucht das Keimhafte, Sonnenhafte in der Erde, im Stroh, im Samen. Sein Leben lang versucht er, den Sämann nach der Vorlage von Millet zu malen. Er ist für ihn das Symbol der Arbeit des Menschen mit der Natur für die Zukunft. Van Gogh hat ein tief religiöses Verhältnis zur Natur und sucht, wie die Sonne als ein geistiges Wesen in allen Dingen bis in die Substanz hinein wirkt und erscheint. Er malt die Sonne auf seinen Bildern, was naturalistisch gar nicht möglich ist, direkt als Kraftzentrum.
Bei van Gogh ist die Erfahrung der Landschaft mit dem Tod verbunden. Er sieht eine Entsprechung zwischen der Landschaft auf Erden für die Lebenden und in den Himmelskörpern für die Toten. In Briefen an seinen Bruder beschreibt er es so: «Was mich betrifft, erkläre ich, dass ich nichts darüber weiß, aber wenn ich die Sterne anschaue, bringen sie mich zum Träumen, gerade so einfach, wie ich über die schwarzen Punkte für Städte und Dörfer auf einer Landkarte träume. Warum, frage ich mich, sollten die leuchtenden Punkte am Himmel nicht ebenso zugänglich sein wie die schwarzen Punkte auf der Karte von Frankreich? Genauso wie wir den Zug nehmen, um nach Tarascon oder Rouen zu kommen, so nehmen wir den Tod, um auf einen Stern zu gelangen.» (Otto, 1983) Was van Gogh sagt, ist, dass die Landschaft mit dem ganzen Menschen verbunden ist, sogar über den Tod hinaus.
Dieser skizzierte Weg geht von der Sinneswahrnehmung der Landschaft über den Aufbau einer Beziehung zur Landschaft und endet bei den Menschen selbst. Heute umfasst unser Bewusstsein die ganze Erde, man erfährt ständig Nachrichten aus aller Welt, man ist ‹verbunden› durch alle technischen Mittel. Aber nimmt man sich die Zeit, eine persönliche Beziehung mit seiner Landschaft aufzubauen? Die Maler der vorletzten Jahrhundertwende zeigen uns den Weg dahin.
Dieser Text ist entnommen dem Buch ‹Landscape – our Home›, ‹Lebensraum Landschaft›, herausgegeben von Bas Pedroli, Stuttgart 2000.
Zuletzt erschienen in "Das Goetheanum" vom 12.10.2018
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Die biodynamische Landwirtschaft zählt zu den Pionieren im ökologischen Landbau: Neue Gemüse- und Getreidesorten werden gezüchtet (Sativa Rheinau; Bingenheimer Saatgut), Verfahren zur Bewertung der Lebensmittelqualität werden praktiziert (Kupferchloridkristallisation), und die Bodenfruchtbarkeit wird durch Einsatz von Kompost und biodynamischen Präparaten verbessert. Auch werden Vorschläge zu neuen Formen des Landbesitzes entwickelt.
Von Anfang an verband biodynamische Landwirtschaft die Praxis mit Forschung. Eines der aktuellen Forschungsprojekte zielte auf die Verbesserung des Tierwohls. Es gehört zu den berührendsten Momenten, wenn die Mutterkuh von seinem Kalb getrennt wird. Mechthild Knösel vom Hof Rengoldshausen (DE), Anet Spengler Neff vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (CH) und Silvia Ivemeyer von der Universität Kassel (DE) suchten nach einer Lösung und entwickelten unter anderem einen Leitfaden, der auch von konventionellen Landwirten nachgefragt wird. Daniel Kusche von der Universität Kassel (DE) zeigte, dass Milch aus biodynamischer Tierhaltung einen höheren Grad an Verträglichkeit bietet als bei Erzeugung durch andere Ansätze. In einem Feldversuch in Indien war messbar, dass durch biodynamische Landwirtschaft mehr Kohlenstoffdioxid als durch andere Ansätze im Boden gebunden und somit ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.
In 100 Beiträgen wurde den 180 Teilnehmenden bei der ersten internationalen Tagung zu biodynamischer Forschung von 5. bis 8. September am Goetheanum von den an Höfen und Hochschulen geleisteten Arbeiten berichtet. Jean-Michel Florin, Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum: «Die biodynamische Forschung arbeitet mit wissenschaftlichen Methoden und ist offen für neue Ansätze. Wir brauchen neben einer Nachweis- auch eine Entwicklungsforschung, um an den konkreten Fragen der Landwirte anzuknüpfen.»
]]>Braun statt grün: Auch wenn die Abkühlung nun kommt, selbst aus 400 km Höhe von der ISS-Raumstation ist die Dürre in Mitteleuropa nicht zu übersehen. Der Anfang eines Hitzewandels oder nur ein klimatischer Ausrutscher? Am stärksten betroffen ist auf jeden Fall die Landwirtschaft. Ein Gespräch mit Ueli Hurter, Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft.
