Viele Wege führen hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Die Biodynamik beschreibt einen davon, doch wie geht sie mit modernen Technologien um? Welches sind diese Technologien? Wie lassen sie sich in den landwirtschaftlichen Alltag integrieren und welche Hürden gilt es dabei zu überwinden? Dieser Fragestellung widmet sich Aglaia Liopa-Tsakalidi in ihrer aktuellen Studie zu Retro-Innovation. Dabei findet sie sowohl Hindernisse bei der Akzeptanz und Implementierung als auch Chancen, um den Herausforderungen der Zukunft gegenüberzutreten.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit Retro-Innovation. Doch was ist das eigentlich? Im Text wird Retro-Innovation definiert als «aktive Auseinandersetzung mit einer vergangenen Zeit, die Inspiration für Alternativlösungen zeitgenössischer Probleme liefert». Es handelt sich also um eine Art Rückschau, die einen neuen Blickwinkel auf aktuelle Herausforderungen ermöglicht. Auf diese Weise treffen traditionelle biodynamische Praktiken auf moderne Technologien wie beispielsweise IoT-Sensoren (IoT: Internet of Things) und Drohnen, aber auch um die Implementierung von Blockchain und künstlicher Intelligenz im landwirtschaftlichen Alltag.
Die Verbindung traditionellen Wissens mit technologischer Innovation schafft Potential für nachhaltige und widerstandsfähige Landwirtschaftssysteme. Jedoch fördert diese Verbindung ach Herausforderungen zutage, beispielsweise kulturelle Widerstände, philosophische Konflikte oder Abwägungen hinsichtlich der landwirtschaftlichen Infrastruktur. Eine erfolgreiche Umsetzung bedingt Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen, neue Aus- und Weiterbildungen, sowie politische und technische Förderung.
In der Studie werden nebst einer Literaturrecherche mehrere Fallstudien aufgegriffen. Eine davon beschäftigt sich mit SEKEM in Ägypten. In dieser «Experimentierkammer» können neue Methoden und Technologien schrittweise erprobt und implementiert werden. Da der Einsatz moderner Technologien oftmals mit höheren Kosten verbunden ist, sind individuelle Standortabklärungen jedoch unerlässlich. Dies umso mehr unter dem Gesichtspunkt aktueller Herausforderungen wie dem menschgemachten Klimawandel und einer zunehmenden Ressourcenknappheit in vielen Gebieten der Erde.
So plädiert Liopa-Tsakalidi in ihrer Schlussfolgerung für eine graduelle Einführung neuer Technologien. So können günstige IoT-Sensoren diverse Bodenparameter im Feld in Echtzeit messen. Feldbegehungen können durch Drohnenaufnahmen ergänzt werden. Künstliche Intelligenz kann nach und nach in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Solch simple, günstige und skalierbare Entwicklungen helfen Landwirt:innen dabei, effizienter und moderner zu arbeiten, ohne die Wurzeln der Biodynamik und die Ideale regenerativer Landwirtschaft aus den Augen zu verlieren.
Kommentar
Von aussen betrachtet wirkt biodynamische Landwirtschaft oft eher traditionell als modern, und manchmal fast schon rückständig. Doch der Schein trügt. Alte Ideale schliessen moderne Methoden nicht aus. Es ist nun an den biodynamischen Landwirt:innen, die aktuellen technischen Möglichkeiten neutral zu betrachten und in Erwägung zu ziehen, ob und welche davon in den eigenen Betrieb mit einfliessen können. Dieser aktive Austausch zwischen Innovation und Tradition kann dabei helfen, einen Weg in eine moderne, landwirtschaftlich nachhaltige Zukunft zu finden, ohne dabei traditionelle Wurzeln aus den Augen zu verlieren.
Quellen und weiterführende Links zu diesem Artikel
- Originalstudie:
Liopa-Tsakalidi, Aglaia. Retro-Innovation in Biodynamic Agriculture: Bridging traditional wisdom and smart technologies for sustainable farming. International Journal of Agriculture and Environmental Research. 11. 200-210. 2025.
http://dx.doi.org/10.51193/IJAER.2025.11113 - Die Studie fällt unter Creative Commons (Link zur Lizenz) und wurde für diesen Studienbericht zusammengefasst.