von Michael Weiler
Das Goetheanum summte! Das diesjährige Treffen der Biodynamiker aus aller Welt vom 5. bis 8. Februar war, wie die Bienenhaltung selbst, ein echtes Abenteuer und ein wirkliches Erlebnis. Gespräche, Labore, Vorträge und meditative Elemente ließen mit dem Geist der Bienen unsere Beziehung zur Natur in jedem Teilnehmer aufleuchten.
Wegen des Umbaus der Bühne stand der große Saal am Goetheanum, in dem traditionell die Landwirtschaftliche Tagung stattfindet, diesmal nicht zur Verfügung. So wurde die Schreinerei in ihrer auch baulich besonderen Gestalt gewissermaßen zum Bienenkorb, in dem es dreieinhalb Tage lang schwarmverdächtig summte. 500 Menschen-Bienen-Völker füllten den Saal bis auf den letzten Platz und begaben sich in einen Strom aus alten Quellen hin zu neuen Perspektiven für die Bienen und für die Menschen. Aus 29 Nationen zusammengekommen, waren mehr als die Hälfte der Teilnehmer Imker oder Landwirte/Gärtner/Winzer, oder beides gemeinsam, oder einfach intensiv an der Biene interessiert. Und, es sei hier schon vorweggenommen, Samstagnachmittag am Ende der Tagung geschah wirklich ein Ausschwärmen der Bienen-Menschen in alle Himmelsrichtungen mit erfüllten Herzen und voller Impulse.
Ueli Hurter als einer der Leiter der Sektion für Landwirtschaft eröffnete die Tagung am Mittwochnachmittag mit einem Überblick Über den Arbeitsstrom Rudolf Steiners zwischen Spätsommer 1923 und Pfingsten 1924. Der Gesamtzusammenhang zwischen dem Landwirtschaftlichen Kurs Rudolf Steiners als Pfingstereignis 1924 und den Arbeitervorträgen über die Bienen direkt vor der Weihnachtstagung 1923/24, sowie weiteren Vortragszyklen, fordert dazu auf, sich mit deren Inhalten auseinanderzusetzen. Es finden sich da manche sehr wichtige Schlüssel zum Verständnis des Landwirtschaftlichen Kurses.
Die außerordentliche Offenheit, mit der sich der Organismus Bienenstock ins Leben hineinstellt, drückt sich bis in die körperliche Organisation der Einzelbiene aus. Darauf machte Thomas Radetzki in seinem Beitrag aufmerksam und eröffnete damit den Bienen-wesentlichen Teil der Tagung. Marco Bindelli zeigte in seinem Beitrag die historische Dimension der Bienen in der Menschheitsentwicklung auf, die sich z. B. in der ägyptischen Hochkultur und weiter in den ephesischen Mysterien finden lässt.
Damit gingen die Teilnehmer durch die erste Nacht – und die Kraft dieses Strömens an dem gleichen Ort - der Schreinerei -, an dem vor gut 90 Jahren Rudolf Steiner seine acht Vorträge „Über das Wesen der Bienen“ gehalten hatte, trug die Menschen von nun an durch die Tagung. Jeden Morgen eröffnete die Arbeit an einem von Steiners „Michael-Briefen“ den Tag- über „Die Freiheit des Menschen im Michael-Zeitalter“. Unerwarteterweise ergab sich mancher Zusammenklang zur Arbeit für die Bienen daraus. Es folgte jeden Morgen ein Impuls-Referat, nacheinander zu den jeweiligen Tagesthemen „ Das Wesen der Bienen“, „Bienen und Beziehungen“ und „Mit Bienen leben“.
Zwölf thematische „Labore“ gaben dann bis jeweils zur Mittagspause den Teilnehmern den Raum, sich selbst aktiv mit und an den jeweiligen Inhalten einzubringen. Die Labore setzten das „dialogische Arbeitsprinzip“ fort, mit dem schon an den Tagungen der vergangenen drei Jahre viele individuelle Impulse in die biologisch-dynamische Arbeit weltweit einfließen konnten. Themen waren z .B. „Biene und Medizin“, „Biene und Kunst“, „Biene und Wirtschaft“, „Bienenwesen, elementare Welt und der Mensch“, „Blühende Stadt und Bienenhaltung“ u.a.m. Die Nachmittage boten den Teilnehmern Anregung und Aktivität durch künstlerische Kurse, berufsfachliche Arbeitsgruppen und schließlich „Erlebnisskizzen“ von Menschen aus der ganzen Welt, die von ihrer Arbeit mit und an den Bienen berichteten. Das Konzert am zweiten Abend sorgte für besinnliche Entspannung und die Volksmusik am dritten für herzhaftes Ausatmen durch fröhliches Lachen. Am Samstagnachmittag schließlich rundete vor dem Ausschwärmen Johannes Wirz die Tagung mit seinem Beitrag „Warum wir mit den Bienen leben wollen“ ab.
Bei der Tagung war mehrfach der Wunsch zu hören, dass die Sektionen fu?r Landwirtschaft und die Naturwissenschaftliche Sektion am Goetheanum gemeinsam mit anderen Sektionen in Bälde eine große internationale Konferenz zu Wesen und Bedeutung der Bienen organisieren möge– ein Impuls und eine starke Vision. Das kommende Arbeitsjahr der Biologisch-Dynamischen Landwirtschaft wird unter dem Motiv „Wie gehen wir würdig mit unseren Tieren in die Zukunft?“ stehen – es ist zu wünschen, dass in diesem Rahmen die Bienen weiter Berücksichtigung finden und bei der Tagung 2015 den fu?r das nötige Bewusstsein entsprechenden Platz.
(Aus Lebendige Erde mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.)