Tagungsdokumentation 2015 (deutsch) PDF
Conference Report 2015 (english) PDF
Documentation du Congrès 2015 (français) PDF
Documentación de las jornadas 2015 (español) PDF
Tagungsbericht
von Wolfgang Held
700 Landwirte von biologisch-dynamisch arbeitenden Höfen, Produzenten und Händlern aus 37 Nationen kamen von 4.-7. Februar am Goetheanum zur internationalen Jahreskonferenz der biologisch-dynamischen Bewegung zusammen, um sich unter dem Titel: „Wie gehen wir würdig mit den Tieren in die Zukunft?“ über eine ethische und ökonomisch tragfähige Tierhaltung auszutauschen.
In der industriellen Massentierhaltung wird das Tier zum Objekt und verliert seine Würde. Das bringt die Nutztierhaltung prinzipiell in Verruf. Aber für eine ganzheitliche Landwirtschaft dürfen Schwein, Rind und Huhn auf dem Hof nicht fehlen, ist die tausendjährige Partnerschaft von Tier und Mensch auch künftig ein hohes Gut. Von einem Projekt in Äthiopien wo Kühe auf Rosenanbauflächen der biologischen Kosmetik gehalten werden, über weidende Herden in Zimbabwe, um die Wüstenbildung zurückzudrängen bis zu modernen Freilaufställen für Kühe in der Schweiz reichten die Berichte über artgerechten Umgang mit Nutztieren. Das Verhältnis von Mensch und Tier wurde auf den drei Ebenen der menschlichen Psyche untersucht:
1. Erkenntnis: Eine wesensgemässe Tierhaltung bedeutet das Tier in seiner Einseitigkeit und Vollkommenheit zu verstehen.
2. Empfindung: Tiere rühren das Gefühl und Mitgefühl, aber erst ein geschultes Empfindungs-vermögen vermag ohne Sentimentalität zu erkennen, was Kuh, Schwein oder Huhn braucht.
3. Handlung: Anders als in der menschlichen Begegnung, trifft man selbst beim Säugetier nicht auf eine eigenständige Persönlichkeit. Will man dem Tier verantwortungsvoll, d.h.„menschlich“ begegnen, gelingt eine Partnerschaft mit dem Tier erst, wenn man sich dabei selbst begegnet. Eine Landwirtin: „Der Mensch zähmt die Tiere und die Tiere zähmen uns Menschen.“
Die Ethik des Schlachtens wurde zur zentralen Frage der Jahrestagung. Die Teilnehmenden waren sich darin einig, dass Geburt und Tod der Tiere möglichst nah am Hof geschehen sollte und die Tiere nicht einer Maschinerie übergeben werden, sondern ihre Halterin, ihren Halter an ihrer Seite wissen. Devon Strong, Farmer aus Kalifornien/USA regte an, in Anlehnung der traditionellen kultur- und religionspezifischen Rituale, hier zeitgemässe Formen des „Abschieds“ zu finden. Ähnlich wie in der Erziehung, so Ueli Hurter, Coleiter der Sektion für Landwirtschaft, sei hier etwas zentrales verloren gegangen. Es gehört zu den intimen Entdeckungen einer spirituell orientierten Tierhaltung, das ein Schlachten in Respekt vor dem Wesen des Tieres sowohl für die menschliche, als auch tierische Würde Bedeutung haben.
Für die weitere Entwicklung der biologisch-dynamischen Tierhaltung entwickelte die Tagung folgende Arbeitslinien:
Wesensgemässe Tierhaltung verlangt hohen Arbeitseinsatz und bringt keinen wirtschaftlichen Gewinn. Aber Tiere gehören in die Landwirtschaft, ihr Dung macht Kunstdünger überflüssig, nur durch sie wird eine Landschaft „beseelt“. Deshalb wollen die Höfe, mit den Kunden soziale Räume schaffen, um eine nachhaltige Tierhaltung weiter auszubauen. Hier haben interessanterweise auch Gärtnereien und Parkbetreiber hohes Interesse. Die Tiere bringen somit den Menschen nicht nur zu sich selbst, sondern vermögen auch menschliche Gemeinschaft zu initiieren.