Bis jetzt kommen wir dieses Jahr mit einem blauen Auge davon. Zwei Sommergewitter brachten uns einmal 3 mm und einmal 17 mm Niederschlag. Gewitterzüge haben die Tendenz, in einem Jahr die gleichen Wege zu gehen. Letztes Jahr teilte sich die Gewitterfront über dem Kamm des Juragebirges, sodass wir trocken blieben. Die Sorge jetzt war unbegründet, dieses Jahr ging der Regen bei uns herunter. Dass wir letztes Jahr unter einer Trockenperiode litten, hat uns außerdem seelisch ‹trainiert›, die schwierigen Wetterbedingungen zu nehmen, wie sie sind. Dieses Jahr hat es in der Schweiz vor allem den Osten getroffen. Dort sind die Felder extrem trocken. In St. Gallen zum Beispiel gab es das letzte Mal 1870 so wenig Niederschläge. Auch die Temperatur hat längst den Jahrhundertsommer 2003 überstiegen, und der Pegel des Bodensees ist 80 cm unter Normalstand. Das sind ‹nur› die Zahlen.
Die aktuelle Dürre ist auf jeden Fall ein gesamteuropäisches Problem, wenn wir jetzt beispielsweise einmal von den schweren Waldbränden in Kalifornien absehen. Mein Kollege Jean-Michel Florin und ich sind ja weltweit auf biologisch-dynamischen Höfen unterwegs, und da erkundigen wir uns natürlich überall, wie es klimatisch steht. Unausgeglichene Wettersituationen nehmen überall zu, sei es zu viel Regen oder zu wenig, oder seien es häufige Stürme. Da gehört die Dürre dazu. Es sind jetzt drei Faktoren zusammengekommen: Über Wochen gab es keinen Niederschlag, eine anhaltende Hitze von über 30 Grad und dazu auszehrende Winde. Erst in diesem Verbund von Trockenheit, Hitze und Wind bildet sich diese extreme Dürre. Ich war kürzlich in Tampere, Finnland. Dort weht ein Wind, der sich lange über dem Land austrocknet. Eines von vielen Beispielen. Noch Witterung oder schon Klima – das ist immer schwer zu sagen. Ich beobachte jedenfalls, dass wir seit der Saison 2013 extreme Jahre haben und das Wetter nicht zur Ruhe kommt. Denken wir nur an den extremen Frost im April 2017. Das treibt die Bauern und Gärtnerinnen natürlich um. Die Natur, das Wetter, all das, was seine gewohnte Werkstatt ist, das wird zur Hexenküche. Seit 20 Jahren oder spätestens mit dem aufrüttelnden vierten Bericht des Weltklimarates 2007 ist das Thema des Klimawandels in der Öffentlichkeit präsent. Seit ein paar Jahren beginnen wir zu verstehen, dass es schon immer Klimawandel gab. Stabile Zeiten waren die Ausnahme – aber nun sind wir Menschen mit die Verursacher. Wir sprechen von einem Anthropozän. Wir wollen unser Leben ja in die Hand nehmen, aber wir sehen die Folgen. Wir werden unsicher über uns selbst und sind noch weit entfernt, als Menschheit das Steuer herumzudrehen.
Es trifft alle, die mit dem Land arbeiten, also auch biologisch-dynamisch arbeitende Gärtner oder Bäuerinnen. Ich habe noch kein umfassendes Bild gewinnen können. Im Herbst treffen sich die weltweiten Vertreter des biologisch-dynamischen Landbaus, dann werden wir es genauer wissen. Zum biologisch-dynamischen Landbau gehört ja, dass die Futtererzeugung auf dem Hof stattfindet. Das gehört zum Kern unseres Verständnisses einer naturgemäßen Landwirtschaft. Nun ist von der Dürre vor allem die Weidewirtschaft betroffen, also die Futterproduktion. Es gab dieses Jahr Ende Februar, Anfang März einen sehr späten Kälteeinbruch. Dann kam ein nass-kühler März, sodass wir die Tiere erst spät auf die Weiden lassen konnten. Sie mussten lange mit Heu gefüttert werden. Das geht an die Reserven, die nun für den kommenden Winter fehlen. Nun rechnen alle mit einer Futterknappheit, und das bedeutet auch, die Herden anzupassen. Entsprechend sind die Schlachthöfe in der Schweiz jetzt schon am Anschlag. Ein konventionell-industriell arbeitender Landwirt kauft sein Futter ja zu, er hat wenige eigene Anbauflächen. Allerdings wird der Futterkauf nun wegen der europaweiten Dürre sicher auch schwieriger. Zugleich gilt das Gegenteil: Weil wir als biologisch-dynamische Betriebe breit aufgestellt sind und vom Getreide über Gemüse bis zu Milch und Käse alles machen, sind wir weniger anfällig für extreme Wetterlagen. Es gibt ja Bereiche wie den Weinbau, für den eine solche Trockenheit gar nicht schlecht ist. Die Rebe kommt damit ganz gut klar. Die Trauben haben hohen Zuckergehalt. Auch für das Obst sieht es mit etwas Bewässerung ganz gut aus. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft ist also weniger betroffen und auch mehr betroffen.
