Weltweit steht die Lebensmittelproduktion vor grossen Herausforderungen, namentlich dem globalen Biodiversitätsverlust und zunehmenden Umweltproblemen. Die biodynamische Landwirtschaft kann mögliche Wege aufzeigen, um sowohl eine ökologische als auch eine soziale Nachhaltigkeit zu fördern.
Doch wie steht es um das Bild der Biodynamik in der Öffentlichkeit? Im Rahmen einer Onlineumfrage wurde anhand von drei unterschiedlichen Messansätzen versucht, diese Frage zu beantworten. Da viele Konsument:innen mit dem Begriff «Biodynamik» nicht viel anfangen können, wurde der Begriff «beyond organic agriculture» («mehr als nur biologische Landwirtschaft») verwendet. Zunächst wurden die Teilnehmenden unterschieden anhand ihrer Einstellung zur Biodynamik (positiv, neutral, negativ). Danach markierten sie in einem kurzen Text, der die biodynamische Methode umschreibt, Textpassagen, die ihnen besonders zusagen oder auf Ablehnung stossen. Als Nächstes wurden acht Aussagen, die mit der biodynamischen Landwirtschaft in Verbindung gebracht werden, von den Teilnehmenden auf ihren Grad der Zustimmung hin bewertet. Zuletzt wählten die Teilnehmenden aus neun Aussagen jeweils eine Aussage, die für sie am wichtigsten respektive am wenigsten wichtig ist in Bezug auf die Biodynamik.
Abbildung 1: Durchschnittsbewertungen für neun Aussagen zur biodynamischen Landwirtschaft. Teilnehmende werden unterschieden nach positiver (878), neutraler (245) oder negativer (114) Einstellung gegenüber der Biodynamik (Total 1’237). Unterschiedliche Buchstaben für einzelne Aussagen stehen für statistisch signifikante Unterschiede. 1: ist organisch, 2: ist staatlich anerkannt, 3: ausgewogene und integrierte Landwirtschaft, 4: Fokus auf Ökosystem und Biodiversität, 5: Wohlbefinden der Arbeitskräfte auf dem Hof, 6: starke lokale Städte / ländliche Gemeinden, 7: Landwirt:innen als Hüter des Geländes, 8: spirituelle Verbindung zwischen den Generationen, 9: als unwissenschaftlich kritisiert.
Unter den Teilnehmenden der Umfrage befanden sich zu gleichen Teilen weibliche, männliche, ältere und jüngere Personen. Aus jedem Land wurden etwa gleich viele Personen befragt (Grossbritannien: 310, Australien: 311, Singapur: 309, Deutschland: 307; total: 1’237). Signifikante länderspezifische Unterschiede konnten allerdings nicht festgestellt werden. Die bisherige Auswertung zeigt, dass den Teilnehmenden der Umfrage ökologische Aspekte sehr wichtig sind. Insbesondere die Aussage, dass Landwirt:innen sich um den Boden, das Grundwasser und die Tierwelt kümmern, um ein gesundes Ökosystem und eine hohe Artenvielfalt aufzubauen, wurde sehr positiv bewertet. Als weniger wichtig wurde eine soziale Nachhaltigkeit bewertet, darunter die Stärkung der Gemeinschaft und die Fürsorge für die Arbeitskräfte. Aussagen, die nicht wissenschaftliche, spirituelle Ansätze hervorhoben, wurden grösstenteils als negativ wahrgenommen. Generell sind die Verbraucher gegenüber einem ganzheitlichen Ansatz zur integrierten Nahrungsmittelproduktion jedoch nicht abgeneigt. Sogar diejenigen, die der biodynamischen Landwirtschaft insgesamt skeptisch gegenüberstehen, befürworten den Ansatz, den gesamten Hof als Naturraum mit Bächen, einheimischen Tieren und Pflanzen zu verstehen und zu fördern.
Kommentar
Für die zukünftige Entwicklung der Biodynamik ist es wichtig, zu eruieren, wie diese in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird, beispielsweise um Aspekte mit breitem Zuspruch zu unterstreichen oder um möglichen Missverständnissen vorzubeugen. Die vorliegende Arbeit liefert dafür ein paar spannende Ansätze, darunter skalenfreie Methoden, die sich für kulturübergreifende Forschung besonders eignen, sowie die neuartige Methode der farblichen Texthervorhebung. Die Studienautor:innen weisen jedoch darauf hin, dass die Resultate der Texthervorhebung sehr stark durch den bereitgestellten Text beeinflusst werden können.
Insgesamt kann die Umfrage nicht als global repräsentativ angesehen werden, unter anderem aufgrund der geringen Stichprobengrösse und durch die Beschränkung auf lediglich vier Länder. Auch scheint ein genereller Zuspruch unter den Teilnehmenden zur Biodynamik von 71 % gegenüber lediglich 9 % Ablehnung nicht den real vorherrschenden Verhältnissen zu entsprechen. Studien wie diese sind jedoch wichtig, um die Biodynamik im globalen Kontext besser verorten zu können, und stellen nicht zuletzt für die Öffentlichkeitsarbeit eine zentrale Grundlage dar. Weitere Forschungsarbeiten in diesem Stil werden dringend benötigt.
Angaben zur Originalstudie