Wein ist Geschmackssache. Aber lassen sich Geschmack und Qualität messen? Und würden sie dabei einer chemischen Analyse eher trauen als einem Menschen?
Darum geht es
In einer Studie von 2020 untersucht ein Team um Jürgen Fritz die Qualität von Weinen aus biodynamischem, biologischem und integriertem Anbau. Typischerweise folgt der Probenahme eine chemische Analyse und eine beschreibende sensorische Analyse (Verkostung). Das Spezielle an dieser Untersuchung ist jedoch der Einsatz von mehreren bildgebenden Verfahren, um eine weitere Perspektive zu erhalten und um den Begriff «Qualität» besser greifen zu können.
Bildgebende Methoden als erweiterte Analyse-Tools
Konsument:innen interessieren sich vermehrt dafür, unter welchen Bedingungen ihr Wein erzeugt wurde. Infolgedessen hat der biologische und biodynamische Weinbau in Europa stark zugenommen in den vergangenen Jahren. Im Gegensatz zu Verkostungen zeigten chemische Analysen jedoch oft keine klaren Unterschiede zwischen Anbausystemen. Daher kommen in der vorliegenden Studie ergänzend drei bildgebende Methoden zur Anwendung, die von geschultem Personal ausgewertet und statistisch analysiert wurden.
Erste Resultate
Die chemische Analyse zeigt unter anderem, dass die beprobten biodynamische Weine einen höheren Alkoholgehalt und weniger Zucker (Glukose / Fruktose) aufweisen als die Proben aus biologischem und integriertem Anbau. Die sensorische Analyse deutet wiederum auf eine höhere Geschmacksintensität biodynamischer Weine hin.
Biodynamischer Wein altert langsamer
Besonders interessant sind jedoch die Resultate der Kupferchlorid-Kristallisation. Die Kristallisationsbilder wurden über 114 Tage hinweg bei 20° C aufbewahrt und in unterschiedlichen Abständen fotografiert. Obwohl die Proben vermischt waren, konnten sie aufgrund der sich ausbildenden Strukturen problemlos den entsprechenden Anbausystemen zugeordnet werden. Ergebnis:
Abbildung 3: Kristallisationsbilder von Weinproben aus Biodynamischer (Group 1, oberste Reihe), biologischer (Group 2, mittlere Reihe) und integrierter (Group 3, unterste Reihe) Landwirtschaft. Die Proben wurden bei 20° C aufbewahrt und in unregelmässigen Abständen (Anzahl Tage oberhalb der Bilder) fotografiert.
Was ist kritisch zu betrachten an dieser Untersuchung?
Die Studienresultate deuten insgesamt darauf hin, dass sich biodynamische und biologische Bewirtschaftungssysteme positiv auf die Weinqualität und -alterung auswirken können. Die Aussagekraft der Studie wird jedoch eingeschränkt durch eine geringe Stichprobengrösse (neun Weinproben aus einem Jahrgang). Zudem handelt es sich bei der Auswertung der bildgebenden Verfahren um eine subjektive visuelle Interpretation, die trotz sorgfältiger Schulung zu verzerrten Ergebnissen führen kann. Auch wurde nicht umfassend überprüft, ob andere Ursachen als die Anbauunterschiede zu den beobachteten Ergebnissen hätten führen können.
Kommentar
Der Wert dieser Studie zeigt sich für mich darin, dass versucht wird, etwas so Subjektivem wie Geschmack und Qualität von Wein weitere Beobachtungsperspektiven zu eröffnen. Zudem zeigt die Kupferchlorid-Kristallisation vielversprechende Resultate zur Alterung unterschiedlicher Proben. Chemische Analysen sind essenziell, gerade auch, wenn es um das Feststellen von Schadstoffen geht. Ihre Präzision trifft jedoch nicht immer die relevantesten Merkmale, wenn es um den Geschmack des Weins geht. Die bildgebenden Methoden können ein gewinnbringendes Werkzeug in der Qualitätsanalyse von Wein und anderen Lebensmitteln werden.
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