Obwohl die an der Pflanze direkt sichtbaren Wirkungen des Kaliums nicht so offensichtlich sind wie beim Stickstoff, kennt man die Wirkung des Kaliums bei den Pflanzen und auch ihre diesbezüglichen Mangelsymptome schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Durch den Verbrennungsprozess der Pflanze insbesondere durch den Holzbrand und die Holzasche, in der ja bekanntlich ein hoher Kaliumgehalt vorhanden ist, war der Erfahrungs- und Erkenntnisweg zur Wirkung des Kaliums in der Pflanze leicht.
Kaliumgeste im Pflanzenreich
Im dritten Vortrag des «Landwirtschaftlichen Kurses» entwickelt Rudolf Steiner einen Stoffbegriff, der eine allgemeine Gültigkeit hat: Stoffe sind Träger von Kräften. Stoff an sich gibt es mindestens in allem Lebendigen und Bewussten nicht. Um das Leben und seine Prozesse zu verstehen, muss man die Trägerschaft der verschiedenen Stoffe kennen.
Nun stellen sich folgende Fragen: Welche Kräfte sind mit dem Kalium verbunden? Wie können wir das Kalium als Träger eines Kräfteimpulses verstehen? Welche Kräfte vermittelt das Kalium?
Mit dem Kalium ist aus anthroposophisch-geologischer Sicht eine Erscheinung des Erdig-Mineralischen, Festen gegeben, welches besonders stark im Materiell-Stofflichen verankert ist. So ist die Geste der Kaliumwirkung im Pflanzenreich auch gut zu verstehen. Es sorgt für die Festigkeit in der Pflanze, insbesondere bei der Stängelbildung, aber auch die allgemeine Festigkeit gegen aussen, eine gute Hautbildung, gehört dazu.
Wenn die Pflanze nicht in der Lage ist, genügend Kaliumsalze zu absorbieren, kann sie das Wasser nicht gut in sich halten. Ihre Hautfunktion ist geschwächt. Sie vertrocknet schneller. Sie ist anfälliger für Mikroorganismen, die in sie eindringen und sogenannte Pflanzenkrankheiten verursachen. Sie scheint geradezu dasjenige mit den Kaliumsalzen aufzunehmen, was sie mehr ein Eigenwesen werden lässt oder mehr dieses Eigenwesen zu halten vermag.
Das Schafgarbenpräparat
Nun ist in unserem Schafgarbenpräparat eine Art Vorbild für das Umgehen der Pflanzenwelt in Bezug auf die Kräfteträgerschaft des Kaliums veranlagt. Die Schafgarbe kann in dem gemeinsamen Erd- und Pflanzenwachstum in besonders vorbildlicher Weise die Kaliumprozesse gestalten. Bei genauer Anschauung kann einem das schon in der Wachstumsweise der Schafgarbe und ihrer Wurzel auf Kalimangelstandorten deutlich werden. Auch zeigt sie in ihrer Wurzelbildung deutlich, wie sie gerade in diesem Sinnes-Wurzelgeschehen meisterhaft den Boden durchdringt.
Nun wird ja für das Schafgarbenpräparat die Blase als tierisches Organ verwendet. Und auch hier, in dem Prozess der Ausscheidung des Harns über die Niere und die Blase, spielt wieder das Kalium eine zentrale Rolle.
Die gesamte Herstellung des Schafgarbenpräparats folgt einer Logik: die Kräfte, deren Trägerschaft im Lebendigen der Pflanze gerade das Kalium ist (nicht so sehr beim Menschen und beim Tier, hier ist es eher das Natrium), zu mobilisieren und über den ätherisch-astralischen Weg in das gemeinsame Erd- und Pflanzenwachstum hineinzubringen, sie zu verstärken.
Das kann nur durch das Handeln des Menschen erreicht werden. Im Naturprozess ist das meiste Kalium in den toten Salzzustand geronnen und aus der aktuellen Lebenswelt herausgefallen, zum Beispiel in die Tiefen der Salzdome aus urvergangenen Meeren. Indem man heute mit Kalisalz düngt, nutzt man diese Herkunft zum Beispiel in Hessen und Thüringen.
Vor dem «Landwirtschaftlichen Kurs»
Rudolf Steiner sprach in den Jahren 1921 und 1922, also vor dem «Landwirtschaftlichen Kurs», gegenüber dem BASF-Chemiker Streicher eine Empfehlung in Bezug auf die Kalidüngung aus. Man könne und müsse in gewissen Sonderfällen durchaus Kali Magnesium düngen, allerdings sei ein starkes Pflanzengift hinzuzufügen: Digitalis Purpurea in zehnprozentiger Konzentration.