Mit der Natur zu arbeiten heißt ja auch, mit ihren Widrigkeiten umgehen zu können. Es ist unser Ziel, die Böden und alle Kulturen so zu pflegen, zu entwickeln und zu düngen, dass die Widerstandskraft, die Resilienz, größer wird. Das hat aber Grenzen. Wir können keine Wunder bewirken, auch wenn es manchmal erstaunliche Berichte gibt. Wir können keiner Dürre trotzen. Deshalb hat jetzt beispielsweise Demeter Schweiz den Zukauf von Futter erweitert, um den Betrieben zu helfen und zugleich das Gütesiegel ‹Demeter› aufrechtzuerhalten. Die Betriebe dürfen jetzt 35 Prozent des Grundfutters von anderen Biobetrieben ohne Ausnahmebewilligung zukaufen und 10 Prozent mit Ausnahmebewilligung von konventionell arbeitenden Betrieben im Inland.
Nach einer nass-kalten ersten Frühlingshälfte hatten wir ab Mitte April eine Phase, in der die Natur blühte wie selten zuvor. Es war ein Fest! Das dürfen wir nicht vergessen. Auf meinen Reisen, beispielsweise in Lettland und Litauen, die dieses Jahr ganz extrem unter der Trockenheit leiden, war ich erstaunt, von den biodynamisch arbeitenden Kollegen keine Klagen zu hören. Tatsächlich, die Anthroposophie hilft uns, unsere Tätigkeit in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Es gibt dann auch eine seelische Resilienz. Hier liegt die Aufgabe der Sektion: an unserem partnerschaftlichen Verhältnis zur Natur, zum Planeten Erde weiterbauen.
Das Gespräch führte Wolfgang Held
Erschienen unter dem Titel "Der Dürre kann niemand trotzen" in "Das Goetheanum" 2018/33-34
Für die Sektion für Landwirtschaft
Ueli Hurter & Jean-Michel Florin
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Tagungsdokumentation 2018 (deutsch) PDF
Conference Report 2018 (english) PDF
Documentation du Congrès 2018 (français) PDF
Documentación de las jornadas 2018 (español) PDF
Relatório da Conferência Agrícola 2018 (Português) PDF
Für Druckversionen der Dokumentation schreiben Sie uns gerne ein E-Mail: landwirtschaft @goetheanum.ch
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Hier ist das Interview vollständig zu lesen: <link https: dasgoetheanum.com schwerpunkte das-blatt-wendet-sich _blank internal link in current>Schwerpunkt in "Das Goetheanum" vom 16. März 2018
]]>Fünfzehn Blicke auf Orte und Menschen der Präparateherstellung präsentiert dieses auf einer Studie beruhende Buch, und damit sowohl einen Erfahrungsschatz als auch Aspekte zur Diskussion und Weiterentwicklung der biodynamischen Präparatepraxis. Nicht zuletzt helfen die persönlichen Antworten und Beispiele beim Verständnis der biodynamischen Präparate und ihrer sozialen Verankerung.
Verlag Lebendige Erde
Paperback
364 Seiten
im Buchhandel erhältlich
ISBN: 978-3-941232-15-0
Inzwischen hat die Landwirtschaftliche Tagung 2018 hier am Goetheanum mit mehr als 900 Teilnehmer aus über 45 Länder stattgefunden. Einige indische Freunde waren auch dabei und haben Vorträge und Beiträge in Workshops und Foren gegeben.
Wir wünschen Ihnen nun eine spannende Lektüre.
Ihre Sektion für Landwirtschaft
Jean-Michel Florin
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]]>Bevor wir entscheiden, einen solchen Eingriff vorzunehmen, sollten wir uns bewusst machen, was das Horn für die Kuh bedeutet.
Diese Broschüre fasst Grundlagenkenntnisse und Beobachtungen zusammen, die zur Klärung offener Fragen beitragen können.
Broschüre Die Bedeutung der Hörner für die Kuh
Herausgegeben von: Demeter e.V., Verein für biologisch-dynamische Landwirtschaft, Bioland Beratung GmbH und Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)
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