Unsere Erde – ein globaler „Garten“?
Die Pflege einer aktiven Beziehung zur Natur
Der Garten als individualisierter Ort
Wie ich als Mensch, braucht jedes Lebendige, um sich gesund zu entwickeln, eine Hülle, um sich von der äusseren Welt zu begrenzen ohne sich abzugrenzen. Dies ist ein Urbild des Gartens. Ein „Garten“ im weiteren Sinn ist ein Erdenort mit dem ich mich spezifisch und persönlich verbinde, wo ich intensiv arbeite, pflege, beobachte, erlebe und geniesse. Ein Ort, wo wir durch eine ständige und treue Aktivität gestalten, wo wir die verschiedenen Elemente und Wesen intensiv in Beziehung setzten: Erde, Wasser, Luft, Wärme, Pflanzen und Tiere. Dadurch wird Evolution, Entwicklung ermöglicht.
In der Mitte der gärtnerischen Tätigkeit, sei es im Balkonkasten, im Gemüse-garten, im Obstgarten, Weingarten, Zuchtgarten, Landschaftsgarten oder auf den Höfen steht die Pflanzenwelt, die Tieren und Menschen eine Lebens-grundlage gibt. Dies gilt genauso für die Erwerbsgärtnereien, Bauernhöfe und Farmen. In allen diesen „Orten“ geht es darum, einen „geschlossenen“, individualisierten Standort als Gegenpol zu den vielen „Nicht-Orten“, wie riesige Monokulturen, Flughäfen, Autobahnen usw. zu schaffen. Aus dieser Vogel-Perspektive ist jeder vielfältige Hof ein „Garten“. Wie können wir diesen gärtnerischen Aspekt in unseren Höfen und Gärten in unserer Reichweite verstärken? Kann er einerseits die Resilienz und die Anpassungsfähigkeit verstärken und andererseits die Fruchtbarkeit und die Qualität verbessern? Wie kann man diese individualisierten Orte vermehren und diesen Prozess weiterent-wickeln, um dadurch Evolution, Entwicklung im Kontext des Hofes zu fördern?
Ein Lebendiges bleibt auch immer im Mass: es gibt kein unendliches Wachstum. Wie kann eine Landwirtschaft mit menschlichem Mass betrieben werden? Bis wann kann ich meinen Garten, Betrieb, Park verantwortlich begleiten, bzw. durchdringen? Ist Wachstum und immer mehr Mechanisierung zwingend? Gibt es gelungene Beispiele der Intensivierung nach innen statt nach aussen?
Der Garten als seelische Nahrung
Diese äussere Seite der gärtnerischen Tätigkeit hat auch ihre innere Entsprechung. Indem der Mensch die Natur äusserlich in Pflege nimmt, nimmt er auch seine inneren „wilden“ Kräfte in die Pflege. Dazu ist für viele Menschen und v.a. für Jugendliche die „gärtnerische“ Arbeit eine einmalige Möglichkeit, sich zu erden. Wie können wir heute diese Möglichkeiten der inneren Kultivierung (Selbsterziehung, Pädagogik, Pflege, Therapie) für uns nutzen und unseren Mitmenschen bereitstellen? Es gibt Initiativen von Schulgärten sowie von Heil-Gärten in Krankenhäusern, Heimen usw., die von diesem Potential zeugen. Die Möglichkeiten sind aber noch lange nicht ausgeschöpft. Wie können moderne Betriebe mit ihrer Mechanisierung und Grösse ein Lern- oder gar Heilumfeld sein? Wie kann das wirtschaftlich und sozial tragbar gestaltet werden?
Der Garten strahlt auch Schönheit aus die heute eine grosse Notwendigkeit in unseren öden Landschaften und hektischen Agglomerationen ist. Kann ein biodynamischer/ anthroposophischer Ansatz der Ästhetik der Landschaft weiterentwickelt werden? Nicht Schönheit als Dekor, sondern Schönheit damit das Wesen, das Geistige sich in der Materie ausdrücken und ausstrahlen kann. Schönheit ist für alle als Allgemeingut da. Wie kann diese Schönheit selbstverständlicher Teil jeder gärtnerischen und landwirtschaftlichen Arbeit sein und so auch wirtschaftlich realisierbar werden?
Der Garten als Keimort einer neuen Sozietät
Daraus ergeben sich die Fragen: wie können die Beziehungen zwischen Stadt und Land verstärkt werden? Wie können die Türen der Höfe für viele Menschen offen bleiben ? Wie können die Beziehungen zu den Hausgärtnern verstärkt werden, damit sie einen Umkreis der Höfe bilden, als Zugang zum Organischen und Biodynamischen? Urban Gardening ist in Mode. Gibt es Beispiele der Pflege von Stadtgärten mit dem biodynamischen Ansatz? Kann eine Stadt gar als Garten angeschaut werden? Wie können diese Impulse verstärkt werden?
In vielen Ländern ist die Bedeutung der Gärten und der kleinen Höfe überlebenswichtig in Bezug auf Ernährungssouveränität, Schutz der Ressourcen usw. Der Weltagrarbericht schreibt dazu: “Kleinbäuerliche, arbeitsintensivere und auf Vielfalt ausgerichtete Strukturen sind die Garanten und Hoffnungsträger einer sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Lebensmittelversorgung durch hinlänglich widerstandsfähige Anbausysteme.“ Was können wir davon lernen?
Damit ist das neue Jahresthema skizziert: Wie können wir in der Landwirtschaft oder Kulturlandschaft, durch Nähe, Vielfalt und verstärkte Beziehungen zwischen uns und den Naturreichen unseren neuen „Garten“ gestalten?
Wie arbeiten wir weiter an dem Thema ?
- diesen Text mit der Formulierung des Jahresthemas übersetzen, publizieren und weitergeben
- dieses Thema bei verschiedenen Gelegenheiten (Treffen in verschiedenen Kreisen) als Arbeitsthema vorschlagen
- Zum nächsten Jahresthema gehört der Michaelbrief "Der Mensch in seiner makrokosmischen Wesenheit" und seine 3 Leitsätze (GA 26) .
Wir wollen versuchen, den Prozess über die Findung und Bearbeitung des Jahresthemas, dessen Kulmination an der Landwirtschaftlichen Tagung und der folgenden Nachbearbeitung, als partizipativen Erkenntnis- und Entwicklungs-prozess zu gestalten. In diesem Sinne laden wir Sie alle ein, mitzumachen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!