Diese Praxis ist später im biologisch-dynamischen Zusammenhang aufgegriffen worden. Auch liegen dazu Versuchsergebnisse vor.
Dann folgte 1924 im «Landwirtschaftlichen Kurs» die Darstellung des Schafgarbenpräparates und der anderen Düngerpräparate. Neben den ätherischen und den astralischen Prozessen, die bei der Herstellung exakt zu berücksichtigen sind, ist nun auch der Jahreszeitenaspekt von grosser Bedeutung. Sehr genau führt Rudolf Steiner aus, wie gerade dieses Schafgarbenpräparat über die Düngung die Kulturpflanzen befähigen kann, Kalium aufzunehmen beziehungsweise den Kaliumprozess richtig zu führen. Mit keiner Silbe erwähnt er eine Düngung mit Kalimagnesia. An diese Stelle ist eben das Schafgarbenpräparat getreten.
Der Kaliprozess und der Ton
Bei den berühmten Dreischicht-Tonen, die wesentlich sind bei allen Bodenprozessen, die zur Fruchtbarkeitssteigerung beitragen (Ton-Humus-Komplex), spielt das Kalium wieder eine entscheidende Rolle. Ist doch an dieser Stelle der eigentliche Lagerungsort des Kaliums im Halblebendigen des Bodens, indem es an die Tonplättchen gebunden ist. Und unsere biologisch-dynamisch gezüchteten Kulturpflanzen vermögen mit ihrer Wurzelleistung, gefördert durch die spezifische Düngung, dieses Kalium zu erschliessen. Das hat Edwin Scheller in den 1990er-Jahren beeindruckend erforscht und dargestellt. Dieser Vorgang ist in hohem Masse ein betriebsindividueller: ein fortschreitend sich immer spezifischer ausprägender Zusammenhang von Standortprozessen, Kulturpflanzen und Tieren.
Das Hornkieselpräparat und der Kaliprozess
Drei Wochen nach dem «Landwirtschaftlichen Kurs» liess Rudolf Steiner über Guenther Wachsmuth dem Grafen Carl von Kayserlingk in einem Brief eine Präzisierung und Modifikation zur Herstellung des Kieselpräparates übermitteln. Dabei nennt er wieder, wie schon im «Landwirtschaftlichen Kurs», den Orthoklas, den Kalifeldspat, neben dem Kiesel. Er weist darauf hin, dass auch ein erbsengrosses Stück des Minerals genügen würde, wenn man es vor dem Einfüllen in das Horn ebenfalls zerkleinern und verkneten würde mit der Erde, auf die das Präparat später ausgebracht werden soll.
Offensichtlich geht es Rudolf Steiner gerade bei der Kräfteträgerschaft des Kiesels im Verein mit dem Kalium um einen Impuls, der auf der mineralisch-geologischen Ebene im Orthoklas, dem Kalifeldspat, verwirklicht und vorhanden ist.
Wenn in den belebten Böden das Wunder der Ton-Mineral-Neubildung sich vollzieht, ist das eben gerade nur durch die Feldspäte möglich, und in ihnen ist wirksam das «Getragene» des Kaliums.
Zusammenfassung und Fazit
Der «Landwirtschaftliche Kurs» ist zweifellos noch für eine lange Zeit eine Intuitionsquelle, wenn er durch das eigene Ich wollend, fühlend und denkend verwandelt wird. Der Zusammenhang von Kaliprozess und Schafgarbenpräparat sowie einer sich betrieblich individualisierenden Form des Kieselpräparates in Richtung Orthoklas (Kalifeldspat) weist in eine neue, zukünftige Arbeitsrichtung.
Für mich ist gerade anhand des grossen und schwierigen Themas «Trägerschaft des Kaliums im Lebenszusammenhang» der Entwicklungsprozess deutlich geworden, den Rudolf Steiner selber gemacht hat – bis zu dem, was er dann im «Landwirtschaftlichen Kurs» dargestellt hat.
Quellen
M. Klett, D. Bauer, K. Järvinen, W. Schaumann,
M. Glöckler: Zur Frage der Düngung. Dornach 1994
W. Wimmenauer: Zwischen Feuer und Wasser. Stuttgart 1992
D. Bosse: Zum Wesensbild des Orthoklas. Arlesheim 2009
P. Schachtschnabel: Lehrbuch der Bodenkunde. Stuttgart 1992